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Himbeereis mit Aussicht

Himbeereis mit Aussicht

Titel: Himbeereis mit Aussicht
Autoren: Natascha Artmann
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Hauses, nach der Eistheke und den Stehtischen, noch eine schmale Küche, ein Kühlraum und mehrere kleine Abstellkammern Platz gefunden.
    Theas Rundgang hatte erheblich länger gedauert als fünf Minuten. Erst nach gut einer Dreiviertelstunde kam sie zurück zu Bruno an die Eistheke, da hatte der schon längst alle Hände voll zu tun.
     

4
     
     
    Es war kurz vor halb neun. Brunos Eiscafé würde in einer halben Stunde schließen. Für Romy Baum noch genügend Zeit, sich das Lokal einmal anzusehen, in dem ihre Tochter bald neben der Schule jobben würde.
    Sie war kein Kontrollfreak, aber sie machte sich selbst gerne ein Bild von den Menschen, mit denen ihre Tochter zu tun hatte. So konnte sie die Dinge, die ihr Thea von ihrem Alltag berichtete besser einordnen.
    Diese wichtige Erfahrung hatte Romy gemacht, als sie zum ersten Mal einen Elternsprechtag in der Schule besucht hatte. Die Dinge, die sie da zu hören bekommen hatte, zeigten ihr, dass die Beurteilung der Lehrer zu dem Verhalten oder den Bemühungen ihrer Tochter oft nichts mit dem zu tun hatte, was sie zu Hause erlebte. Wenn sie da nur an die Lehrerin aus Theas zweitem Schuljahr dachte, die sich über deren Faulheit beschwert hatte, dann wurde sie bereits wieder wütend. Wie konnte man ein Kind als faul bezeichnen, das tagelang lernte was der Lehrer aufgetragen hatte und dann über ein ganz anderes Thema ausgefragt wurde?
    Seit dieser Zeit wollte Romy die Menschen mit denen Thea zu tun hatte nur noch sehen, um sie einschätzen zu können. Was sie sich für ein Urteil über ihre Tochter anmaßten, interessierte sie dabei nicht.
    Romy reihte sich in der Eisdiele in die noch ziemlich lange Schlange vor der Theke ein. Was angeboten wurde sah sie sich gar nicht an. Sie beobachtete den Mann hinter der Theke, Theas zukünftigen Chef Bruno.
    Dafür, dass es schon kurz vor Ladenschluss war, zeigte sich der Italiener noch ausgesprochen gut gelaunt. Er bediente die vorwiegend junge Kundschaft mit kumpelhafter Freundlichkeit.
    „Was möchtest du heute, Bella? Schoko und Amareno?“
    „Woher weißt du immer, was man sich bestellen will, Bruno? Das ist absolut unglaublich!“, schüttelte die junge Stammkundin den Kopf.
    „Magie“, scherzte Bruno. „Funktioniert aber nur bei meinen hübschen weiblichen Gästen!“
    Diese Behauptung widerlegte er schon mit dem nächsten Kunden, dem Freund des eben bedienten Mädchens. Bruno machte ihm einen Pappbecher mit Pistazieneis zurecht, noch bevor der seine Wünsche äußern konnte und traf damit wieder ins Schwarze.
    Bei den nächsten Gästen, die vor Romy in der Reihe standen, lief die Sache fast genauso reibungslos ab. Bruno warf nur einen kurzen Blick auf seinen Kunden und riet dann, was dieser an diesem Tag für ein Eis haben wollte. Immer lag er mit seiner Einschätzung richtig. Dann kam Theas Mutter an die Reihe und das Glück verließ den smarten Italiener.
    „Himbeereis, bitte!“, äußerte Romy ihre Wünsche, da ihr Gegenüber sie ansah, aber keine Anstalten machte auch ihre Eisbestellung zu erraten.
    Romys Wünsche schienen ihn zu überraschen, aber er riss sich zusammen, schenkte ihr ein strahlendes Lächeln und ergänzte ihre Bestellung.
    „Und dazu Schokosoße und Krokant!“
    Romy schüttelte den Kopf. „Schlagsahne und eine Waffel, bitte!“
    Das war Bruno schon seit Jahren nicht mehr passiert, sich so total im Eisgeschmack eines Kunden zu irren. Es überraschte ihn und brachte ihn durcheinander, sodass er es den nächsten Gästen selbst überließ, ihre Wünsche zu äußern. Und immer wieder schweifte sein Blick dabei zu der Frau, die sich an einen der Tische gestellt hatte, ihr Eis löffelte und sich interessiert im Lokal umsah.
    Als Bruno den letzten Kunden in der Schlange bedient hatte und nur noch ein, zwei Gäste an den Tischen standen, widmete Bruno seine Aufmerksamkeit der Frau, dessen Eisgeschmack er nicht hatte erraten können. Warum hatte ihn sein Instinkt für das richtige Eis hier verlassen?
    Bruno konnte sich keinen Reim daraus machen. Die junge Frau war nicht aufsehenerregend, eher durchschnittlich. Nette Figur, normale Größe, hübsche braune Augen, Pferdeschwanz; nichts was irgendwie auffällig gewesen wäre. Keine spektakulären Kurven, kein provozierendes Auftreten oder irgendetwas in der Richtung, was einen Mann auf sein Hemd sabbern ließ!
    Also warum hatte sie ihn durcheinander gebracht? Er war überarbeitet! Das war es! Den ganzen Tag über war viel los, vor allem am späten
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