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Hier hat s mir schon immer gefallen

Titel: Hier hat s mir schon immer gefallen
Autoren: Annie Proulx Melanie Walz
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ging nach Fort Drum im Staat New York zur Ausbildung in einem medizinischen Simulationszentrum, wo Dunkelheit, Explosionen und Rauch realistische Schlachtfeldsituationen nachstellen sollten. Sie schrieb einen Brief an Marnie und Dakotah, in dem sie den Gefreiten Hunk schilderte, eine computergesteuerte Puppe, die einen Verwundeten darstellte und die bluten, atmen und sogar Laute äußern konnte. Bis in die geringsten Einzelheiten menschengleich, war Hunk dafür geschaffen, zahllose Intubationen, Tracheotomien und Katheter über sich ergehen zu lassen. Er erlitt schlimme Brustverletzungen und grässliche Traumata. Er blutete und jammerte und äußerte bisweilen einen schrillen Vogelruf wie ein Falke. Er war heiß oder kalt, konnte ganz nach Wunsch des Ausbilders Fieber oder schwere Unterkühlung entwickeln.
    »Er hat einen süßen kleinen Schniepel. Ich bin richtig verliebt in ihn«, schrieb Pat. Dakotah antwortete auf den Brief, doch sie hörten nie wieder von Pat.
    Bonita schrieb oft; die Wörter beschrieben Abwärtsbögen auf dem Papier, und die Briefe endeten mit einem zweizeiligen Gebet. Jeder Brief begann mit den neuesten Meldungen über Baby Verls Fortschritte beim Zahnen, Krabbeln, Aufstehen, darüber, dass Verls alter Hund Bum ihn ins Herz geschlossen hatte, hinter ihm herlief und sich von ihm an den Ohren ziehen ließ, dass Verl sich einen zweiten Hund namens Buddy besorgt hatte, weil Bum langsam alt wurde, und dass Buddy noch vernarrter in das Baby war als Bum, und erst wenn sie jede Großtat Baby Verls in aller Ausführlichkeit gewürdigt hatte, kamen die Lokalnachrichten. Ihre Schwester Juanita war aus Casper zu Besuch gekommen, um ihren neuen Ehemann vorzuführen, der für Triangle Energy bei den Gasbohrungen arbeitete. Juanitas erster Ehemann Don hatte für dieselbe Gesellschaft gearbeitet. Er hatte geglaubt, Schutzhelme und Schutzkleidung wären nur etwas für Hosenscheißer, und war ums Leben gekommen, als er ein Stück Rohr vom Transportkran abladen wollte und danebengriff. Big Verl, berichtete Bonita, ging nicht mehr zum Chiropraktiker, sondern zu einer dicken Frau, die ihn massierte und dafür irrsinnige Honorare verlangte. »Jedenfalls annonciert sie, dass es Massagen sind. Wenn Verl nicht Verl wäre, würde ich denken, es wäre was anderes.« Dakota verspürte eine ungewohnte und sogar schmerzliche Welle von Zuneigung zu Bonita, die nicht frei von Mitleid war, obwohl sie argwöhnte, dass Bonita ihr nur aus Pflichtbewusstsein schrieb.
    Ab und zu schrieb Mrs. Lenski, abwechselnd sardonisch und heiter. Dakotah hatte den Eindruck, als hätte die Stadt auszusterben begonnen, nachdem sie weggegangen war. An der Kreuzung, vor der man - wie allgemein bekannt - bremsen musste, waren die Vasey-Zwillinge überfahren worden; einer von ihnen hatte schwerverletzt überlebt. Ein Truck mit Colorado-Nummernschildern war die Straße entlanggebrettert und hatte sie platt gewalzt. Und, schrieb Mrs. Lenski, zwei Lesbierinnen mit einer Ziegenherde hatten dasTin-Can-Haus gekauft, um dort Käse zu machen, den sie in der Gegend vermarkten wollten. Es schockierte Dakotah, das Wort »lesbisch« wie ein ganz normalesWort auf dem Briefpapier zu sehen.Tug Diceheart und zwei andere Arbeiter der Tic-Tac Ranch waren dabei erwischt worden, dass sie in der Arbeiterunterkunft Methylalkohol brauten, und saßen im Gefängnis. Und, besonders pikant, Mrs. Match hatte Watt verlassen und war nach Kalifornien zurückgegangen, um dort in der Immobilienbranche zu wirken. Dakotah fragte sich, ob Verl sich darüber ins Fäustchen lachte.
     
    Dakota und Marnie wechselten zusammen zur Militärpolizei. Sie waren enge Freundinnen geworden, eine intimere Beziehung, als Dakotah sie je zu Sash gehabt hatte. Zum ersten Mal in ihrem Leben gab es jemanden, der sich für das interessierte, was Dakotah erzählte, und der für alles Verständnis hatte, von bäuerlichen Gewohnheiten bis zum Durchfallen bei Prüfungen. Marnie sagte, sie seien vielleicht sogar ein Liebespaar. Sie schmiedeten Pläne für einen gemeinsamen Haushalt mit Baby Verl nach ihrer Entlassung aus dem Militärdienst. Eines Tages waren sie in einem Humvee unterwegs zu einem Checkpoint, wo sie irakische Frauen durchsuchen sollten; Dakotah hielt eine Maschinenpistole umklammert.
    »Jetzt sind wir bei den Trotteln der Kompanie gelandet. MP ist die Abteilung für die Allerdümmsten. Gilt als die absolute Arschkarte in der Armee.«
    »Denkst du nicht, dass die manchen Offizieren eher
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