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Hexer-Edition 20: Hochzeit mit dem Tod

Hexer-Edition 20: Hochzeit mit dem Tod

Titel: Hexer-Edition 20: Hochzeit mit dem Tod
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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mich zu quälen. Allerdings hatte der kleine, pummelige Kerl vor mir nicht die geringste Ähnlichkeit mit einem geisterhaften Wesen – allerhöchstem mit einem Quälgeist. Nein, für einen richtigen Geist war einfach viel zu viel von ihm vorhanden.
    Noch während ich die seltsame dunkle Kleidung, die er anhatte, einzuordnen versuchte, nickte er mir mit einem freundlichen Grinsen zu und streckte sich, um einen länglichen Gegenstand aus einem netzartigen Ding zu nehmen, das knapp unter der Decke die Wand entlang gespannt war. Erst als er mir das Ding reichte, erkannte ich, dass es sich um meinen Stockdegen handelte.
    Mein Stockdegen? Ein Netz? Irgendetwas war hier nicht in Ordnung, gelinde ausgedrückt. Aber ich war noch nicht wach genug, zu erkennen, was.
    »Das ist wohl alles, was sie an Gepäck mithaben?«, meinte er gemütlich.
    Gepäck?, echote ich dümmlich. Was für Gepäck?
    Ein sehr ungutes Gefühl begann sich in mir breit zu machen; vor allem, als kaum eine Sekunde später ein schriller Pfiff durch den Raum tönte.
    Und plötzlich wusste ich, wo ich war: in einem Eisenbahnabteil. Jetzt erkannte ich auch, dass es sich bei dem Anzug des kleinen Dicken nicht um eine exotische Tracht, sondern um eine schlichte Schaffneruniform der British Railways handelte.
    Das sagte mir jedoch alles nicht, was um der GROSSEN ALTEN Willen ich in diesem Zug zu suchen hatte. Denn die letzte Erinnerung, die ich hatte, sagte mir, dass ich eigentlich in einer Kutsche sitzen sollte, um Howard aufzusuchen …
     
    Die Klinge pfiff mit einem hellen, widerwärtigen Geräusch durch die Luft, verfehlte ihr Gesicht um Haaresbreite und bohrte sich tief in die Rinde des Baumes. Der Ritter fluchte, riss seine Waffe an sich und machte einen schwerfälligen Schritt auf Jeany zu. Seine Rüstung behinderte ihn; er stolperte, fiel ungeschickt auf ein Knie herab und schickte Jeany eine gellende Verwünschung nach. Mühsam versuchte er sich hochzustemmen.
    Jeany reagierte mit einer Kaltblütigkeit, die einem stärkeren als ihrem eigenen Willen zu entspringen schien – sie wartete, bis er sich halb erhoben hatte und nur auf den Zehenspitzen balancierte. Für den Bruchteil eines Herzschlages war er verwundbar – und Jeany nutzte diese Chance.
    Mit aller Kraft, die sie überhaupt aufbringen konnte, trat sie zu.
    Ihr Fuß traf die stählerne Wolfsfratze vor dem Gesicht des Ritters und ließ ihn mit einem Wutschrei nach hinten fallen. Dann wirbelte sie herum und rannte wie von Furien gehetzt los.
    Innerhalb weniger Augenblicke hatte Jeany den Unheimlichen weit hinter sich gelassen. Auch das Bellen der Hundemeute wurde schnell leiser und verwehte im Wind, bis sie nichts mehr hörte als das leise Wispern des Nebels; und eine Stille, die auf ihre Weise beinahe unheimlicher war als das schrille Heulen der Verfolger zuvor.
    Nach wenigen Minuten erreichte Jeany einen Kiesweg, den sie zu kennen glaubte. Unwillkürlich bog sie nach rechts ein und hastete den flachen Hügel hoch, zu dessen Kuppe der Weg führte. Der Kies knirschte unter ihren Schuhen so laut, dass ihre Verfolger dieses Geräusch unmöglich überhören konnten. Und doch schien es so. Die Welt um sie war mit einem Mal von einer gespenstigen Stille erfüllt, in der die Erinnerung an das blutgierige Jaulen der Hunde und die harten Stimmen der Hundewärter und Ritter zu einem unwirklichen, Angst machenden Traum wurden, vielleicht schlimmer als die Realität.
    Auch die Schmerzen schwanden mit jedem Schritt, den Jeany den Hügel emporstieg. Nach einer Weile wurde der Weg wieder eben; der Nebel riss auf. Nicht weit vor sich entdeckte Jeany ein seltsames Gebilde, das noch halb von Nebelschwaden verhüllt war und dennoch seltsam deutlich gegen den Hintergrund abstach. Es war ein kreisrunder Ring aus mächtigen Felsblöcken, die so groß waren, dass nur Riesen sie zusammengetragen haben konnten. Sie kannte diesen Ring. Sie hatte ihn niemals gesehen, aber sie – etwas in ihr – kannte dieses Gebilde. Und es erfüllte sie gleichzeitig mit Entsetzen wie mit einem absurden, vollends unbegründeten Gefühl tiefer Sicherheit.
    Wie von einem Magneten angezogen, lief Jeany auf den Steinring zu. Kurz bevor sie ihn erreichte, blieb sie plötzlich stehen und presste die Handflächen gegen die Stirn. Eine Flut von Bildern brach über sie herein; Bilder, die sie niemals gesehen hatte und die ihr doch allesamt sehr vertraut vorkamen; es war kein Sehen, es war vielmehr ein Wiedersehen.
    Sie sah den Ring der
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