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Hier hat s mir schon immer gefallen

Titel: Hier hat s mir schon immer gefallen
Autoren: Annie Proulx Melanie Walz
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Behandlung ist keine Besserung möglich, schon gar nicht, wenn Sie keine Rücksicht auf Ihren Zustand nehmen. Mit dem neuen Gelenk können Sie sich bewegen wie früher. Jahrelang schmerzfrei.« Bonita wehrte sich, aber Verl sagte, sie solle die Operation machen lassen, und nachdem der Arm geschient war, wurde sie in eine orthopädische Klinik gebracht.
    Verl kam gegen Mittag aus dem Krankenhaus zurück und brachte Tüten voller Lebensmittel und mehrere Flaschen Whiskey mit. Er sagte, Bonita werde in zehn Tagen nach Hause kommen und zwei Gipsverbände tragen.
    »Da wirst du in der Küche eine Menge zu tun haben.«
    Er wirkte aufgeregt, legte Steaks in eine feuerfeste Form, bespritzte sie mit Tabasco und Barbecuesauce und bestreute sie mit grobem Salz und mit Pfeffer. Im Hof machte er ein langes, rechteckiges Cowboyfeuer und sagte, das werde eine schöne Glut ergeben. Er befahl Dakotah, Kartoffeln zum Backen vorzubereiten. Dakotah ließ sich von seiner Begeisterung anstecken: Es war ein Urlaub von Bonita und ihren Vorschriften, eine Art Picknick für sie und Verl. Doch gegen vier Uhr nachmittags erschien der wahre Grund für die Steaks, Verls Bruder Harlan, der in Crack Springs bei der Agrarbehörde arbeitete. Harlan war untersetzt und muskulös und wortkarg. Er hatte längere Haare als Verl. Er trug eine Brille mit dunkelbrauner Plastikfassung. Bei seinen Besuchen erstarb unweigerlich jedes Gespräch, und alle starrten die Vorhänge oder ihr Besteck an, bis irgendjemand - meistens Bonita - sagte: »Jetzt müsst ihr mich entschuldigen«, aufstand und den Raum verließ. Doch in Bonitas Abwesenheit ergab sich etwas wie ein Gespräch zwischen den zwei Brüdern, eine Unterhaltung über einen ehemaligen Schulgefährten, der in Verdacht geraten war, das Geld veruntreut zu haben, das die Stadt für den Tag des Baumes gesammelt hatte. Während das Feuer zu glimmenden Kohlen erstarb, saßen sie auf dem Boden und tranken den Whiskey, und dann legte Verl die zwei Steaks direkt auf die Kohlen. Duftende Rauchwolken stiegen auf, und nach einer Minute stach er mit einer Gabel mit langem Griff in das Fleisch und drehte es um. An den Steaks klebten schwarze Kohlenreste und Ascheflocken. Harlan hielt einen Zinnteller hin, auf den Verl die Steaks legte. Sie gingen in die Küche. Keiner sagte ein Wort zu Dakotah, bis sie die gebackenen Kartoffeln und die Butter auf den Tisch stellte. Sie hatte begriffen, dass das Fleisch nur für die Männer war.
    »In der Mitte noch verdammt hart«, sagte Verl. »Weißt du nicht, wie man Kartoffeln backt?« Aber sie aßen sie trotzdem, beachteten Dakotah nicht weiter und gingen nach dem Essen in das Wohnzimmer, wo sie Fernsehkrimis anschauten und weitertranken. Dakotah begnügte sich mit dem altgewohnten Erdnussbuttersandwich.
    In der Nacht weckte sie ein unvertrautes Geräusch, das wie ein Indianerrruf klang, doch danach war nichts weiter zu hören. Sie stand auf, um auf die Toilette zu gehen, und stakste auf Zehenspitzen an dem Zimmer vorbei, das Harlan beherbergte. Doch die Zimmertür stand offen, und das Mondlicht beschien ein unberührtes Bett. Vielleicht, dachte sie, schlief er nach dem vielen Whiskey auf dem Sofa. Sie ging um die Ecke zum Bad und schaltete das Licht ein, als die Tür von Bonitas und Verls Schlafzimmer geöffnet wurde. Harlan kam heraus, nackt, mit glasigem Blick. Seine Geschlechtsteile hoben sich groß und dunkel ab. Er schien Dakotah nicht zu sehen, und sie lief zu ihrem Zimmer zurück und dann die Hintertreppe hinunter, weil sie lieber im Hof pinkelte, als sich nochmals zum Badezimmer zu wagen.
     
    Sash Hicks musste feststellen, dass sich hinter Dakotahs ruhigem Betragen eisenharte Sturheit verbarg. Nach wenigen Wochen stritten sie über Kleinkram und Wichtigeres, sobald sie nicht auf der neuen Matratze herumtobten.
    »Mannomann«, sagte Hicks, der noch zur Schule ging, weil er Computerprogrammierer werden wollte, »ich hab nichts weiter verlangt, als dass du mir ein Bier, eine Handvoll Chips und Salsa bringst. Warum stellst du dich so an?«
    »Hol es dir selber. Seit ich laufen kann, bin ich rumgeschubst worden. Wir haben nicht geheiratet, damit du eine Bedienung hast. Ich hab den ganzen Tag gearbeitet und bin erledigt. Du bist derjenige, der mir ein Bier bringen müsste, nicht umgekehrt. Du denkst wohl, du könntest dich wie ein Gast aufführen. Na los, geh zum Geschäftsführer und beschwer dich!« Ihr Verhalten überraschte sie selbst. Woher kam diese Härte? Sie musste
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