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Himmelsbett - Neue schwedische Liebesgeschichten

Himmelsbett - Neue schwedische Liebesgeschichten

Titel: Himmelsbett - Neue schwedische Liebesgeschichten
Autoren: Anthologie
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Ullabritt fiel sofort ein. Katarina wurde von Zorn erfüllt.
»Hören Sie auf, die Mädchen so zu erschrecken. Dann werde
ich Ihnen erklären, warum Sie auszuweichen hatten«, erwiderte
sie erbost, »obwohl das jetzt auch nichts mehr ändert. Wer auf
Steuerbordbug liegt, weicht vor dem aus, der auf Backbordbug
liegt. Aber davon haben Sie wohl noch nie etwas gehört?«
Der Mann starrte sie einen Moment fassungslos an. Seine
blauen Augen weiteten sich, die Lippen wurden blaß. Seine
Kinnmuskulatur arbeitete, daß der rote Bart zitterte.
»Morgen!« schrie er plötzlich. »Morgen, Morgen, Morgen!« Er
streckte ihr die Hand entgegen, als wollte er sie begrüßen. Wieder
trat sie einen Schritt zurück. War er wahnsinnig? Hatte er den
Mast an den Kopf bekommen?
»Guten Morgen!« schrie er noch einmal. »Mit welcher ver
dammten Hand begrüßt du eigentlich jemanden?«
»Mit der rechten«, antwortete Katarina verwirrt, und plötzlich
durchfuhr sie eine böse Ahnung.
»Von wo kam dein verdammter Äppelkahn?« Katarina zeigte
stumm die Richtung. »Und von wo kam mein Boot?« Er brach
ab. »Oh, mein Boot, mein schönes, schönes Boot«, sagte er
plötzlich klagend. Dann ergriff ihn wieder die Raserei.
»Na, von wo?« schrie er aus vollen Lungen.
Katarina zeigte stumm. Ihre Hand war plötzlich schwer wie
Blei.
»Und von wo kommt der Wind, kannst du das vielleicht sa
gen, du verdammte Landratte?«
Katarina konnte die Hand kaum heben, als sie die Richtung
wies. Kalter Schweiß begann auf ihrer Stirn zu perlen.
Rechts, links, rechts, links, durchflog es ihren Kopf. Oh, die
ser ständige Irrtum ihres Lebens. Die Begrüßungshand ist die
rechte, die Begrüßungshand ist die rechte, hörte sie auf einmal
die mahnende Stimme ihres Kindermädchens.
»Ich habe mich geirrt«, sagte sie tonlos. »Es war umgekehrt.
Ich habe Backbord und Steuerbord verwechselt. Ein Irrtum also.
Ein reiner Irrtum. Lieber Herr, verzeihen Sie, verzeihen Sie mir
vielmals.«
Die große, seetriefende Gestalt schien noch um einige Meter
zu wachsen. »Verzeihung!« schrie er. »Entschuldigen Sie! Wie
ärgerlich, nein!« Katarina ging rückwärts, bis sie die Reling in die
Kniekehlen bekam und beinah über Bord fiel. In letzter Sekunde
erwischte sie das Achterstag und hielt sich mit der ganzen Kraft
ihres jungen Lebens daran fest, während der Sturm über sie
hereinbrach.
»Wie bedauerlich, daß mein Boot am ersten Urlaubstag von
einem Haufen grünen Gemüse, das nicht rechts und links unter
scheiden kann, versenkt worden ist!« Katarina schloß die Augen,
während der Sturm an Stärke zunahm. Sie begriff nicht mehr
alles, was er brüllte, hörte nur noch Worte wie ›Rohrstock‹,
›Zuchthaus‹ und ›Erziehungsanstalt‹. Wie ein Winseln klang das
Heulen der Mädchen, jetzt allgemein geworden, durch den
Sturm. Plötzlich ließ das Unwetter einen Moment nach, anschei
nend, um frische Kraft zu schöpfen. In diesem Augenblick der
Stille gelang es ihr, sich zu der Beteuerung aufzuraffen:
»Papa wird alles bezahlen.«
Das Unwetter brach wieder los. Der Sturm wuchs sich zum
Orkan aus. »Papa!« schrie er. »Bezahlt!« schrie er. »Alles!« schrie
er. »Bildest dir ein, man kann das Recht bestechen, was? Ver
dammte Kapitalistenbrut. Glaubst, es reicht mit Schadenersatz,
wie? Ins Kittchen werdet ihr wandern, alle zusammen, das ganze
grüne Gemüse. Papa kann alles kaufen, wie? Aber einen Richter,
siehst du, kauft man nicht. Und mich auch nicht! Nicht einen,
dem man sein Boot am ersten Urlaubstag versenkt. Oh, mein
Boot, mein Boot.
Und das Deck hatte ich auch mit neuem Tuch bespannt. Oh,
wartet bloß, bis wir zur Polizei kommen. Setzt die Segel. Wir
fahren geradewegs zur Polizei nach Norrtälje. Da wirst du sehen,
was das Geld deines Papas wert ist. Guck noch mal in die Sonne.
Du wirst sie nicht gleich wiedersehen, du…«
Durch das Dröhnen des Orkans hörte Katarina plötzlich das
dumpfe Tuten eines Signalhorns. Sie drehte sich um. Ein großer,
umgebauter Lachskutter lag neben der Aurora. Er stoppte die
Maschine. Eine Leine wurde herübergeworfen, und der Schiffer
enterte an Bord. Er überreichte dem Rothaarigen einen Seesack.
»Hier«, sagte er, »den habe ich eben aufgefischt. Er schwamm
ein Stück weiter weg. Ich habe alles mit angesehen.« Er fuhr mit
der Hand in die Innentasche seiner Jacke, zog die Brieftasche
heraus und entnahm ihr eine Visitenkarte. »Ich trete gern als
Zeuge auf«, sagte er. »Soll ich Sie
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