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HISTORICAL Band 0264

HISTORICAL Band 0264

Titel: HISTORICAL Band 0264
Autoren: NICOLA CORNICK
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selbst lenken musste. Und sollte Cameron wirklich nicht der geheimnisvolle Wohltäter von Glenmuir sein, so würden die Engländer in dieser Nacht wenigstens nicht mehr nach dem richtigen suchen. Vielleicht hatte der Unbekannte noch einen anderen Schlupfwinkel und konnte Glenmuir trotzdem weiter beschenken.
    Cameron empfand nichts als Genugtuung. Endlich hatte Blair ihm bewiesen, dass sie ihn liebte! Sie hatte riskiert, seinen Landsleuten in die Hände zu fallen, nur um ihn zu warnen. Außerdem hatte sie seine Küsse erwidert, dicht an ihn gedrückt, und leidenschaftlich seine Nähe gesucht. Nun musste er nur noch ihren starren schottischen Sinn bewegen, zu akzeptieren, was ihr Körper längst spürte, die Tatsache, dass er und sie zusammengehörten. Schon morgen würde er seine Werbung um sie ernsthaft beginnen. Mit diesem festen Vorsatz verließ er Blair vor Duncan House.
    Es war viel früher am Morgen, als Blair erwartet hatte. Vielleicht, weil sie durch den Mangel an Schlaf in den vergangenen Wochen so müde war. Aber es war Weihnachten, und sie wollte sich alle Mühe geben, ein freundliches Gesicht zu machen, und sei es nur Robbie und Mrs. Brown zuliebe. Nach schnell vollzogener Morgentoilette ging sie in die Küche hinunter und blieb wie angewurzelt auf der Schwelle stehen. Der Anblick, der sich ihr bot, erregte fassungsloses Staunen. Auf dem breiten Tisch lag eine Gans, gerupft, gesäubert und bereits gefüllt, und daneben fanden sich alle erdenklichen Zutaten für einen richtigen Festschmaus. Zwischen dem frischen Obst und den anderen Leckereien steckte eine kleine Karte mit der handschriftlichen Notiz: „Für jemanden, die gleich mir diese Jahreszeit und Glenmuir liebt. Genieße es!“
    Das würde Blair sicher, ebenso wie die beiden Dienstboten und Pater MacKenzie, der alljährlich ihr Gast am Weihnachtstisch war und gewiss nur ein mageres Hühnchen erwartete. Diesmal hatte Cameron sich selbst übertroffen! Blair schüttelte den Kopf. Wie konnte sie denken, dass er der Spender dieser Köstlichkeiten war? Er hätte nie die Zeit gefunden, das herzurichten und zu bringen, nachdem er Blair nach Hause begleitet hatte. Die Vorstellung, er könne eigenhändig eine Gans rupfen, ließ Blair hell auflachen. Von wem auch immer das Weihnachtsgeschenk stammte, eines stand fest, an diesem Dinner würden alle in Duncan House ihre Freude haben. Blair ging zum Herd und machte Feuer. Sie ahnte nicht, dass zur gleichen Zeit Lord Lindsay ähnliche Überlegungen anstellte, mit einem Unterschied: Mrs. Pearsons unablässige Nörgeleien fielen dem Earl auf die Nerven.
    Er saß im Speisezimmer beim Frühstück und suchte die aufgeregte Haushälterin zu beschwichtigen. „Ich weiß wirklich nicht, was Sie um diese Tageszeit von mir erwarten. Was soll ich denn Ihrer Meinung nach tun? Natürlich sehe ich ein, dass Sie das Recht haben, zornig zu sein. Sie haben viel Zeit und Mühe aufgewendet, um alles für das Souper herzurichten, und nun wurde die vorbereitete Gans aus der Speisekammer gestohlen. Aber Sie wissen, dass ich nicht heikel bin. Wenn wir nichts Besseres im Hause haben, können Sie uns gern pochierte Eier vorsetzen.“
    „Zu Weihnachten? Herr im Himmel! Meine selige Mutter würde sich im Grabe umdrehen“, erwiderte Mrs. Pearson empört. „Nein, ich werde einen Wildbraten machen, falls der verwünschte Halunke nicht auch den Fleischkeller geplündert hat.“
    „Sie haben freie Hand, was das Essen für das Personal angeht.“ Lord Lindsay stand auf und rückte vor dem Spiegel neben der Tür das Krawattentuch zurecht. „Ich werde in Duncan House zu Abend essen. Machen Sie sich meinetwegen keine Sorgen.“
    Diesen guten Rat hätte eher Blair Duncan nötig gehabt, als sie sich abends völlig unvermutet dem Earl of Lindsay gegenübersah.
    „Du? Ich habe dich doch nicht …“ Sie biss sich auf die Lippe, um nicht gegen das traditionelle Gebot der Gastfreundschaft zu verstoßen, das jedem Schotten heilig war. „Komm herein. Ich habe zwar nur mit Pater MacKenzie gerechnet, aber du bleibst doch zum Essen?“
    „Liebste Blair, hast du heute Morgen in der Kirche nicht bemerkt, wie die Leute gelächelt und sich zugenickt haben? Es kann nicht deine Absicht sein, deinen Zukünftigen an einem Tag wie diesem aus dem Haus zu weisen. Außerdem habe ich den zu der gefüllten Gans passenden Wein mitgebracht.“
    Ein Klopfen an der Tür bewahrte Blair vor einer Antwort. Was hätte sie auch sagen sollen? Cameron wusste, was es zum Dinner
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