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Hi, Society

Hi, Society

Titel: Hi, Society
Autoren: Karolin Park
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von Edda. Eriks neuer Anwaltskollegin. Sie ist Verbraucherschutz-Expertin und spezialisiert im Bereich Fair-Trade-Recht, hat in Oxford und Cambridge studiert und einen Diplomingenieur der Universität für Bodenkultur. Sie spricht mehrere Sprachen fließend, darunter singhalesisch und einen seltenen Malayendialekt und sie ist die allernetteste Person, die man sich vorstellen kann. Erik ist richtig begeistert von ihr, weil sie so unkompliziert, lösungsorientiert und selbstlos ist, so waren, glaube ich, seine Worte. Er gerät jedes Mal richtig ins Schwärmen von ihr und würde sie nicht ausschließlich diese unförmigen Bio-Baumwoll-Klamotten aus Chile und ihre Haare in Naturkrause tragen, ich müsste sie auf der Stelle ermorden.
    Darüber hinaus würde Edda eine tolle psychotherapeutische Alternativmedizinerin abgeben. Ich glaube, es gibt kein Kraut, das sie nicht kennt, und ihr Rat ist Gold wert, mal abgesehen von diesen Infoblättern, die sie immer mit sich rumträgt. ›Die tägliche Ration Pestizide‹, ›Wenn Kosmetik krank macht‹ und so weiter.
    Also auf die Info, dass in meinem Lippenstift halogenorganische Substanzen sind, hätte ich ehrlich verzichten können …
    Aber ich trage ihr das nicht nach, denn sie ist mittlerweile beinahe so etwas wie eine Schwester für mich geworden. Im Ernst, mal abgesehen vom Modegeschmack haben wir irrsinnig viele Gemeinsamkeiten, ja wir haben sogar die gleiche Schuhgröße und ihr Einfluss auf Erik ist einmalig. Seit sie zusammenarbeiten, ist er viel entspannter, geradezu gelassen und ich vermute mal, dass es nicht bloß von diesem Bio-Öko-Fair-Trade-Darjeeling vom Himalaya kommt, den sie ihm geschenkt hat – sie hat dort unentgeltlich zwei Jahre lang ein Hilfsprojekt betreut. Erik vertraut ihr alles an, und da sie keine Familie hat, macht es ihr nichts aus, wenn es sein muss, auch rund um die Uhr zu arbeiten. Wie etwa momentan. Erik und sie arbeiten Tag und Nacht seit feststeht, dass dieser internationale Lebensmittelkonzern mit einem Jahresumsatz von über 60 Milliarden Euro und derzeit mehr als 400.000 Beschäftigten Fair-Trade-Produkte im großen Ausmaß falsch deklariert und sich damit eine goldene Nase verdient hat, weshalb auch die Dachorganisation für fairen Handel Klage eingereicht hat, an welcher die beiden nun arbeiten.
     
    Moment mal! Ich glaube, das hier könnte mein Platz sein. Ich schiebe mich vorsichtig an den beiden Journalistinnen im schwarz-glänzenden Chanel-Bouclé vorbei und lese:
    ›YI 29 Mademoiselle Alexa Wang‹
    Überraschung!
    Mein Name.
    Also nicht mein richtiger.
    Mein geliehener Name, der mir für die nächste halbe Stunde einen Sitzplatz sichert und in kunstvoller Kreidekalligraphie auf einer kleinen schwarz-glänzenden Tafel an einem mit Schnörkel verzierten, alten Gartenstuhl prangt. Ob man die wohl mitnehmen darf?
    Wohl eher nicht. Wenngleich ich festhalten muss, dass dazu nichts auf meiner Liste steht.
    Ja, ich habe noch eine: Fashion Show Rules. Von Sophie. Handgeschrieben. Und da stehen lauter wichtige Dinge drauf. Etwa, dass man in dem vom Personal zugewiesenen Bereich bleiben, das Mobiltelefon ausschalten und nicht sprechen soll – woran sich, nebenbei bemerkt, Anna Wintour augenblicklich nicht hält. Aber naja, die muss ja auch nicht Punkt 5 auf der Liste fürchten:
    ›Sie können dich jederzeit bitten zu gehen.‹
    Also halte ich mich penibel an die Liste. Ich habe sie quasi auswendig gelernt. Also vorher zum Beispiel, da stand ich am Eingang direkt neben Diane Kruger. Ja, ist das nicht der Wahnsinn! Aber ich habe es genau so gemacht, wie es auf der Liste stand:
    ›Falls Sie Celebrities oder bekannte Designer sehen, bewahren Sie Ruhe!‹
    Und das tat ich. Ich war dermaßen relaxt. Keinen Gedanken verschwendete ich an ein kurzes Gespräch, ein winziges Erinnerungsfoto oder gar ein flüchtiges Autogramm. Ganz ehrlich. Ich habe noch nicht mal hingesehen, als sie in ihrem Chanel-Seidentraum direkt vor mir stand, mit diesem Mund zum neidisch werden und einem riesigen Kamerahaufen vor ihrer entzückenden Stupsnase. Und dann, völlig unvermutet, dreht sie sich doch tatsächlich zu mir um und sagt:
    »Würden Sie bitte Ihren Fuß von meinem Kleid nehmen?«
    Also ich hoffe inständig, dass ich im Flieger nach L.A. nicht neben ihr sitze.
    Da fällt mir ein, das habe ich ja noch gar nicht erwähnt, dass ich morgen nach Hollywood fliege. Ja, wirklich, ist das nicht unglaublich? Und ich fliege da nicht etwa in die Ferien hin, sondern
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