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HISTORICAL Band 0264

HISTORICAL Band 0264

Titel: HISTORICAL Band 0264
Autoren: NICOLA CORNICK
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erfuhren, wie reich er war.
    „Und das hier …“ Sie wandte sich dem Porträt der Duchess zu, einer lebhaft wirkenden, mit Juwelen behängten Frau in einem smaragdgrünen Satinkleid, die herrliches rotbraunes Haar hatte. „Das muss dann Ihre Urgroßmutter sein.“
    „In der Tat“, bestätigte Jack. „Vormalige Lady Sally Saltire. Es heißt, sie sei ebenso klug wie schön gewesen. Die Hälfte der Londoner Gesellschaft lag ihr zu Füßen. In der Zeit des Regency nannte man sie die Unvergleichliche.“
    „Wie wunderbar.“ Die Unbekannte wirkte amüsiert. „Man hört so selten von einer klugen Frau, die sich nicht bemüht, ihre Intelligenz zu verbergen. Ich bewundere sie deswegen.“
    „Ich glaube nicht, dass sie sich viel daraus machte, was andere von ihr hielten“, meinte Jack. „Und mein Urgroßvater betete sie an. Er sagte, dass sie in jeder Hinsicht die perfekte Frau für ihn wäre.“ Er lachte. „Sie konnte auf jeden Fall besser schießen als er.“
    „Eine äußerst nützliche Fähigkeit“, stimmte sie zu. Jetzt trat sie näher an ein kleines rechteckiges Gemälde heran, das ein kleines Mädchen in einem weißen Kleid zeigte. Das Licht der Öllampen fiel auf das lohfarbene Haar und verlieh ihm goldene Reflexe. „Ist das die Tochter der beiden?“, fragte sie.
    Jack nickte. „Meine Großtante Ottoline.“
    „Lebt sie noch?“
    „O ja, sehr sogar“, erwiderte er gefühlvoll.
    Ihre Augen funkelten spitzbübisch. „Sie ist eine ziemliche Persönlichkeit, könnte ich mir vorstellen.“ Sie drehte sich zu ihm um, und wieder spürte er die Schockwirkung, die diese klaren haselnussbraunen Augen auf ihn hatten. Irgendetwas regte sich in ihm, etwas Ergreifendes, Unerwartetes, so als legte sich eine Hand um sein Herz.
    „Nun“, sagte sie, „es war mir ein Vergnügen, die Bekanntschaft Ihrer aufregenden Vorfahren gemacht zu haben, Mr. Kestrel.“
    Sie wollte gehen, und Jack war fest entschlossen, das zu verhindern. Er wollte noch viel, viel mehr über sie wissen. Noch war er nicht gewillt, sie gehen zu lassen.
    „Ist die Kunst eine Leidenschaft von Ihnen?“, fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf. „Nein, ich interessiere mich nur ein wenig dafür, wie für die Musik. Meine Leidenschaft gilt meiner Arbeit.“
    Jack sah sie überrascht an. Sie wirkte nicht wie eine dieser „neuen“ Frauen, die unabhängig waren und ihren Lebensunterhalt als Verkäuferinnen oder Fabrikarbeiterinnen selbst verdienten. Dazu sah sie zu schillernd aus, zu verwöhnt, zu reich. Er wollte sie gerade fragen, womit sie ihr Geld verdiente, als sie ihn anlächelte, strahlend, aber ohne irgendwelche Versprechungen.
    „Wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen, Mr. Kestrel, ich möchte mir gern noch die Cosway-Miniaturen ansehen. Sie sollen außergewöhnlich hübsch sein.“
    „Dann darf ich Sie vielleicht in die Grand Gallery begleiten?“, bot er ihr an.
    Nach kurzem Zögern schüttelte sie den Kopf. „Nein, vielen Dank. Ich bin mit einem Freund hier. Ich sollte mich jetzt auf die Suche nach ihm machen.“
    „Was fällt ihm ein, Sie allein zu lassen?“
    Wieder schenkte sie ihm ein Lächeln. „Ich komme sehr gut allein zurecht. Und er ist wirklich nur ein Freund, nichts weiter.“
    „Ich bin erfreut, das zu hören.“
    Sie seufzte. „Das sollten Sie nicht sein. Ich möchte unsere Bekanntschaft nicht weiter vertiefen, Mr. Kestrel. Ich bin zu alt dafür, mir wegen eines hübschen Gesichts den Kopf verdrehen zu lassen.“
    Sie sah nicht einen Tag älter aus als fünfundzwanzig, aber Jack fand, sie hörte sich des Lebens überdrüssig an. Abgesehen davon war er zu erfahren, um sie noch weiter zu drängen. Auf die Art würde er nur das Wenige wieder verlieren, was er bereits erreicht hatte. „Dann verraten Sie mir wenigstens Ihren Namen“, bat er und nahm ihre Hand. Die Unbekannte trug lange schwarze Abendhandschuhe, die bis zu ihren Ellenbogen reichten. Die Seide fühlte sich verführerisch zart unter seinen Fingern an, und einen Moment lang glaubte er, die Hand der Frau zitterte ein wenig. Sie senkte die Lider mit den langen schwarzen Wimpern und verbarg den Ausdruck ihrer Augen.
    „Ich bin Sally Bowes“, sagte sie. „Guten Abend, Mr. Kestrel.“ Lächelnd entzog sie ihm die Hand und eilte davon, den Flur hinunter zur Grand Gallery. Das Licht fing sich schimmernd auf dem pfirsichfarbenen Kleid, das die ansprechenden Rundungen darunter ahnen ließ.
    Sally Bowes. Ihm war, als hätte man ihm einen Schlag in die Magengrube
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