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Himmelskraft

Titel: Himmelskraft
Autoren: Hans Dominik
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»Geben Sie uns Ihr Seil, Herr«, wandte er sich an Turner. Der ging an den Werkzeugkasten seines Wagens, kramte eine Weile darin und richtete sich dann achselzuckend auf.
    »Dumme Sache, Sir, ich habe kein Seil bei mir.«
    »Wat schall nu war’n, Herr Zacharias?« fragte der Traktorführer. Was der Alte ihm darauf in einem vollkommenen Heideplatt antwortete, blieb für Mr. Turner unverständlich, aber es bekräftigte ihn wieder in seiner Meinung, daß er doch einen echten Eingeborenen der Heide vor sich habe. Der Alte suchte geruhsam in seinen Manteltaschen und brachte schließlich ein kleines Knäuel zum Vorschein, das er sorgfältig abzuwickeln begann. Für einen einfachen Bindfaden hielt Turner es beim ersten Anblick. Erst bei schärferem Hinsehen erkannte er, daß es eine aus vielen feinen Drähten gesponnene Litze war. Aber was sollte das hier nützen? »Nonsense, Sir!« brummte Turner vor sich hin, während der Alte das dünne Geflecht mit einer sicheren Schlinge in den klobigen Zughaken des Traktors legte. »Mann, was wollen Sie da machen? Das ist ja zwecklos!« fuhr er laut fort, als der Alte nun in den Graben kletterte und dort das andere Litzenende am Vorderteil des Kraftwagens festmachte.
    »Abwarten, lieber Herr!« meinte der Helfer, während er sich an das Steuer des Wagens setzte. »He, Hermann, treck an!« rief er dem Fahrer der anderen Maschine zu. Schon brummte der Motor auf, der Traktor ruckte an, und die dünne Schnur spannte sich. Turner sah sprachlos zu, was weiter geschah.
    Sein Wagen kam, von dieser lachhaft dünnen Schnur gezogen, in Bewegung und rollte ein Stückchen auf dem Grabenboden weiter. Dann sprang auch der Wagenmotor an. Geschickt schaltete der alte Mann am Steuer auf den dritten Gang um, und dann stand der Wagen des Ausländers wieder heil auf der Landstraße. Schon hatte der Alte seinen Platz am Steuer verlassen, hatte diese merkwürdige Schnur von beiden Fahrzeugen gelöst und war dabei, sie wieder zusammenzuwickeln. »Dank di oak schön! Fohr wedder los, Hermann!« rief er dem Traktorführer zu, während Turner immer noch nicht wußte, wie er sich dem Alten gegenüber verhalten sollte. Konnte er ihm ein Trinkgeld für seine Hilfe anbieten? Ein alter Schäfer hätte das sicherlich gern genommen; blieb nur noch die Frage, ob der Mann nicht doch etwas anderes war. Die Art und Weise, wie er den Motor und die Schaltung des Wagens bedient hatte, verriet zweifellos, daß er mit der Lenkung eines Kraftfahrzeuges gut Bescheid wußte.
    Und dann die merkwürdige Schnur. Die interessierte Mister Turner ganz besonders, über die mußte er unter allen Umständen noch Genaueres in Erfahrung bringen. Aber wenn er das wollte, durfte er den Mann jetzt nicht mit einem einfachen >Danke schön!< weggehen lassen. »Ich bin Ihnen äußerst verpflichtet, Herr... Herr...«, begann er.
    »Ich heiße Zacharias«, warf der andere dazwischen.
    »Mein Name ist Turner«, stellte der Südafrikaner sich vor. »Sehr erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen; ohne Ihren Beistand hätte ich hier noch lange im Graben stecken können. Darf ich Sie vielleicht ein Stückchen in meinem Wagen mitnehmen?«
    Nach einem kurzen Blick auf den Fremden und seinen Wagen nahm der alte Zacharias die Einladung an. »Sie können mich bis zum nächsten Dorf mitnehmen«, meinte er, während er neben ihm Platz nahm, »aber fahren Sie möglichst nicht wieder in den Graben. Sie haben vorhin wohl ein bißchen zu sehr nach links geschaut.«
    Turner biß sich auf die Lippen und spürte zu seinem Ärger, daß er einen roten Kopf bekam. Hatte der Alte ihn vielleicht schon längere Zeit beobachtet und etwas von seinen nicht ganz unverdächtigen Manipulationen gesehen?
    »Ihre Vermutung ist nicht ganz unbegründet, Herr Zacharias«, sagte er möglichst unbefangen. »Zur Linken der Landstraße soll hier ein atmosphärisches Elektrizitätswerk stehen. Das interessiert mich natürlich. Wir haben bei uns in Südafrika auch eine Versuchsstation in Betrieb. Sie liegt im Südteil der großen Kalahariwüste.«
    »Kann Ihr Interesse begreifen, Herr Turner«, lachte der Alte, »aber Sie haben wohl nicht viel davon zu sehen bekommen? Man hat es absichtlich mitten in die einsame Heide hineingesetzt. Es gibt zu viel Neugierige.«
    Turner entschloß sich geradewegs auf ein Ziel loszugehen. »Etwas davon habe ich doch gesehen«, meinte er, »wenigstens die Ballone, die das Fangnetz tragen. Schätze, daß das Netz 8.000 Meter über dem Erdboden liegt.
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