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Höhepunkte

Höhepunkte

Titel: Höhepunkte
Autoren: Unknown
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gern hatte, in jeweils getrennte Nischen meines Lebens drängte; daher kam es, daß Phlox, Arthur und ich von Zeit zu Zeit auf dem gleichen Rasenstück unsere Mittagsbrote verzehrten.
    Cleveland verbrachte die meisten Nächte mit Jane. Seit Jahren hatte sie eine erfundene Freundin namens Katherine Tracy, ein künstlerisch veranlagtes, zartbesaitetes Mädchen, das hin und wieder versuchte, sich das Leben zu nehmen, oder ernstlich an Dickdarmentzündung, Magersucht, Gürtelrose, Liebeskummer oder Hämorrhoiden erkrankte. Während dieser Phasen bedurfte Katherine Tracy ständiger Aufmerksamkeit und Gesellschaft, und Dr. und Mrs. Bellwether, die das schüchterne, äußerst gehemmte Mädchen mit der Zeit ziemlich ins Herz geschlossen hatten, stimmten stets wohlwollend zu, wenn Jane ein paar Tage außer Haus verbrachte, um bei der Betreuung von Katherine zu helfen, die zudem so eine neurotische Angst vor Telefonen hatte, daß sie keinen eigenen Anschluß wollte. Was Cleveland tagsüber tat, sollte ich bald herausfinden.
    Für Arthur hielt der Julianfang zwei Abschlußklausuren in seinen Ferienkursen und einen schweren Fall von Krätze bereit, die, abgesehen von Herpes, die schlimmste Geschlechtskrankheit war, die man sich damals vorstellen konnte. Dieses Mißgeschick fesselte ihn weitgehend ans Haus, wo er büffelte und nach Kwell -Puder stank. Ich fühlte mich nicht gedrängt, dem einen Teil meines Lebens mehr Zeit zu widmen als dem anderen. Phlox (die früher als ich ahnte, daß an eine Versöhnung zwischen ihr und Arthur nicht zu denken war, ja die Arthur vielleicht nie gemocht hatte - einmal hatte sie sogar erklärt: »Mögen tu ich Jungs nie; entweder ich liebe sie oder ich hasse sie. «) und Arthur verdarben allerdings den einen Abend, an dem wir fünf gemeinsam ausgingen, nachdem sie uns den vorangehenden Nachmittag auch schon vermiest hatten.
    Wiederum begann der Abend mit einem Anblick, der sich mir durch die großen Schaufenster von Boardwalk Books bot. Ungefähr fünfzehn Minuten früher als ich Phlox, Arthur, Cleveland und Jane erwartet hatte, die mich abholen kamen, schlenderten sie auf dem Bürgersteig an dem Geschäft vorbei, und während eines langen Augenblicks bemerkte ich sie, erkannte sie aber nicht. Sie tauchten paarweise auf. Die beiden Frauen gingen voran; die eine, merkwürdig aufgetakelt mit bunt zusammengewürfelten Kleidern aus drei oder vier Epochen, redete mit der anderen, die einen bonbonfarben gestreiften Rock und einen leuchtend gelben Pullover trug, und begutachtete deren Handgelenk und Armreif. Das Haar flatterte ihnen im Wind wie kurze Schals um die Köpfe, und ihre Gesichter sahen zynisch und fröhlich aus. Ein Stück hinter ihnen folgten die beiden Männer, der eine mit langer schwarzer Löwenmähne und schwarzen Stiefeln, der andere in weißen Stan-Smith- Jeans, beide wirkten angeregt und wohlhabend, waren in Sonnenlicht getaucht, und jeder hielt die Zigarette auf andere Art, der Korpulente mit ungezwungener Lässigkeit, der Dünne betont und wild gestikulierend, als sei die Zigarette ein Hilfsmittel beim Reden. Mein Gott! dachte ich in jenem verrückten Augenblick, ehe sie sich umdrehten und winkten. Wer sind diese schönen Menschen? Sie gingen weiter, und ich drückte mir die Nase an der Scheibe platt, um den verschwindenden Gestalten nachzusehen. Ich kam mir vor wie ein Südseeinsulaner, der beobachtet, wie seine weißen Götter in ihr schimmerndes Transportflugzeug steigen und wegfliegen, nur kam noch hinzu, daß ich bei diesem Eindruck das zutreffende Gefühl hatte, irgendwie an der Nase herumgeführt zu werden. Verstört drehte ich mich um und wollte nachsehen, ob jemand im Laden die Theophanie miterlebt hatte, was anscheinend nicht der Fall war, jedenfalls hatte sie zumindest niemand so aufgewühlt wie mich. Hinter der Registrierkasse hüpfte ich wie ein Gummiball auf der Stelle, hopste von einem Fuß auf den anderen. Ich stempelte mein Kärtchen. Als sie Punkt sechs zurückkamen, stürzte ich auf die Straße und blieb zögernd stehen, nach der mittäglichen Katastrophe immer noch verwirrt und unsicher, wen ich zuerst umarmen sollte; schließlich gab ich Arthur die Hand, ehe ich
    Phlox in die Arme nahm. Vielleicht rührte ich durch diesen Fehler den ganzen Streit vom Mittag wieder auf. Als ich Phlox an mich drückte, zwickte sie mich leicht in den Arm, was Arthur natürlich bemerkte.
    »Erst der Handschlag, dann die Umarmung«, sagte er zu ihr. »Paß bloß auf.«
    Auch Jane
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