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Hi, Society

Hi, Society

Titel: Hi, Society
Autoren: Karolin Park
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zum Arbeiten. Um nämlich meiner Patientin Marie von Stetten mein umfassendes logopädisches Wissen angedeihen zu lassen, und wie es aussieht, werde ich schon sehr bald einen Vertrag mit den Universal Studios unterschreiben, weil diese nämlich die Künste der Wiener Schule der Stimmtherapie für sich und ihre Millionen-Dollar-Actors nutzen wollen. Deshalb kann ich auch den gesamten Flug und das Hotelzimmer in Beverly Hills von der Steuer absetzen. Nicht, dass ich jetzt allzu unbescheiden klinge, aber es ist vermutlich nur noch eine Frage der Zeit, bis Erik und ich in Malibu Beach leben und Angelina und Gwyneth bei uns aus- und eingehen werden. Naja, vielleicht besser George und Brad. Ich habe jedenfalls schon einige interessante Therapieanfragen von wirklich wahnsinnig bekannten Leuten. Ich darf die Namen leider nicht verraten – Verschwiegenheitspflicht, Sie verstehen? – und da man das Eisen ja schmieden sollte, solange es heiß ist, habe ich mich auch schon ein wenig umgehört von wegen Wohngegend und mir sagen lassen, dass die hippsten Leute nicht in Bel Air und nicht in Malibu, sondern in den Hills wohnen, und jetzt hab ich schon mal ein paar Maklertermine ausgemacht, bloß zur Sicherheit, weil wenn erst mal die ganze Hollywoodprominenz zu meinen Patienten gehört, dann macht es eher wenig Sinn weiterhin in Wien zu wohnen … Aber bitte kein Sterbenswort zu meiner Mum! Sie würde nämlich auf der Stelle ausflippen, wenn sie davon hört. Sie war schon ganz panisch als ich nur ›vier Wochen LA‹ gesagt habe, und seither schickt sie mir alle möglichen Artikel über die weltweit höchste Rate an Gewaltverbrechen in den USA, das kalifornische Erdbebenrisiko, die Tücken des Krankenversicherungssystems bis hin zur Diskriminierung der indianischen Ureinwohner. Ich musste ihr schwören, dass ich niemals mit der U-Bahn fahre und nirgends zu Fuß hingehen werde, damit sie überhaupt meinen Reisepass wieder rausrückte, und gerade eben, als ich das Handy abschalten wollte, da hatte ich schon wieder eine SMS von ihr:
     
    Versprich mir, dass du dir das ansiehst:
    Die 12 wichtigsten Erdbeben-Sicherheitsmaßnahmen – so erhöhen Sie Ihre Überlebenschance.
    www.gefahren-der-usa.com
    Ist Sophies Magen wieder okay? Viel Spaß!
    Mama
     
    Aber nun ist mein Handy aus und das Einzige, womit ich mich die nächsten Minuten mit Begeisterung auseinandersetzen werde, ist die Show hier. Ergo setze ich mich, greife mir das mit schwarzen Ornamenten verzierte, kleine weiß glänzende Goodie-Bag auf meinem Platz und öffne den Schraubverschluss des pinkfarbenen Vitaminwassers. Es ist unglaublich. Direkt vor mir liegt der Laufsteg. Gleich einem barocken Lustgarten führt er vorbei an marmorverzierten Springbrunnen, ornamentalen Rasenflächen, kunstvoll kugelig geformten, weiß blühenden Bäumen, und es duftet herrlich nach den weißen Kamelienblüten, die sich am Boden ergießen.
    Die Morgensonne durchflutet den gesamten Raum unter der blassgrünen Stahlkonstruktion und lässt den weißen Kiesel am Boden märchenhaft glitzern, während das schwarz-weiß befrackte Symphonieorchester der Pariser Oper mit den ersten Klängen des Bach – Präludiums mich sogleich in einen opulenten Sommernachtstraum fallen lässt. Einen surrealen Traum aus verspielter Seide, raschelndem Chiffon, glamourösem Bouclé getaucht in die schönsten Sorbetfarben von kühlem Blassblau, über entzückendes Macarons-Pink bis hin zu edlem Champagner. Ich bin verzaubert von den fließenden Stoffen, gepaart mit Schleifen, Kristallen und Perlen, von der Opulenz der Farben, den in schwarz und weiß kontrastierenden Abendkleidern, vom Klang der Musik, der Anmut der Models, die elfengleich den schnörkeligen Kiesweg vorbei an dieser zauberhaft-künstlichen Märchenlandschaft entlang schweben, und eben als ich denke, dass es keine Steigerung mehr geben kann, da kommt er.
    Baptiste.
    Lagerfelds Muse. Bestbezahlt, bestbestückt, schön in Klamotten und noch schöner ohne. Behauptet zumindest Sophie, seit ihrem gemeinsamen Shooting für den Pirellikalender. Sie war Artemis, die Göttin der Jagd, mit Pfeil und ohne Klamotten, was ich äußerst zutreffend fand, wenngleich sie im wirklichen Leben bisher eher Männer als Hasen jagte. Er trug als griechischer Apollo nichts außer ein paar Weinblättern, allerdings nicht an der Stelle, wo man sie erwarten würde.
    Heute trägt er eine Art indischen Turban, welcher mit Kristallen bestückt und daher äußerst unvorteilhaft,
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