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Höhepunkte

Höhepunkte

Titel: Höhepunkte
Autoren: Unknown
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umarmte ich, spürte kurz sanfte Arme und Chanel No. 5, dann stand ich Cleveland gegenüber, der die große schwarze Brille nach oben schob und die Stirn runzelte.
    »Jetzt langt’s mit dem Herumgetatsche«, sagte er.
    Wir machten uns auf den Rückweg zur Bibliothek, wo Cleveland den Barracuda geparkt hatte. Meine Gefühle waren absolut zwiespältig, es war schlimmer denn je. Ich hielt Phlox an der Taille umfaßt, mein Arm scheuerte sich an dem komischen weißen Ledergürtel, der ihr Kleid zusammenhielt, doch immer wieder ging ich rückwärts und sah mich nach Cleveland, Arthur und Jane um. Ich merkte, wie Phlox sich darüber ärgerte, aber ich sagte mir, daß ich ihr in letzter Zeit reichlich Aufmerksamkeit geschenkt hatte, und als Jane Clevelands Hand losließ und nach vorn kam, um mit Phlox zu reden, blieb ich zurück und schloß mich den Jungs an. Jane konnte Phlox gut leiden und sagte das auch unaufhörlich. Phlox fand Jane langweilig und blöd, weil sie trotz allem Cleveland die Stange hielt, und natürlich glaubte sie, Jane sei insgeheim in mich verliebt.
    »Du wirst ganz schön Ärger kriegen«, sagte Arthur und lächelte. »Schön euch zu sehen.«
    »Schön, auch dich zu sehen«, sagte Cleveland. Er schien bester Laune; mit eingezogenem Bauch und klappernden Stiefelabsätzen schnaufte er über den Bürgersteig. »Hör mal, Bechstein, wann hast du deinen freien Tag?«
    »Am Mittwoch«, antwortete ich. Ich schielte zu Phlox hinüber. Sie lachte gerade über eine Geschichte, die ihr Jane erzählte und mit zahlreichen Gesten ihrer gebräunten Hände unterstrich; ich beobachtete das Hinternpaar und die vier auf hochhackigen
    Schuhen stöckelnden Beine. Den Mittwoch hatte ich Phlox versprochen.
    »Wir müssen uns treffen.«
    »Wo?«
    »Hier. In Oakland. Sagen wir bei der Wolkenfabrik.«
    »Weswegen?«
    Er gab mir keine Antwort. Arthur, der zwischen uns ging, drehte sich mit leicht verdrossener Miene zu mir um. Überrascht stellte ich fest, daß Cleveland Arthur offenbar nichts von meinem Vater erzählt hatte. Im ersten Moment war ich begeistert, als ich merkte, daß es zwischen Cleveland und mir etwas gab, woran Arthur nicht teilhatte, etwas außerhalb ihrer Freundschaft, doch dann wurde ich ebenso rasch traurig und schämte mich über das, was es war. Unsere größte Gemeinsamkeit hatte ich mir anders vorgestellt. Doch die Verlockung war natürlich unwiderstehlich.
    »Okay«, sagte ich. »Aber können wir uns morgens treffen? Den Nachmittag habe ich für Phlox eingeplant.«
    »In Ordnung«, meinte Cleveland. »Sagen wir zehn Uhr.« Er atmete kräftig ein und zog den ganze Rotz in seiner Nase geräuschvoll hoch. »Müssen wir eigentlich so schnell gehen?« Phlox drehte den Kopf um, kniff im Licht der untergehenden Sonne mehrmals die Augen zusammen, und der Ausdruck ihres Gesichts schwankte zwischen fürsorglich und verletzlich.
    Auf unserem Programm standen Essengehen und Ella Fitzgerald, die an jenem Abend im Point Park auftrat. Cleveland behauptete, sie würde an einem Kranhubschrauber hängend nach Pittsburgh eingeflogen werden, wie Jesus in La Dolce Vita, und eines Tages, sagte er, würde man das gleiche mit ihm tun. Im Restaurant saß ich neben Phlox und gegenüber von Arthur; Jane hatte den Platz neben Arthur, und Cleveland nahm das ganze Kopfende des Tisches ein. Er brachte die Bedienung in Verlegenheit, weil er sie anscheinend von irgendwoher kannte, was Jane wiederholt rot werden ließ. Arthur und Phlox hatten schon ini Auto angefangen, sich auf kleinliche Weise anzugiften, mit unfreundlichen Witzen und viel Gegrinse.
    Sie setzten den Zoff vom Nachmittag fort. Wir drei richteten es nämlich von Zeit zu Zeit so ein, daß wir uns in den Mittagspausen treffen konnten - hinter der Bibliothek, im Park oder auf dem Rasen vor der Soldiers’ and Sailors’ Memorial Hall, aber an diesem Nachmittag hatte mich das Glück verlassen, und mitten in einer schrecklich wichtigen Auseinandersetzung hatte ich unversehens Arthurs Partei ergriffen.
    Wir sprachen über Born to Run von Bruce Springsteen. Ich erklärte, dies sei das katholischste Plattenalbum aller Zeiten. »Mal sehen, was alles dafür spricht«, sagte ich. »Da taucht im ersten Lied eine Mary - also Maria - auf, die zur Musik aus dem Radio wie eine Vision über die Veranda tanzt. Dann sind da Leute, die durch himmlische Gefilde streifen und vergeblich versuchen, das Feuer zu atmen, in dem sie geboren wurden. Und Engel in frisierten Wagen, Jungfrauen und
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