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HISTORICAL Band 0264

HISTORICAL Band 0264

Titel: HISTORICAL Band 0264
Autoren: NICOLA CORNICK
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keinem Wort war von Liebe gesprochen worden. Stattdessen hatten sie gelacht und einander geneckt, waren gemeinsam ausgeritten und hatten im Freien gefrühstückt. Dies war eben die fröhliche Jahreswende, aber wie konnte Blair sich zutrauen, unter solchen Umständen die richtige Entscheidung für ein ganzes Leben zu treffen? Und wie konnte Cameron von ihr eine Antwort verlangen, wenn Mrs. Brown anwesend war?
    Cameron schien die Geduld zu verlieren, band die Schürze ab, faltete sie zusammen und legte sie mit einer endgültig wirkenden Gebärde auf einen Stuhl. „Es tut mir leid, Miss Duncan, wenn ich Sie missverstanden habe. Ich dachte … nun, wenigstens habe ich Ihnen ein wenig bei den Vorbereitungen für die Silvesterfeier geholfen“, äußerte er kühl, zog den Reitrock an und ging zur Tür.
    „Mylord, ich … aber …“
    „Geben Sie sich keine Mühe, Madam. Ich hatte zu viel vorausgesetzt und sollte mich daher entschuldigen. Adieu!“, sagte er kalt und unverbindlich wie ein Fremder und war im nächsten Augenblick gegangen.
    Sie starrte eine ganze Weile auf die Tür, unentschlossen, ob sie ihm nachgehen solle. Wenn sie sich ihrer Liebe aber noch nicht sicher war, war es dann richtig, ihm zu folgen?
    Die folgenden Stunden verbrachte sie mit nicht enden wollenden Selbstvorwürfen, während Mrs. Brown damit beschäftigt war, hastig noch etwas in letzter Minute zu putzen. Blair tat, was die Haushälterin ihr auftrug, ohne wirklich darauf zu achten, was es eigentlich war. Wenn nur die Zeit vergehen wollte! Blair hatte, als es darauf ankam, nicht das rechte Wort im rechten Moment gesprochen. Was blieb ihr jetzt noch zu sagen? Unaufhörlich ging ihr diese Frage durch den Kopf, wie sehr sie sich auch bemühte, sich von dem Bild abzulenken, das sie dauernd vor sich sah – Cameron, der sie verließ.
    „Du selbst hast ihm keine andere Wahl gelassen“, mahnte eine innere Stimme. „Du hast ihn nicht gebeten zu bleiben!“
    Der Abend kam früh, und Mrs. Brown bereitete das Speisezimmer für das Essen vor. Danach würden die traditionellen Silvesterfeiern beginnen. Blair saß allein am Feuer, und die Tränen rannen ihr über die Wangen. Zum ersten Male seit Weihnachten war Cameron nicht gekommen, um ihr eine gute Nacht zu wünschen! Aber warum sollte sie es nicht tun? So widersinnig es auch klingen mochte, jetzt erst begriff sie, wie sehr sie ihn brauchte. Ob als Frau oder Geliebte, sie wollte ein Teil seines Lebens sein. Zu lange hatten Starrsinn und Stolz sie davon abgehalten, ihm ihre Liebe zu gestehen. Jetzt war keine Zeit zu verlieren. In wenigen Stunden war das alte Jahr vorbei, und sie konnte sich nicht vorstellen, das neue ohne Cameron zu beginnen.
    Hastig nahm sie das Plaid vom Haken, verließ ungesehen das Haus und strebte eilig über die Felder Lindsay Hall zu. Sie war fest entschlossen, dem Mann, der ihr Herz gestohlen hatte, ihre vorbehaltlose Liebe zu bekennen.
    Mit mürrischer Miene öffnete der Butler die Tür, und seine Laune besserte sich nicht, als er Miss Duncan sah. „Seine Lordschaft ist nicht im Haus. Er ist ausgegangen“, sagte er kurz angebunden und wollte das Portal schließen.
    „Ausgegangen?“
    „Jawohl, ausgegangen“, wiederholte Williamson.
    „Er ist doch nicht etwa nach London gereist?“
    „Es könnte sein. Ich weiß es nicht. Seine Lordschaft hat nicht immer die Gewohnheit, mich über seine Absichten zu informieren“, erwiderte der Butler und schlug die Tür zu.
    Blair konnte es nicht fassen, dass Cameron sie verlassen hatte, ohne sie noch einmal aufzusuchen. Nur sie trug die Schuld, dass er für immer aus ihrem Leben verschwunden war. Seit Tagen hatte sie davon geträumt, dass er der erste Mensch sein sollte, der bei der Silvesterfeier über die Schwelle von Duncan House trat und ihr für das kommende Jahr Glück brachte. Offensichtlich hatte er es aufgegeben, länger um Blair zu werben, und war nach London gefahren. Sie konnte nicht die Flucht ergreifen. Sie musste den Bewohnern von Glenmuir ein lachendes Gesicht zeigen und mit ihnen das Fest verbringen. Dabei hätte sie am liebsten der Liebe nachgetrauert, die sie aus eigenem Versagen verloren hatte.
    Sie straffte die Schultern und atmete in tiefen Zügen in der kalten Dezemberluft durch. Die weisen Lehren des Vaters fielen ihr ein, immer guten Mutes zu sein und Widerständen zu trotzen, mochte das Leben auch noch so freudlos sein. Gut, sie musste sich nicht unter die Dörfler mischen und auf das Läuten der Glocken und den
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