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Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)

Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)

Titel: Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)
Autoren: Agnes Nelle
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fragt mich Gesine, als wir durch die weit geöffnete Glastür treten.
    »Ja, die rösten ihren Kaffee immer frisch«, sage ich, atme den köstlichen Duft ein und folge Gesine.
    Für einen Moment habe ich das Gefühl, wir würden uns schon lange kennen.
    Wir stellen uns an, um unsere Getränke zu bestellen.
    »Wollen wir gleich nach oben gehen?«, fragt Gesine und zeigt auf die Treppe. »Da sitzt man gemütlicher.«
    Und ist von draußen nicht zu sehen.
    Ich nicke.
    »Was darf’s sein?«, fragt der Mann hinter dem Tresen.
    »Eine mittlere Latte macchiato«, sagt Gesine.
    »Für mich auch«, sage ich.
    Schweigend beobachten wir den Mann bei der Zubereitung der Getränke und wie er die hohen Gläser mit weiß-braunem Inhalt auf einem Tablett platziert.
    »Zusammen oder getrennt?«, fragt er uns.
    »Zusammen«, sage ich schnell.
    »Oh, danke schön«, sagt Gesine.
    »Gerne«, sage ich fest. »Danke, dass Sie sich Zeit nehmen.«
    Ich schnappe mir das Tablett, und wir steigen die Treppe hoch.
    Oben sind zwei Tische frei. Wir blicken uns kurz an und steuern dann auf den in der Nische zu, die mit einem Relief riesiger orangener Kaffeebohnen verziert ist. Um den niedrigen Glastisch stehen braune Ledersessel. Ich setze das Tablett auf dem Tisch ab. Gesine und ich setzen uns über Eck und stellen synchron unsere Handtasche auf den Boden neben dem jeweiligen Sessel. Wir sehen uns an und lachen.
    Gesine nimmt unsere Kaffees von dem Tablett und lehnt das leere Tablett in der Ecke an die Wand.
    Ihr Gesicht wird ernst.
    »Iris …«, beginnt sie und sieht mich ganz bedrückt an. »Sie wollen mit mir über Niklas sprechen …?«
    Ich hole tief Luft.
    Sie wird mir nichts Gutes über ihn erzählen.
    So wie sie schaut.
    Eher was Schlechtes. Oder sogar was Schlimmes.
    Ich nicke langsam. Und fühle mich trotz der zu erwartenden schlechten Nachrichten über Niklas seltsam gelassen.
    Gesine greift nach ihrem Kaffee und nimmt einen kleinen Schluck.
    »Sind Sie in ihn verliebt?«, fragt sie.
    Verdutzt sehe ich sie an.
    Mein Gott, ständig diese Frage!
    Ich öffne meinen Mund, um ihr zu antworten, dass ich genau das nicht weiß.
    Dann halte ich inne.
    Ich mache meinen Mund wieder zu und sehe einige Sekunden stumm in Gesines Augen, die mit wohlwollendem Interesse auf mich gerichtet sind.
    »Nein«, sage ich verblüfft.
    »Nein?«, fragt Gesine.
    »Nein«, antworte ich und atme tief durch.
    »Gott sei Dank.« Gesine strahlt mich an. »Da fällt mir wirklich ein Stein vom Herzen.«
    Mir ist auch mit einmal viel leichter ums Herz.
    »Aber Sie sind seine neue Freundin?« Gesine ist einen Moment verwirrt.
    Ich zucke mit den Schultern.
    Dann schüttle ich den Kopf.
    »Nein, nicht mehr.« Ich überlege einen Augenblick. »Aber erst seit kurzem. Niklas weiß es noch nicht.«
    Gesine zieht fragend ihre fein geschwungenen Augenbrauen hoch.
    »Erst seit kurzem?«
    »Ja«, sage ich und denke an Felix’ Kuss. »Seit gestern Abend.«
    »Gott sei Dank.« Gesines Gesichtszüge sind wieder ganz entspannt.
    Ein Schauer läuft mir über den Rücken.
    Warum ist sie bloß so wahnsinnig erleichtert?
    »Warum sind Sie so erleichtert?«, frage ich. »Was ist denn los mit Niklas?«
    Gesine stellt ihre Latte macchiato wieder auf den Tisch.
    Sie sieht mich nachdenklich an.
    »Ich vermute, das haben Sie schon selber herausgefunden, Iris.«
    Meine Kehle ist mit einmal ganz trocken.
    O Gott, ich glaube, sie hat recht.
    »Er ist nicht geheuer«, sage ich leise.
    Gesine lächelt schwach.
    »Ja.« Sie nickt. »So könnte man es sagen.«
    Ich nippe rasch an meinem Kaffee.
    »Und seine Familie ist auch nicht geheuer«, sage ich.
    Gesine lacht bitter auf.
    »O ja«, sagt sie. »Allerdings.«
    Mein Magen zieht sich zusammen.
    »Wo haben Sie Niklas eigentlich kennengelernt?«, frage ich Gesine mit pochendem Herzen.
    »In der Volkshochschule. Bei einem Kurs im Seidenmalen.«
    Seidenmalen!
    Ich schnappe empört nach Luft.
    »Er war der einzige Mann dort, nicht wahr?«
    Sie nickt wieder.
    »Und … und er hat auf Anhieb unheimlich gut einschätzen können, wie Sie sind und wie es Ihnen geht, richtig?« Meine Stimme zittert.
    Gesines Gesichtsausdruck sagt alles.
    »Aber … aber wie macht er das?«
    »Beckenfraktur«, antwortet Gesine.
    Ich blicke sie verständnislos an.
    Sie holt tief Luft.
    »Niklas hat mir mal erzählt, dass er als Jugendlicher wegen einer Beckenfraktur für eine sehr lange Zeit ans Bett gefesselt war«, erklärt sie mir. »Er hat aus lauter Langeweile
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