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Hier hat s mir schon immer gefallen

Titel: Hier hat s mir schon immer gefallen
Autoren: Annie Proulx Melanie Walz
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Schwangere über den sechsten Monat hinaus nicht bei uns arbeiten dürfen.«
    »Das ist ungerecht«, sagte Dakotah. »Ich brauche den Job. Sash und ich haben uns getrennt. Ich muss allein für mich sorgen. Ich habe immer gute Arbeit geleistet, Mr. Castle.«
    »Oh, das weiß ich, Dakotah, aber ich habe hier nichts zu sagen.« Er bedachte sie mit dem erfahrenen Blick des Ehemanns. »Sie erwarten das Kind ganz schön bald, stimmt’s? In ein paar Wochen? Dakotah, mir können Sie nichts vormachen, versuchen Sie es also gar nicht erst.« Die Gemütlichkeit war verschwunden. Dakotah begriff, dass sie gefeuert war.
    Der Junge kam sechs Tage später zur Welt, und Mr. Castle wurde fast schlecht, als ihm klar wurde, wie knapp er dem Schicksal entronnen war, während des größten Kundenandrangs eine Geburt im Laden zu erleben. Er schickte eine Topfchrysantheme mit einer Karte, auf der stand: »Von der Bande in Big Bob!«
     
    Dakotah hatte undeutlich erwartet, das Baby werde ein stilles Wesen sein, um das sie sich kümmerte, wie man sich um Haustiere kümmert. Womit sie nicht gerechnet hatte, das war die ungestüme Gier des Kindes, seine Selbstbehauptung, und ebenso wenig die Heftigkeit der Liebe, die sie überwältigte und die sie vor dem zittern ließ, was als Nächstes geschehen musste.
    »Vermutlich muss ich den Kleinen zur Adoption freigeben«, sagte sie zu Bonita, und dann brach sie zusammen und heulte. »Ich hatte für den Doktor gespart, aber jetzt habe ich keine Arbeit und kann die Miete nicht zahlen.« Bonita war entsetzt. Der Junge war ein eheliches Kind, auch wenn der Vater sich verdrückt hatte. Sie konnte sich ausmalen, wie die Matchs die Nase darüber rümpften, dass Bonita und Verl sich nicht um ihr eigen Fleisch und Blut kümmerten. Und noch dazu ein Junge!
    »Du kannst unsere Familie nicht noch mehr in Verruf bringen. Das wäre fast so schlimm wie das, was deine Mutter getan hat. Du sorgst dafür, dass du Unterhalt von diesemTunichtgut und Herumtreiber bekommst, den du geheiratet hast, und dein Granddad und ich nehmen das Kind. Anders geht es nicht. Du musst die Sündhaftigkeit deiner Mutter mit ausbaden. Ruf endlich Mrs. Hicks an und sag ihr, dass ihr verkommener Sohn sein Kind im Stich gelassen hat. Sag ihr, dass du zur Jugendbehörde gehst und dir einen Anwalt nimmst. Ich wette, dass er die Kopfprämie seinen Leuten gegeben hat.«
    Dakotah rief Mrs. Hicks an und fragte nach Sashs Adresse.
    »Nehme an, du willst Geld aus ihm rausquetschen«, sagte Mrs. Hicks. »Er ist in der Armee. Wo er ist, wissen wir nicht. Irgendwo in Kalifornien. Er hat uns nicht gesagt, wo er hinkommt. Wahrscheinlich Eiräck. Er hat gesagt, er würde nach Eiräck abkommandiert. Aber mehr wissen wir nicht. Mir hat er nichts gesagt.« Die Bitterkeit in ihrer Stimme klang nach der Gekränktheit einer Mutter, die sich übergangen fühlte, oder nach jemandem, der sich in das Land ewig frischer Pekankuchen zurückwünschte.
    Bonita seufzte. »Sie lügt. Sie weiß, wo er ist. Aber die Hicks kleben zusammen wie Kleister. Wir müssen uns um den Kleinen kümmern. Nenn ihn Verl, nach deinem Granddad. Das wird ihn für den Kleinen einnehmen.« Sie seufzte wieder. »Wird es je ein Ende finden?« Und in Gedanken formulierte sie ein Gebet um Kraft.
    Zu den Privilegien westlicher Männlichkeit, die das Baby genoss, zählte die unversehens erwachte Zuneigung, die Bonita und Verl ihm entgegenbrachten. Dakotah staunte über die Hingabe, mit der Verl sich über die Wiege des Säuglings beugte und Unsinnswörter brabbelte, doch sie begriff, was den beiden widerfahren war: der gleiche Blitz alles verzehrender Liebe, der auch sie getroffen hatte. Verl wollte, dass Dakotah den Nachnamen des Kindes in Lister änderte, doch sie sagte, Sash Hicks sei zwar eine Ratte, aber er sei trotzdem nach wie vor der eheliche und rechtmäßige Vater, und das Baby würde ein Hicks bleiben.
    Sash Hicks war nicht aufzufinden. Er hatte sich im Fort Irwin National Training Center befunden und von dort einen rätselhaften Brief an seine Eltern geschickt. »Habe ein paar Wörter Arabisch gelernt. Na’am. Marhaba. Marhaba heißt hallo. Na’am heißt ja. Jetzt wisst ihr Bescheid.«
    Weder Bonita noch Verl wollten etwas davon hören, dass Dakotah sich von der Fürsorge oder von der Sozialbehörde unterstützen ließ, denn die Matchs würden sie zu Recht als elende Sozialschmarotzer an der Mutterbrust des Steuerzahlers denunzieren. Sie besprachen es abends im grellen Licht der
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