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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe
Autoren: Daphne Unruh
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gedauert, bis ich erkannt habe, was für einen dunklen Weg er geht. Ich habe mich vor der Wahrheit verschlossen. Das ist nicht zu entschuldigen. Erst als ich mit dir schwanger war, hat sich etwas geändert. Vielleicht durch das neue, zerbrechliche Leben in mir, für das ich Verantwortung spürte. Ich lernte eine Frau kennen, die ebenfalls schwanger war und ihr erstes Kind durch meine und Alexanders Aktionen verloren hatte. Erst da konnte ich nicht mehr wegsehen, was wir taten. Dass wir willkürlich Menschen opferten, dass diese Menschen keine gesichtslose Masse waren, sondern Einzelschicksale, Menschen mit einem Namen, deren Leben zerstört wurde. Alexander hielt mich für sentimental und überemotional, weil die Hormone verrücktspielten. Er war aufgebracht wegen der Schwangerschaft. Sie passte nicht in sein Konzept und kam viel zu früh, bis er auf den Gedanken kam, dass das Kind unsere Kräfte ineinander vereinen könnte. Ab da hatte er Interesse daran. Trotzdem stritten wir nur noch. Aber ich war abhängig von ihm. Ich sagte mich bis zum Schluss nicht los. Er war dein Vater und ich sah bis zum Ende das Gute in ihm. Ich hoffte, ihn umstimmen zu können, dass sein Kind ihn weich machen würde. Im Nachhinein habe ich mir was vorgemacht. Ich war zu schwach. Und dann wurden wir in die Enge getrieben, kurz vor deiner Geburt. Es war Jerome, der uns versteckte, bei seinen Eltern. Jerome war relativ neu an der Schule … und fast noch ein Junge. Er war wendig und geschickt wie eine Schlange. Er vergötterte uns, besonders Alexander. Wir waren seine Idole. Als der Rat uns aufspürte, verstand Jerome es, die Dinge zu drehen und behauptete, uns in Gewahrsam genommen zu haben. Aber wir waren tot. Und das ist das, was du erfahren sollst. Die genauen Umstände. Die Mitglieder des Rates hatten nie vor, uns zu vernichten. So etwas würde der Rat nie tun. Ich selbst entschied mich dafür, als ich sicher war, dass es keinen anderen Ausweg mehr gab. Ich wollte nicht, dass Alexander dich für seine neuen Pläne benutzte, wenn es ihm gelang, dem Rat zu entkommen. Seine Visionen waren größenwahnsinnig und würden ein ernstes Problem für die Welt bedeuten. Als erstes wollte er Europa mit einem fürchterlichen Beben dem Erdboden gleich machen. Er wollte die Länder, die zu viel Macht besaßen, einfach vernichten. Er wollte nicht warten, bis sich Entwicklungen mühselig durchsetzten. Er wollte mit niemandem diskutieren. Er hielt eine Demokratie für den größten Schwachsinn überhaupt, weil jeder mitreden durfte und dadurch nie Entscheidungen fielen. Das war für ihn der schlimmste Stillstand überhaupt. Er hatte eine furchtbare Unruhe in sich. Er war sich sicher, dass die Welt in Glanz und Glimmer erstehen könnte, wenn nur der Richtige an der Macht wäre. Er hielt sich für den Richtigen. Ich musste natürlich an seiner Seite sein. Er war Erde und Feuer und ich Wasser mit einigen Äther-Talenten. Vielleicht würde unser Kind haben, was uns noch fehlte. Darauf hoffte er. Du kamst auf dem Dachboden von Jeromes Eltern zur Welt. Es waren einfache Leute, die sich durch uns erhofften, einen Ehrenplatz in der Geschichte zu erhalten. Kaum warst du zwei Stunden alt, erhielten sie die Nachricht, dass man auf unsere Spur gekommen war. Alexander hatte Fluchtpläne, die wir innerhalb von vierundzwanzig Stunden umsetzen mussten. Aber ich wollte das nicht. Ich hatte einen Entschluss gefasst. Ich hatte so lange gezögert. Jetzt musste ich mutig sein, für dich, für die Frau, die ihr Kind verloren hatte, für die Zukunft vieler Menschen. Vielleicht ist es etwas, was du noch nicht weißt, aber wenn man Äther-Fähigkeiten besitzt, hat man auch eine gewisse Macht über den Tod. Du kannst ihn beschleunigen oder verzögern. Du kannst seiner Energie etwas entgegenhalten. Äther ist der Atem. Manche Menschen mit Äther-Fähigkeiten, können anderen Menschen den Atem nehmen. Das ist, was ich tat: ich nahm Alexander den Atem, im Schlaf, in der Nacht, bevor wir unerkannt ein Flugzeug nach Indien bestiegen hätten. Und mich selbst habe ich vergiftet, mit einem Kraut aus dem magischen Wald, das wunderschön aussieht. Ranja hat mir einmal von seiner Wirkung erzählt, als ich neu an der Schule war. Man starb davon, aber manche Menschen mit Äther-Fähigkeiten konnten ihren Geist so lange an ihre vergangene Persönlichkeit gebunden halten, bis sie eine Aufgabe erfüllt hatten, die sie noch mit ihrem bisherigen Leben verband. Das wollte ich versuchen. Ich sah
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