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Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)

Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)

Titel: Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)
Autoren: Agnes Nelle
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wunden Punkte Ihrer Mitmenschen zu treffen, nicht wahr?«
    Niklas sieht einen Moment verwundert aus.
    Im nächsten legt sich ein Lächeln auf sein Gesicht.
    »Stimmt«, sagt er.
    Felix blickt ihn nachdenklich an.
    »Sie sind so gut darin, Niklas, dass es schlecht für Sie ist«, sagt Felix ruhig. »Sie sollten mehr Respekt für andere Menschen entwickeln. In Ihrem Alter.«
    Niklas starrt ihn mit offenem Mund an.
    Ich kann mein Glück kaum fassen.
    Nun ja, Felix ist schon jetzt ein ziemlich guter Menschenkenner.
    Aber einer von der netten Sorte.
    »Komm«, sage ich zu Felix. »Lass uns gehen.«
    Er sieht mich an.
    Ich lächle.
    »Du bist ohnehin nicht die Richtige für mich, Iris«, faucht Niklas. »Meine Mutter hatte sofort so eine Ahnung.«
    Ich sehe ihm ins Gesicht.
    Und seufze kurz.
    »Ich wünsche dir alles Gute, Niklas«, sage ich. »Und ich glaube, dass es dir wirklich guttäte, wenn du Felix’ Rat befolgst.«
    »Dessen Rat?«, stößt Niklas hervor, als sei das eine völlig absurde Wortwahl in Anbetracht von Felix’ Alter.
    »Komm«, sagt Felix ruhig zu mir und hält mir seine Hand hin.
    »Pah!« Niklas schnaubt.
    Dann dreht er sich um und marschiert zum Ausgang der Passage.
    Ich sehe ihm einige Sekunden hinterher.
    Ich hoffe, dass er sich Felix’ Worte zu Herzen nimmt. Eigentlich müsste er langsam merken, dass ihm seine besonderen Fähigkeiten nur nützlich sind, wenn er sie wohlmeinend einsetzt …
    Felix hält mir immer noch die Hand hin.
    Mein Herz pocht schneller.
    Ich atme einmal tief durch.
    Dann nehme ich seine Hand.
    Er hält meine ganz fest.
    Und dann treten wir das erste Mal Hand in Hand hinaus in den Sonnenschein.

Drei Jahre später
    M ein letzter Termin für heute ist jeden Moment fällig.
    Ich schlage die Akte vor mir auf und werfe einen Blick auf das zuoberst abgeheftete Formular. Okay, eine Frau Gottfried, die Einspruch gegen ihre 30 Euro Bußgeld wegen Missachtung der Sicherheitsgurtpflicht einlegen will. Gut, das ist ja keine Riesensache, denke ich und schiebe die Schale mit den Bonbons ein Stückchen Richtung Besucherstuhl.
    Es klopft.
    »Herein!«, rufe ich und lächle schon mal.
    Die Tür öffnet sich. Eine junge, sehr blonde, ausgesprochen sportliche und eindeutig solariumgebräunte Frau in enger Jeans und rosa Top stolziert herein. Sie sieht sich kurz in meinem Büro um und verzieht dabei ihre grellrot geschminkten Lippen, als hätte sie nie im Leben einen hässlicheren Raum gesehen.
    »Hallo. Guten Tag«, sage ich immer noch freundlich.
    Sie sieht mich kühl an.
    »Tag«, sagt sie knapp.
    Oje. Eine Schwierige.
    »Nehmen Sie doch bitte Platz«, sage ich extraherzlich.
    Betont gemächlich nähert sich die Blondine auf ihren pinken Highheels, lässt sich auf dem Besucherstuhl nieder, schlägt ihre langen Beine übereinander und kramt dann in aller Seelenruhe in ihrer riesigen, schwarzen Handtasche.
    Vielleicht sucht sie ja ihren Schminkspiegel, denke ich irritiert.
    Doch sie holt ein Päckchen Kaugummi hervor, zieht einen rosa Streifen heraus und schiebt ihn sich in den Mund – offensichtlich sehr darauf bedacht, ihre Lippenbemalung nicht zu beschädigen.
    Na, bei der kann ich mir meine Bonbons wohl sparen!
    »Okay«, sage ich gereizter, als ich es mir normalerweise erlaube, und nehme einen Kugelschreiber in die Hand. »Lassen Sie uns starten. Ihren Einspruch gegen das verhängte Bußgeld wegen nicht angelegtem Sicherheitsgurt begründen Sie also folgendermaßen …«
    Ich halte den Kugelschreiber über das Formular.
    Die Frau sieht mich gelangweilt an und schmatzt lässig ihren Kaugummi.
    »Den Einspruch begründe ich mit der Sicherheit«, erklärt sie und schnalzt zur Bekräftigung mit dem Kaugummi.
    Ich zucke zusammen.
    Herrgott. Was für eine ekelige Angewohnheit!
    »Mit der Sicherheit, Frau …?«, frage ich geduldig – so schnell kann mich nichts aus der Ruhe bringen. Mit einem raschen Blick auf das Fomular vergewissere ich mich noch einmal ihres Nachnamens. »Frau Gottfried«, sage ich, während meine Augen an dem Vornamen hängenbleiben, der in einem anderen Kästchen auf dem Formular steht.
    Pia. Diese blonde Kaugummiperson heißt Pia.
    Einigermaßen geschockt sehe ich zu ihr hin.
    Mein Gott, ist sie womöglich die Pia? Die Pia von damals?
    »Mit der Si-cher-heit«, wiederholt Pia Gottfried und seufzt, als mache ihr meine Begriffsstutzigkeit zu schaffen. »Ich musste mich aus Gründen der Sicherheit losschnallen. Wie sollte ich wohl sonst an den Kaugummi auf dem Gaspedal
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