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Hier hat s mir schon immer gefallen

Titel: Hier hat s mir schon immer gefallen
Autoren: Annie Proulx Melanie Walz
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Hoflampe, das auf die Südwand fiel. Dakotah konnte zu Mr. Castle zurückgehen und ihn bitten, sie wieder einzustellen. Bonita und Verl würden sich um das Baby kümmern. Oder -
    »Wir finden«, sagte Bonita zu Dakotah, »dass du selber zur Armee gehen solltest. Die nehmen Frauen. So könntest du für Little Verl aufkommen. Mach die Schule zu Ende. Und krieg raus, wie du Sash Hicks auf die Schliche kommen kannst. Ich und BigVerl passen auf den Kleinen auf, bis dein Militärdienst vorbei ist. Bei Big Bob verdienst du zu wenig.«
    Verl schloss sich an. »Wenn du dann wiederkommst, kriegst du eine richtig gute Stelle. Und wenn du im PX-Laden günstig an eine von diesen Digitalkameras rankommst, machen wir Fotos von ihm …« Und er nickte zu dem Baby, das in seinem Tragekorb schlief.
    Dakotah konnte kaum fassen, wie fürsorglich die beiden geworden waren. Es war, als wären ihre vereisten Herzen geschmolzen, als hätte es die vielen Prügel nie gegeben, als verbände sie die wahre Zuneigung Blutsverwandter und nicht widerwillige Pflichterfüllung aus Konformismus. Sie staunte darüber, dass diese ungeahnte Veränderung sich aus unerwarteter Liebe speiste, einer Liebe, die es nicht gegeben hatte, als Verl und Bonita ihre kleine Enkelin auf die Ranch geholt hatten.
    Verl fuhr Dakotah persönlich zum Rekrutierungsbüro in Crack Springs und redete unterwegs ununterbrochen von Pflicht und Verantwortung, der Notwendigkeit, dass sie alle Formulare unterschrieb, damit das Kindergeld an Bonita und ihn ausbezahlt würde. Und er fuhr sie nach Cody, wo sie in die Armee eintreten würde. Er hatte sich sogar überlegt, welches Gebiet in Frage kommen könnte, und hatte sich für das Feldlazarett entschieden.
    »Ich habe mich umgehört«, sagte er und blinzelte mit seinen kleinen aquamarinblauen Augen, die im Verlauf des Alterns unter den farblosen Augenbrauen und den Fleischwülsten fast verschwunden waren, »und die Notfallfritzen machen eine schöne Stange Geld. Das könntest du auch werden, und wenn du wiederkommst, wartet hier deine Karriere wie auf dem Tablett.« Das Wort »Karriere« klang sonderbar aus seinem Mund. Jahrelang hatte er nur Spott für Frauen übrig gehabt, die außerhalb ihres Zuhauses arbeiten gingen. Auf den Ranches erledigten die Frauen einen Großteil der Arbeit, sie kochten für alle Mitarbeiter, putzten, zogen die Kinder auf und fuhren sie zum Rodeoreiten und zu den Treffen der Landjugend, machten die Buchhaltung und bezahlten die Rechnungen, waren für Erste Hilfe zuständig, holten die Post ab und besorgten Futter beim Landwirtschaftsbedarf, brachten Hunde und Katzen zum Tierarzt und halfen den Männern oft dabei, Brandzeichen anzubringen und die Tiere zumVerladen zusammenzutreiben, ohne dass man ihnen mehr Achtung entgegenbrachte als dem Rindfleisch, an dessen Erzeugung sie mitwirkten.
    Es war fast Frühling; der spärliche Schnee der vergangenen Nacht verlieh den verdorrten Grashalmen vereinzelte steife Spitzen und ballte sich in den gelben Astansätzen der Weiden am Fluss, doch die ersten Sonnenstrahlen würden ihn schmelzen. Dakotah ging zum Militär und ließ die schäbige Stadt mit ihren niedrigen Häusern hinter sich, die stumpfbraune, vom Wind flachgefegte Prärie, die lehmigen Straßen, die Radiostimmen, die in einem Netz statischer Störungen prasselten und rauschten, den Klatsch und die Kleinstadtmentalität. Als sie durch die Stadt fuhren, sah sie den schlammbespritzten Truck, der immer vor der Bar parkte, den Jungen namens Bub Carl, der sich vor dem Friseurladen herumtrieb. Die Sonne schien, wärmte den Asphalt, und als die alte Landschaft hinter Dakotah zurückblieb, wogten die ersten Hitzewellen über den Asphalt. Doch sie empfand weder etwas für den Ort noch für sich selbst, nicht einmal Erleichterung, Verl und Bonita zu entkommen, oder Bedauern, weil sie ihnen das Baby überließ. Zu dem Kind würde sie zurückkommen. Es würde warten, wie sie gewartet hatte, aber für den Jungen würde es ein Happy End geben, denn sie würde tatsächlich zurückkehren. Sie hob ihn hoch und sah in seine schieferblauen Augen.
    »Verstehst du? Ich komme zurück und hole dich ab. Ich liebe dich, und ich werde wiederkommen. Ehrenwort.« Sie musste nur diese schwierige Lebensphase durchstehen, die sie von der Ranch wegführte, von Wyoming, von dem Baby, das dieser Gegend erst einen Wert verlieh.
     
    Dakotah kam zur Grundausbildung nach Fort Leonard Wood in Missouri. Als Erstes erfuhr sie, dass es nach wie
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