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Höchstgebot

Höchstgebot

Titel: Höchstgebot
Autoren: Hoeps/Toes
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Abschlussbericht diagnostizierte zwar eine Borderline-Störung auf leichterem bis mittlerem Symptomniveau, erkannte aber keine Notwendigkeit für eine Zwangseinweisung. Dafür besäße Anouk ein viel zu starkes Realitätsbewusstsein und außerdem wäre die Gewalteskalation bei ihrer eher künstlerischen Aktion vor allem auf eine Verkettung unglücklicher Umstände zurückzuführen.
    Vor dem Museumseingang stießen sie beinahe gegen einen Mann, der vergeblich auf ein paar kostenlose Gläser Wein für alle Bürger gehofft hatte und nun freudlos herumstand.
    Robert drückte ihm seine Einladung zum Empfang in die Hand. »Und grüßen Sie herzlichst Herrn von Dornberg von seinem alten Freund Patati!«, rief er ihm hinterher, ehe er Anouk die Taxitür öffnete.
    »Von Dornberg?«, fragte Anouk. »Der Inhaber des Auktionshauses, das die Scheherazade versteigert hat?«
    »Ja, und außerdem der edle Ritter, der unsere Scheherazade für fünf Millionen Euro aus dem Limbs – Gefängnis ausgelöst hat.« Robert konnte ein stolzes Grinsen nicht unterdrücken.
    »Na komm, erzähl schon!«, Anouk kniff ihn.
    »Offenbar versilbert Mijnheer Debriek seine Kunstsammlung. Als der Versicherungsagent und ich das Bild übergaben, kündigte jedenfalls der Prokurist an, man wolle es schnellstmöglich wieder verkaufen. Zum neuen Schätzpreis, den die Versicherung ermittelt hat, ohne den Umweg über eine Auktion. Ich habe einfach mal behauptet, einen Käufer an der Hand zu haben.«
    »Und dann bist du zu Herrn von Dornberg gegangen und hast ihn gebeten, dir einen kleinen Gefallen zu tun.«
    »Und dann bin ich zu Herrn von Dornberg gegangen und habe ihn gefragt, was er davon hielte, wenn ich überall verbreiten würde, dass er seinen Einlieferern erlaubt, den Preis über Strohbieter in den Orbit zu treiben. Und ob er dann wohl noch Käufer fände, die seinem Haus vertrauten.«
    »Du hast ihn also richtig verbrecherisch erpresst?« Anouk warf einen dermaßen gierigen Blick auf Robert, dass er sich wie eine frische Zebrahaxe im Löwenkäfig fühlte.
    »Nein«, widersprach er. »Ich habe ihm nur die Chance gegeben, genau das Geld, das er unredlich mit dem Verkauf des Magritte verdient hat, für eine gute Sache zu nutzen und so sein Karma zu verbessern.«
    »Du bist ja ein echter Samariter.« Sie rückte näher an ihn heran.
    »Ach, da ist ja schon der Bahnhof«, sagte Robert schnell und beugte sich vor, um den Fahrer zu bezahlen.
    Als die nahende Ankunft des Thalys in Bruxelles-Midi angekündigt wurde, holte Robert Anouks kleinen rotledernen Koffer aus dem Gepäckfach.
    »Ist ja federleicht«, wunderte er sich.
    »Es ist nur das Nötigste drin. Seidenstrümpfe und so weiter. Alles andere wird angeliefert«, sagte Anouk, während sie aufstand und sich zu ihm in den Gang stellte. »Wenn du erst morgen nach Paris weiterfahren würdest, könnte ich dir noch meine Sammlung historischer Tierleime zeigen«, meinte sie mit todernstem Blick.
    Robert kämpfte gegen ein Lachen an. »Historische Tierleime? Du wolltest mir bisher nicht mal deine Musiksammlung zeigen. Und jetzt öffnest du deine Restauratorenschatzkammer für mich?«
    »Mindestens das.« Sie begann, mit dem silbergrauen Haar an seinen Schläfen zu spielen.
    »Klingt sehr verlockend. Aber ich habe heute Abend in Paris noch einen wichtigen Termin.«
    »Mit einer Frau?«, fragte sie enttäuscht.
    »Ja, sie heißt Henri Murger.«
    »Wie der französische Schriftsteller?« Sie sah ihn halb amüsiert, halb empört an.
    »Ich habe ihr den Namen nicht gegeben«, er hob unschuldig die Hände.
    »Du weißt nicht, was dir entgeht, mein Lieber«, sagte sie.
    »Ich ahne es. Und glaub mir, es fällt mir alles andere als leicht. Aber ich mag dich zu sehr, um jetzt mitzugehen.«
    Sie küsste ihn sehr weich und sehr nass auf die Wange und war schon fast an der Tür, als sie sich noch einmal umdrehte. »Du machst es einem wirklich leicht. So edelmütig, das ist mir viel zu gefährlich. Am Ende wird man dich gar nicht mehr los. Ich such mir lieber einen richtigen Gauner.«
    »Au revoir, mon cœur«, rief Robert ihr hinterher und lachte kopfschüttelnd.
    Als Anouk an seinem Fenster vorbeilief, warfen sie einander Küsse zu. Dann zog Robert sein Handy aus der Jackentasche, das jetzt wieder Empfang hatte.
    Eine SMS von Katja. Lieber Tati, kann heute Abend nicht. Jemand ist mir dazwischengekommen. Hoffentlich mehr am 25. beim Weihnachtsputer. K.
    Er seufzte. Hoffentlich würde es dieser Jemand auch wert sein. Katjas
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