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Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)

Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)

Titel: Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)
Autoren: Agnes Nelle
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kommen, hm? Was meinen Sie, wie gefährlich das ist, wenn man den Fuß nicht vom Gaspedal bekommt, hm?«
    Ich nicke gedankenverloren.
    Sie ist blond. Sportlich. Und dann die Kaugummis, die sie anscheinend überall verteilt.
    Ich nicke noch mal. Ja, mit ziemlicher Sicherheit ist sie die Pia.
    Zum ersten Mal, seit sie in mein Amtszimmer gekommen ist, lächelt Pia.
    »Ha, Sie verstehen!«, ruft sie und schiebt den Kaugummi zwischen ihre vorderen Zahnreihen, um ihn mit einem Plop gleich wieder verschwinden zu lassen. »Der Bulle, der mich angehalten hat, dem konnte ich das ja tausendmal erzählen, und er hat es nicht kapiert! Der ist immer wieder drauf rumgeritten, dass ich erst hätte anhalten müssen!« Sie schüttelt den Kopf. »Anhalten! Wenn der Fuß am Gaspedal klebt?«
    Ich höre ihr nur halb zu.
    Meine Güte – ob diese Pia wirklich das ist, was Jörg sich unter einer jungen Wilden vorgestellt hat?
    Plötzlich fange ich an zu kichern.
    Erstaunt sehen Pia und ich uns an.
    »Is was witzig?«, fragt Pia.
    Ich schüttle den Kopf.
    Mein Gott, der arme Jörg.
    »Nein, nein«, versichere ich ihr, allerdings immer noch kichernd.
    Pias Augen werden zu kleinen Schlitzen unter ihren glitzernden blauen Lidschatten. Sie stellt sogar das Kaugummikauen ein.
    Ich sehe ihr freundlich ins Gesicht.
    Ach, warum nicht?
    »Pia«, sage ich.
    Sie hebt verdutzt ihre offensichtlich nur aufgemalten Augenbrauen.
    »Frau Gottfried, meine ich«, korrigiere ich mich. »Kennen Sie«, ich hole tief Luft. »Kennen Sie Jörg? Jörg Hirschheimer?«
    Pia starrt mich an. Ihr Mund öffnet sich ganz langsam.
    »Ja?«, antwortet sie fragend und neigt argwöhnisch ihren Kopf.
    Ich schlucke.
    »Ich bin Iris«, sage ich und blicke sie abwartend an.
    Sie nickt und fängt wieder an zu kauen.
    »Ah, Iris«, sagt sie und sieht mich voller Interesse an. »Ich hatte Sie mir irgendwie … irgendwie alt vorgestellt. Und hässlich.«
    Ich schnappe nach Luft.
    »Ja?« Mühsam halte ich meine Stimme unter Kontrolle. »Weshalb denn das?«
    Pia zuckt die schmalen Schultern.
    »Vielleicht, weil Jörg gesagt hat, dass Sie alt und hässlich sind, hm?« Sie klingt überhaupt nicht unfreundlich.
    Gott, hätte ich nur nicht von Jörg angefangen.
    Alt und hässlich.
    Richtig zum Heulen ist mir plötzlich zumute.
    Pia sieht mich erschrocken an.
    »Ach, machen Sie sich doch nichts draus, was Jörg gesagt hat«, sagt sie und schiebt mir meine Schale Bonbons hin. »Der spinnt doch! Dieser alberne Macho! Hat sogar behauptet, es liegt an mir, dass es im Bett nicht klappt!«
    Bitte was?
    »Nicht einen Monat habe ich es mit dem ausgehalten!« Sie schmatzt unbekümmert. »Ständig sollte ich etwas für ihn kochen, waschen oder bügeln! Und sonntags Kuchen backen! Pah!«
    Nicht mal einen Monat …
    Pia rückt näher an den Schreibtisch, beugt sich vor und schaut sich eins der Fotos an, die ich dort stehen habe.
    »Wow!«, sagt sie. »Ist das Jörgs Nachfolger?«
    Es ist ein Foto von Felix, das ich gemacht habe, als ich schwanger war und wir das erste Mal an der Ostsee waren. Er steht mit hochgekrempelter Hose und flatterndem T-Shirt im Wasser und strahlt.
    »Ja«, sage ich. »Das ist Felix.«
    »Der passt zu Ihnen«, sagt Pia und nickt. »Der ist nett.«
    »Ja, das ist er«, sage ich überrascht, wie Pia es auf den Punkt gebracht hat. »Und das sind unsere Kinder.« Voller mütterlichen Stolzes deute ich auf das Bild der Zwillinge, das zeigt, wie sie im Sandkasten hinterm Haus spielen.
    »Wie süß!«, quietscht Pia und sieht sich das Foto genau an. »Sie wohnen in einem Bungalow?«
    Ich muss lächeln.
    Wir wohnen im Feld’schen Bungalow. Ohne Bruno. Sobald ich mit den Zwillingen schwanger war, bot er an, dass wir aus unsrer kleinen Mietwohnung in den Bungalow ziehen.
    »Ja, in einem richtig spießigen Bungalow«, sage ich fröhlich.
    Brunos Reaktion auf Felix und mich war ganz anders ausgefallen, als ich vermutet hatte. Ein Stein falle ihm vom Herzen, hat er gerufen. Und eine Woche später war er mit der Kollegin Schwarzberg liiert! Mit ihr, mit seiner Angelika, zog er dann in ein nettes Appartement am Bürgerpark.
    Pia beugt sich noch weiter vor, um auch das letzte Foto genauer betrachten zu können. Ihr ständiges Gekaue stört mich kein bisschen mehr, obwohl ich es nun aus unmittelbarer Nähe erlebe.
    »Lassen Sie mich raten!« Sie zieht konzentriert die Brauen zusammen. »Das ist auf der Taufe der Zwillinge. Und das sind die drei Patentanten!«
    Ich staune nicht
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