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Hinter verschlossenen Türen

Titel: Hinter verschlossenen Türen
Autoren: Anne Kathrine Green
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A., sagte ich, wird mir der Umstand, daß sie so wenig Geld bei sich hat, sehr zustatten kommen. Aber zuerst muß ich mich überzeugen, ob nicht eine dritte Person – männlichen Geschlechts – bei der Sache beteiligt ist. Sie sind also ganz sicher, daß sie sich nicht insgeheim für einen Unbekannten interessiert?
    Ich kann Ihnen nur ihre eigenen Worte wiederholen, versetzte die arme Mutter. Als ich sie das letztemal sah (das war vorgestern abend), war sie so fieberhaft erregt und so anders als sonst, daß ich nicht umhin konnte, meine Besorgnis zu äußern, sie könne noch vor der Hochzeit erkranken. Da brach sie in ein unnatürliches Lachen aus, das mir noch in den Ohren klingt und sagte: Ich denke gar nicht daran, krank zu werden, wenigstens gewiß nicht, bis ich den Doktor geheiratet habe.
    Der Detektiv schwieg einen Augenblick. Dann fragte er:
    Sagte ich Ihnen bereits, daß Fräulein A.'s Bräutigam Arzt ist?
    Dies war mehr, als der von Ungewißheit gefolterte Zuhörer ertragen konnte. Doktor Kameron sprang auf und rief in heftigem Ton:
    Sie treiben Ihr Spiel mit mir! Es handelt sich um meine eigene Braut, und Sie wickeln hier vor mir eine endlos weitläufige Geschichte ab! Alles, was ich zu wissen begehre, ist, ob ich meine Braut zur bestimmten Zeit am Altar finde oder das Opfer eines öffentlichen Skandals werden soll, der meine ganze spätere Laufbahn schädigen muß. Jetzt ist es halb fünf Uhr, um acht –
    Ich weiß es, unterbrach ihn der andere, aber mein Name ist Ebenezer Gryce; »Eile mit Weile«, ist mein Wahlspruch. Habe ich Ihre Zeit in Anspruch genommen, um meine Geschichte zu erzählen, so geschah dies nur, weil –
    Aber des Doktors Geduld war zu Ende.
    Nur eines sagen Sie mir, rief er aus: ist Fräulein Gretorex in ihr Elternhaus zurückgekehrt, ja oder nein?
    Nein, war die Antwort.
    Sie hat auch keine Nachricht gegeben?
    Der Detektiv schüttelte den Kopf.
    Doktor Kameron biß sich auf die Lippen, stieß dann ein heiseres Lachen aus und wandte sich nach dem Fenster.
    Die Trauung wird demnach nicht stattfinden, sagte er in trockenem Ton, und ich kann den Hochzeitswagen wieder abbestellen.
    Im Gegenteil, flüsterte Gryce, zu ihm herantretend, wir brauchen den Wagen sofort. Bis er hier ist, hören Sie meine Geschichte zu Ende.
    Wollen Sie mich noch länger auf die Folter spannen? Gut, es sei, ich ergebe mich. Sagen Sie, was Sie wissen und wohin Sie mich führen wollen!
    Nach dem C-Hotel, entgegnete der andere und drückte auf die elektrische Klingel.
    Eine schöne Fahrt an meinem Hochzeitstage. Und der Zweck?
    Dort befindet sich eine Person, die sich Mildred Farley nennt und täuschend aussieht, als wäre sie das Original des Bildes über Ihrem Kaminsims.
    Den Doktor überlief es kalt.
    Ist es das wirkliche Original? fragte er.
    Wenn ich das wüßte, bedürfte ich Ihrer nicht. Ich würde dann mit Frau Gretorex hinfahren.
    Und weshalb tun Sie das nicht so wie so?

    Das Erscheinen einer so stadtbekannten Persönlichkeit indem Hotel am Hochzeitstag ihrer Tochter würde Aufsehen erregen. Bei Ihnen ist das etwas anderes. Sie sind Arzt; Ihre Anwesenheit erweckt nirgends Argwohn. Ich verschaffe Ihnen Gelegenheit, die junge Dame zu beobachten, ohne von ihr gesehen zu werden.
    Und wenn sie wirklich die Fremde ist, für die sie sich ausgibt?
    So fahren Sie so schnell als irgend möglich nach demHochzeitshaus, in der sichern Voraussicht, dort Ihre Braut zu begrüßen.
    Doktor Kameron zauderte nicht länger.
    Der Wagen war bestellt, und während des Wartens beendete der Detektiv seinen Bericht. Reden Sie nur, sagte der Doktor, ich kann jetzt zuhören. Das Schlimmste weiß ich ja.
    Es scheint, daß Frau Gretorex zu dem Scharfsinn der Polizei ein ganz unbegrenztes Vertrauen hegt, begann Gryce wieder, sonst hätte sie schwerlich glauben können, daß die Auskunft, die ich von ihr erhalten, mir die Erfüllung meiner Aufgabe binnen drei Tagen ermöglichen würde. Lief doch alles, was ich wußte, darauf hinaus, daß ihre Tochter das Haus verlassen hatte, ohne Gepäck mitzunehmen. Um nicht auf eine falsche Fährte zu geraten und die so kostbare Zeit zu verlieren, ließ ich mir vor allem die Photographie der jungen Dame einhändigen und bat um Erlaubnis, auch bei der Dienerschaft Erkundigungen einziehen zu dürfen.
    Aber, rief die geängstigte Mutter, niemand im Hause ahnt etwas davon, daß meine Tochter sich ohne Wissen und Willen ihrer Eltern entfernt hat. Sobald die Dienstboten ins Vertrauen gezogen werden, ist
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