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Die Klinge

Titel: Die Klinge
Autoren: Colin Forbes
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PROLOG
    »Woher wollen Sie denn wissen, dass das die Leiche von Adam Holgate ist, wo doch der Kopf fehlt?«, fragte Tweed.
    Es war in einer Nebelnacht, wie sie Anfang Dezember für London typisch war. Tweed saß neben Chief Superintendent Roy Buchanan, der den zivilen Volvo der Polizei durch die fast menschenleeren Straßen steuerte. Buchanan hatte die Scheibenwischer einschalten müssen, um freie Sicht zu haben. Tweeds Assistentin Paula Grey, die auf dem Rücksitz saß, hätte auch ein paar Fragen gehabt, hielt sich aber zurück.
    »Ganz einfach«, antwortete Buchanan. »Ich habe den Leichensack aufgemacht und seine Jackentaschen durchsucht. Er hatte einen Ausweis von ACTIL bei sich, dem großen Konzern, bei dem er gearbeitet hat, nachdem er Ihren Laden verlassen hatte.«
    »Zum Glück hat Holgate damals keine wichtigen Informationen mitnehmen können«, sagte Paula. »Er hat unsere Zentrale in der Park Crescent nie betreten. Howard war immerhin so klug gewesen, ihm ein Büro in der Kommunikationsabteilung ein paar Häuser weiter zu geben.«
    »Sie haben die Leiche in Bray gefunden«, sagte Tweed. »Was, um alles in der Welt, hat Holgate dort bloß gesucht? Soviel ich weiß, hat man ihn aus der Themse gefischt.«
    »Das stimmt nicht ganz. Seine Leiche lag in einer Bachmündung. Ein Mann, der dort seinen Hund spazieren führte, hat sie entdeckt und über sein Handy Scotland Yard verständigt.«

    »Und Sie haben den Toten in Dr. Saafelds Labor in Holland Park bringen lassen. Das war klug von Ihnen, immerhin ist Saafeld der beste Pathologe, den wir haben.«
    »Und ob er das ist«, antwortete Buchanan mit grimmiger Miene. »Es handelt sich hier um einen besonders brutalen Mord, und ich wollte, dass unser bester Mann die Autopsie durchführt. Dann habe ich Sie angerufen und abgeholt. Schließlich hat Holgate ja mal für Sie gearbeitet.«
    »Da passt was nicht zusammen«, meldete sich Bob Newman, der bekannte Auslandskorrespondent, zu Wort. Er saß neben Paula hinten im Wagen. »Wer einer Leiche den Kopf abschneidet, der will damit normalerweise verhindern, dass sie identifiziert wird. Wieso lässt er dann aber den Ausweis in der Jackentasche?«
    »Sie haben Recht«, erwiderte Buchanan. »Das finde ich auch ziemlich seltsam.«
    Er blickte hinüber zu Tweed, einem Mann von mittlerer Größe und kräftigem Körperbau, dessen Alter man nur schwer schätzen konnte. Tweed hatte dichtes, dunkles Haar und ein glatt rasiertes Gesicht mit einer großen Nase, auf der eine altmodisch wirkende Hornbrille saß. Seiner Miene war nicht zu entnehmen, was er dachte. Alles in allem wirkte er so unauffällig, dass viele Menschen nicht einmal bemerkten, wenn er auf der Straße an ihnen vorüberging. In seiner Stellung als stellvertretender Direktor des SIS war diese Eigenschaft ein großer Vorteil.
    Buchanan selbst war Mitte vierzig, etwas größer als Tweed, schlank und hager. Sein Schnurrbart war immer exakt gestutzt, und sein ernster Gesichtsausdruck war nicht nur bei seinen Untergebenen gefürchtet, sondern auch bei den Verbrechern, von denen er schon unzählige überführt hatte. Tweeds Meinung nach war er der beste Polizist im ganzen Land. Die beiden Männer vertrauten einander blind.

    »Gleich sind wir da«, sagte Buchanan. »Holland Park ist eine ruhige Wohngegend mit schönen Häusern.« Er bog in eine Seitenstraße ab und hielt vor einem schmiedeeisernen Tor. Das dazugehörige Haus verbarg sich hinter dunklen immergrünen Bäumen und Büschen, die auch die kurze Auffahrt säumten. Tweed stieg aus und betätigte die Gegensprechanlage an einem der Torpfeiler.
    »Hier sind Tweed und Roy Buchanan.«
    »Wurde auch Zeit«, erwiderte eine barsche Stimme. Gleich darauf öffnete sich das zwei Meter hohe Tor, an das sich rechts und links eine hohe Mauer anschloss. London war heutzutage ein wahrer Sumpf des Verbrechens, und seine Bewohner mussten sich mit allen erdenklichen Mitteln gegen Einbrecher und Überfälle schützen. Dazu gehörten grelle Scheinwerfer, die sich per Bewegungsmelder einschalteten, massive Gitter vor den Fenstern im Erdgeschoss und die ausgefeiltesten Alarmanlagen, die auf dem Markt waren. Manchmal hatte man das Gefühl, in einer belagerten Stadt zu leben, und leider entsprach dieser Eindruck nur allzu oft der Wirklichkeit.
    Buchanan ging mit weit ausgreifenden Schritten auf das Steinhaus zu, in dem Dr. Saafeld wohnte und arbeitete. Tweed bemerkte, dass man seit seinem letzten Besuch auch noch die Kellerfenster
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