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Hinter verschlossenen Türen

Titel: Hinter verschlossenen Türen
Autoren: Anne Kathrine Green
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C-Hotels die Dame, welche wir suchen. Mit Ihrer Hilfe werden wir bald Gewißheit darüber erlangen.
    Wenn aber, sagte der Doktor mit finsterem Blick, jener Dritte, von dem Sie sprachen, die Hand im Spiele hat –
    Der Wagen ist da! rief Gryce. Er erhob sich entschlossen, und der Doktor folgte ihm ohne Widerrede.

Drittes Kapitel.
    Die Fahrt nach dem ziemlich abgelegenen Hotel wurde schweigend zurückgelegt. Gryce sah zum Wagenfenster hinaus, und Doktor Kameron fühlte sich durchaus zu keiner Unterhaltung aufgelegt; er war beunruhigt und voll düsterer Gedanken. Der unerwartete Schlag, den er erlitten, hatte seinen Stolz schwer getroffen – nicht sein Herz, das erkannte er jetzt deutlich. Er dachte nur an die Demütigung, die man ihm bereitete und die einen dunkeln Schatten auf seine ganze Zukunft zu werfen drohte. Es war entsetzlich, war völlig unerträglich! Sollte er wirklich hinters Licht geführt, schändlich betrogen worden sein und nun als verschmähter Liebhaber und Bräutigam vor der Welt dastehen! –
    Hundert Einzelheiten stiegen in seiner Erinnerung auf und bezeugten, daß dies stolze, kalte Weib zwar seine Werbung angenommen, aber ihn nie geliebt, noch seine Gegenliebe begehrt habe. Es wurde ihm schrecklich klar, daß nicht er der Gegenstand ihres Denkens und Fühlens gewesen. Waser für vornehme Zurückhaltung, edle Selbstherrschung und weibliche Würde gehalten hatte, war im Grunde nichts als kühle Berechnung, hinter welcher sich innere Gleichgültigkeit, ja Abneigung verbarg. Mit bitterem Hohnlachen gestand er sich, daß er von alledem keine Ahnung gehabt, bis heute an seinem Hochzeitstage. Er hatte ihr kostbare Geschenke gespendet und sein Haus geschmückt, um eine Braut zu empfangen, und diese verließ unter der elendesten Ausflucht heimlich ihr Elternhaus, um ihm zu entrinnen! Mußte das nicht den sanftmütigsten Menschen empören, mußte es nicht einen edlen, angesehenen Mann in einen Menschenverächter umwandeln? Die furchtbare Erregung stand ihm im Gesicht geschrieben, krampfhaft ballte er die Hand – sein Entschluß war gefaßt: befand sich, wie er fürchtete, Fräulein Gretorex hier im Versteck und nicht in ihres Vaters Haus bei der Vorbereitung für die Feier, zu welcher sich Hunderte von Gästen versammeln sollten, dann war auch seines Bleibens hier nicht länger. Er wollte die Stadt verlassen, wollte aus seinem Vaterlande fliehen, um nicht dem Hohn seiner Feinde und dem ihm gleichermaßen verhaßten Mitleid seiner Freunde zu begegnen. Schon sah er sich im Geist mitten auf dem Ozean – da hielt der Wagen. Vor ihm lag das Hotel, und seine Gedanken nahmen eine andere Richtung.
    Wie viel Uhr ist es? fragte er schnell.
    Gerade fünf Minuten vor sechs, antwortete der Detektiv.
    So spät! Wenn mir nun das Schicksal günstig ist, und Ihre Vermutung sich als falsch erweist, so werde ich nicht mehr vor acht Uhr auf dem St. Nikolaus-Platz sein können.
    Doch, entgegnete sein Begleiter; wir haben genau achtzig Minuten zur Herfahrt gebraucht, in achtzig Minuten gelangen wir zurück. Rechnen wir zehn Minuten auf unser Geschäft hier, so behalten Sie noch eine volle halbe Stunde,um den Hochzeitsfrack anzulegen und rechtzeitig Ihre Rolle bei der bevorstehenden Feierlichkeit zu übernehmen.
    Im Begriff, das Hotel zu betreten, stand Doktor Kameron plötzlich still.
    Ich erinnere Sie an Ihr Versprechen, sagte er, sie darf mich nicht sehen!
    Ich werde Wort halten.
    Suchen Sie überhaupt soviel wie möglich jedes Aufsehen zu vermeiden.
    Gryce zuckte mit den Achseln. Verlassen Sie sich darauf! erwiderte er kurz.
    Sie stiegen die Treppe hinauf, durchschritten den Vorsaal und blieben in einem dunklen Gange stehen.
    Warten Sie! flüsterte der Detektiv und trat auf ein Zimmermädchen zu, das sich in der Nähe befand.
    Er wechselte einige wenige Worte mit ihr, worauf sie schnell an dem Doktor vorbei auf eine Türe zuschritt, einen Schlüssel aus der Tasche zog und öffnete.
    Das Zimmer 153 ist besonders für unsern Zweck geeignet, flüsterte Gryce, während das Mädchen eintrat, und sie beide einen Augenblick allein blieben. Es hat außer der Haupttür noch diese andere, die selten benützt wird. Sie führt in einen mit Vorhängen versehenen Alkoven. Das Mädchen ist hineingegangen, um nach den Befehlen der Dame zu fragen. Beim Herauskommen wird sie die Türe angelehnt lassen.
    Doktor Kameron wurde dunkelrot und trat einen Schritt zurück.
    Das sind elende Schleichwege, murmelte er.
    Es bleibt uns keine Wahl,
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