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Himmel, hilf!

Himmel, hilf!

Titel: Himmel, hilf!
Autoren: Debbie Macomber
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hatte Greg nie erzählt, weshalb die Beziehung zu Catherine so plötzlich zu Ende ging, aber Phil wusste Bescheid. Damit hatten ihre Schwierigkeiten miteinander begonnen.
    Beinahe ohne es zu merken, ging Greg die Stufen zur Kirche hinauf.
Nur, um den Passanten auszuweichen.
Alles, was er suchte, waren ein paar Momente der Stille und des Friedens, um seine Gedanken zu sammeln.
    Auf der obersten Stufe zögerte er. Er gehörte nicht in eine Kirche – nicht so, wie er lebte. Und dennoch …
    Sein Leben war leer, und er war alt genug, es sich einzugestehen. Aber mit sechzig ließ sich daran nicht mehr viel ändern. Seit er erwachsen war, hatte er immer den Weg des geringsten Widerstands gewählt und seine Interessen über die anderer Menschen gestellt. Er hatte geglaubt, nur so Erfolg haben zu können. Angefangen hatte es damals, als er Catherine verließ.
    Sie verursachte ihm die ersten Gewissensbisse, Matthias die nächsten. Und dann kam seine Mutter …
    Matthias Jamison, ein Cousin von Gregs Vater, arbeitete auf dem Bennett-Anwesen. Nachdem die Eltern sich während Gregs Highschool-Zeit getrennt hatten, verbrachten Greg und Phil die Ferien bei ihrem Vater auf dem Weingut. Obwohl Greg der jüngere der Brüder war, interessierte er sich stärker für das Familienunternehmen. Stunde um Stunde verbrachte er dort, um alles über Wein, Reben und Kellerei zu lernen.
    Der zehn Jahre ältere Matthias nahm Greg unter seine Fittiche und zeigte ihm all das, was John Bennett ihm nicht beibrachte. Der Vater bestand darauf, dass ein Wirtschaftsstudium für Greg unerlässlich wäre, und er sollte recht behalten. Später, als John Bennett starb, zahlte Greg seinen Bruder aus und bewirtschaftete das Weingut mit Matthias’ Hilfe.
    Ihre Weine waren schon immer gut gewesen. Was fehlte, war lediglich eine vernünftige Marketingstrategie. Wie sollten die Kunden schließlich Bennett-Weine bestellen, wenn sie nie davon gehört hatten? Das einzige Problem, das zwischen Gregs Ideen und ihrer Verwirklichung lag, war der enorme Finanzbedarf. Aber er wagte den Schritt, schaltete ganzseitige Anzeigen in edlen Feinschmecker-Zeitschriften und reiste zu Weinmessen in aller Welt. Sein Einsatz begann gerade, erste Früchte zu tragen, als Matthias eines Tages zu Greg kam und ihn um ein Darlehen bat.
    Man hatte bei seiner Frau Mary eine seltene Form von Blutkrebs festgestellt. Aber das Medikament, das ihr Leben retten konnte, wurde von der Krankenversicherung nicht bezahlt. Bald hatten die Kosten der Behandlung Matthias’ sämtliche Ersparnisse aufgezehrt, und die Banken weigerten sich, ihm einen Kredit zu gewähren. In dieser Situation bat er Greg um Hilfe. Nach allem, was Matthias für ihn und seine Familie getan hatte, wusste Greg, dass er ihm diese Unterstützung schuldete, wenn nicht sogar viel mehr.
    Er machte sich die Entscheidung alles andere als leicht. Bennett Wines begann gerade, bekannter zu werden. Die Verkäufe hatten sich bereits verdoppelt und verdreifacht. Aber Greg hegte noch größere Pläne. Sicher wollte er Matthias helfen, aber es gab keine Garantie, dass die Behandlung bei Mary anschlagen würde. Also entschied Greg sich dafür, Matthias das Darlehen nicht zu geben. Wenige Monate später starb Mary, nachdem die üblichen Behandlungsmethoden gescheitert waren. Matthias verließ verbittert Bennett Wines und zog nach Washington State.
    Eigentlich machte Greg sich nichts aus Freundschaften. Seiner Überzeugung nach versuchten sogenannte Freunde immer irgendwann, einen auszunutzen, und sie neideten einem den Erfolg. Jeder musste selbst sehen, wo er blieb; das war sein Credo. Matthias war der engste Freund gewesen, den er je besessen hatte. Doch seit Marys Tod hatten die beiden Männer kein Wort mehr miteinander gewechselt. Das lag nun fünfzehn Jahre zurück.
    Nachdem das Virus seine Reben befallen hatte, hätte Greg Matthias’ Rat gut gebrauchen können. Aber er wollte dem Mann nicht die Genugtuung bereiten, ihm die Tür vor der Nase zuzuschlagen. Bestimmt hätte Matthias ihm die Hilfe verweigert, genau wie Greg es einst getan hatte.
    Nein, eine Kirche war nun wirklich nicht der richtige Ort für Greg. Was hatte ihn nur geritten, hineingehen und dort Trost finden zu wollen? Er wusste es nicht mehr.
    Eben wollte er sich zum Gehen wenden, als er feststellte, dass das Portal weit offen stand. Warum war ihm das vorhin nicht aufgefallen? Es war beinahe, als wollte die Kirche ihn zum Eintreten auffordern …
Wo ist dieser Gedanke denn
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