Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Höchstgebot

Höchstgebot

Titel: Höchstgebot
Autoren: Hoeps/Toes
Vom Netzwerk:
Aachener Industriegebiet zehn Kilometer von der niederländischen Grenze entfernt, Roeder Ost , der Hauptsitz, am anderen Ende der Stadt.
    »Übernimm du West «, sagte Gabi. »Bitte, bitte …«
    Ein Solodienst bei Roeder West bedeutete eine langweilige, einsame Nacht. Einmal pro Stunde eine zehnminütige Runde durch das Labor und um das Gebäude, dann fünfzig Minuten auf die Bildschirme starren. Der Vorteil war, dass man beim nahe gelegenen Italiener eine Pizza bestellen konnte, die noch warm geliefert wurde.
    »Wir losen«, schlug er vor, schob mit einer Hand Gabis Kopf beiseite und kramte mit der anderen eine Münze aus seinem Portemonnaie auf dem Nachtschränkchen.
    »Kopf oder Zahl? Der Gewinner verwöhnt den Verlierer.«
    Sehr böse war Raik nicht, als er verlor. Vor allem, als Gabi mit der Zunge in Höhe seines Nabels mit der Entschädigung begann. Und dass ein Solodienst ihm alle Freiheiten bot, ungestört einen Joint durchzuziehen, war ein weiterer Vorteil, den er Gabi jedoch verschwieg.
    Um 19.27 Uhr meldete sich Raik am Empfangsschalter im Foyer der Niederlassung Roeder West , wie später aus den Eincheckdaten des digitalen Logbuchs hervorging.
    In zwei Büros im ersten Stock brannte noch Licht. Vermutlich waren Ingrid Roeder und Jens Hinrichs noch da. Es war üblich, dass Frau Roeder bis spätabends durcharbeitete. Sie war die Leiterin dieser Niederlassung und Mitglied der Generaldirektion, ließ sich aber selten bei Roeder Ost blicken. Die Abteilung Forschung und Entwicklung war ihr eigenes Reich innerhalb der Firma Roeder und Jens Hinrichs war ihr Vizekönig.
    Raik unterhielt sich kurz mit den beiden ASSU – Mitarbeitern, die er ablöste. Diese machten Raik darauf aufmerksam, dass vor dem Tor des Auslieferungsraums ein großer Stapel Verpackungsmaterial lag.
    »Irgendein Apparat ist angekommen. Steht schon vor dem Serverraum. Bisher hatte aber nie mand Zeit, die Verpackung wegzuräumen. Fall nicht drüber.«
    Die Kollegen checkten aus und räumten für Raik ihre Plätze hinter dem breiten Schalter.
    Raik packte seine Tasche aus und vermerkte, dass er um 19.35 Uhr mit seiner ersten Runde begann. Ingrid Roeders Büro war hell erleuchtet, er hörte klar und deutlich ihre Stimme. Sie führte offenbar ein Telefongespräch.
    Er klopfte an die Scheibe und steckte kurz den Kopf durch den Türspalt, um sich bemerkbar zu machen. Ingrid Roeder unterbrach das Gespräch nicht, winkte ihm aber freundlich zu. Jens Hinrichs saß ihr gegenüber am Schreibtisch und grüßte flüchtig, wobei er kaum von einer Mappe mit Papieren aufsah.
    Eine Dreiviertelstunde später begann Raik mit seiner zweiten Runde. Er inspizierte den Auslieferungsraum auf der Rückseite des Gebäudes. Dort lagen in der Tat ein Stapel Holz, einige Paletten, ein Berg Pappe und Styropor. Er griff nach einem Stück Papier, auf dem die Ladung beschrieben wurde. Demnach war es ein Kernspintomograph.
    Ihm fiel auf, dass das große Zugangstor zwar geschlossen, aber die beiden Nachtschlösser noch nicht verriegelt waren. Den Schlüssel dafür musste er aus dem Kasten in der Pförtnerloge holen.
    Später sollte er der Polizei gegenüber versuchen, die Schuld dem Hausmeister in die Schuhe zu schieben. Unsinn, würde dessen angemessene Antwort lauten. Abzuschließen sei die Aufgabe der Wachleute. Das zweite ›S‹ in ASSU stehe doch wohl für ›Schließen‹! Er nahm sich vor, das Tor bei seiner nächsten Runde zu sichern.
    Dann patrouillierte er weiter durch das Gebäude, prüfte die Notausgangstüren zur Feuertreppe.
    Frau Roeder war immer noch da, stellte er fest, nachdem er an die halb geöffnete Tür ihres Büros geklopft hatte. Ihre Tasche stand noch neben dem Schreibtisch. Die Chefin musste im Labor sein. Er hörte von dort ihre Stimme, immer noch oder wieder telefonierend.
    Zurück auf seinem Posten notierte er, dass ihm bei seiner zweiten Runde keine Besonderheiten aufgefallen waren. Zwanzig Minuten lang unterhielt er sich mit dem Überprüfen der Kameras. Er testete den Zoombereich und probierte aus, wie schnell er zwischen den Innen- und Außenkameras hin- und herschalten konnte. Dann widmete er sich ausführlich der Überlegung, ob er die kleine Unregelmäßigkeit mit den Nachtschlössern notieren und so den Hausmeister in Misskredit bringen sollte. Dabei wurde er von Jens Hinrichs gestört, der sich um 21.34 Uhr mit seinem persönlichen Code abmeldete.
    Er fragte Raik, wann sein Dienst ende.
    Er würde morgens um sieben wieder nach Hause
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher