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Höchstgebot

Höchstgebot

Titel: Höchstgebot
Autoren: Hoeps/Toes
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Und diese deutsche Polizistin, die in Wildwestmanier herumgeballert hat? Musste das sein? Und ist es nicht merkwürdig, dass ausgerechnet Ihre Exfrau ein Leck in Ihrer Behörde untersucht hat? Wie wollen Sie das alles begründen? Andererseits: Man muss ja auch nicht immer gleich nach jeder Mücke schlagen, oder?«
    Molendorp zuckte mit den Schultern.
    »Wenn nun alle Parteien einfach mal den Blick nach vorn richteten?«, schlug Anderman vor.
    Molendorp erkannte, dass die Moral jetzt k. o. auf der Matte lag und das Fressen jubelnd durch den Ring tobte. Er nickte langsam.
    Das genügte Anderman, um fortzufahren. »Dann wäre da noch die Sache mit dem Gemälde. Soweit ich weiß, wurde es beschlagnahmt. Es soll zusammen mit anderen Werken aus der Sammlung von Meneer Debriek verkauft werden. Er braucht das Startkapital für seinen Neuanfang in den USA. Ich bitte Sie daher, dafür zu sorgen, dass es baldmöglichst zurückgegeben wird.«
    Molendorp legte die Fingerspitzen beider Hände zusammen.
    »Sie würden mir einen großen Gefallen tun«, fügte Anderman hinzu.
    Molendorp rührte sich nicht. »Verfahrenstechnisch ist das eine sensible Sache«, sagte er zögerlich. »Außerdem wird es zurzeit restauriert.«
    »Ich werde mich kurz einmal in den Waschraum zurückziehen«, verkündete Anderman, stand auf und verließ das Zimmer.
    Molendorp wählte die Nummer von Francien. Sie nahm erst nach viermaligem Klingeln ab, was lange genug dauerte, um zu dem Entschluss zu kommen, sie nicht mit diesem Problem zu belasten. Er legte auf, ohne sich zu melden. Dann suchte er die Nummer der Stichting Restauratie heraus und ließ sich mit Robert Patati verbinden.
    »Guten Morgen, Herr Patati«, begann er. »Schön zu hören, dass Sie wieder bei der Arbeit sind. Eine vielleicht etwas unbescheidene Frage: Wie lange werden Sie noch für dieses Magritte-Gemälde brauchen?«
    Ungefähr zur selben Zeit betrat Micky das Büro von Carsten Roeder.
    Michael Delgado, dem sie ihren Abschlussbericht übergeben wollte, ließ sie ein. Er trug einen glänzenden blauen Anzug und schien sich in seiner Rolle als stellvertretender CEO wohlzufühlen. Er nahm sie am Arm und führte sie auf den Dachgarten.
    »Hier ist noch jemand, der Sie gerne sprechen möchte«, kündigte er an.
    Es duftete schon weniger sommerlich als bei ihrem ersten Besuch bei Carsten. Dort, wo sie mit ihm gesprochen hatte, stand nun ein Rollstuhl, in dem eine ältere Dame im schwarzen Kostüm saß. Sie trug eine helle Sonnenbrille und stellte sich als Elisabeth Roeder vor.
    »Ich bin die Mutter von Carsten und Ingrid«, sagte sie.
    An den tiefen Furchen in ihrem Gesicht und den eingefallenen Wangen war abzulesen, dass diese Frau innerhalb von einer Woche ihren Sohn verloren und ihre Tochter ins Gefängnis hatte gehen sehen.
    Micky sprach Elisabeth Roeder ihr Beileid aus und wusste anschließend nicht mehr, was sie noch sagen sollte. Deswegen holte sie den Bericht aus ihrer Tasche und fragte sich, wem sie ihn nun geben sollte.
    Michael erkannte ihre Verlegenheit und nahm die Mappe entgegen.
    »Der Abschlussbericht über den Brand im Labor und den Diebstahl des Gemäldes«, sagte er zu Frau Roeder. »Er enthält die Ergebnisse und Schlussfolgerungen zu den offiziellen wie inoffiziellen Fragen, die Carsten von Frau Spijker geklärt wissen wollte.«
    »Inzwischen haben wir schon alles erfahren«, sagte Elisabeth Roeder. »Oder steht noch etwas Neues darin?«
    Die Frage hätte verbittert klingen können, aber in ihrer Stimme hörte Micky das Echo von Carstens Herzlichkeit, weshalb sie unbefangen antworten konnte, dass sie ihre Expertise als Psychologin hinzugefügt habe.
    Elisabeth Roeder streckte die Hand aus und Michael Delgado überreichte ihr die Mappe.
    »Hast du alles gut überstanden?«, fragte er, während Frau Roeder den Bericht durchblätterte.
    »Es waren stürmische Wochen«, antwortete Micky.
    »Möchtest du etwas trinken? Vielleicht eine Tasse Kaffee?«
    Auf dem Tisch stand ein Tablett mit Kaffee und Tee. Micky fiel auf, dass er sie duzte, und sie fragte sich, wo diese plötzliche Vertraulichkeit herkam.
    »Ja, danke, Michael«, antwortete sie.
    Er schenkte ein und bot ihr Rosinenplätzchen an. Aus den Augenwinkeln heraus sah Micky, dass Elisabeth Roeder bei ihrer Analyse des Verhältnisses zwischen Ingrid und ihrem Sekundanten Jens Hinrichs angelangt war. Die beiden habe ein starkes Verlangen nach einer Mutter und ein sublimierter Kinderwunsch miteinander verbunden, stand
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