Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Titel: Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
eine halbe Stunde sicherlich, vielleicht auch eine ganze. Irgendwann, nach einer Ewigkeit, während der meine Gedanken im Kreise irrten und die Verzweiflung in mir immer stärker und stärker wurde, hörte ich Schritte und ohne dass ich auch nur aufsah, wusste ich, dass es Sitting Bull war, der mir nachgekommen war, wahrscheinlich, um mir ins Gewissen zu reden oder irgendetwas ähnlich Schwachsinniges.
    »Was willst du?«, fragte ich grob.
    Der alte Sioux antwortete nicht. Stattdessen ließ er sich mit einem leisen Ächzen neben mir in den Schatten des Felsens sinken, lehnte den Kopf gegen den heißen Stein und hielt mir eine Feldflasche entgegen. »Trink«, sagte er. »Du musst durstig sein.«
    Im ersten Moment hatte ich nicht übel Lust, ihm die Flasche aus der Hand zu schlagen, und wäre statt seiner Annie oder Bill Cody gekommen, hätte ich es wahrscheinlich getan. Aber dann begriff ich, dass es kein Stolz oder gar gerechter Zorn war, was ich empfand, sondern nur kindlicher Trotz. Ich nahm die Flasche, schraubte den Verschluss ab und trank einen großen Schluck. Das Wasser war warm und schal, aber es tat gut.
    »Du solltest nicht hier sitzen«, sagte Sitting Bull ernst. »Du bist jung und stark, aber du bist auch noch sehr geschwächt. Du wirst dich umbringen.« Er lächelte. »Das wäre sehr schade, Blitzhaar. Ich habe mich sehr anstrengen müssen, dich zu heilen.«
    »Zum Teufel, was willst du?«, fauchte ich. »Ich bin nicht in der Laune, Konversation zu machen.«
    Sitting Bull lächelte noch immer, aber jetzt wirkte es auf unbestimmte Art traurig. »Du liebst sie noch immer, nicht wahr?«, fragte er plötzlich.
    »Sollte ich das nicht?«, entgegnete ich. »Es war nicht ihre Schuld, Sitting Bull. Necron hat sie gezwungen. Sie ist diesem Buch verfallen, aber sie … sie kann nichts dafür, verdammt noch mal!«
    »Vielleicht hast du Recht«, sagte Sitting Bull ernst. »Aber ich spüre das Böse, das in ihr ist.«
    »Was du spürst, ist dieses verfluchte Buch!«, sagte ich wütend. »Es ist nicht ihre Schuld!«
    »Der Kranke, der die Pest in die Stadt bringt, ist auch unschuldig«, antwortete Sitting Bull sanft. »Und trotzdem jagt man ihn davon.«
    »Was willst du?«, fragte ich zornig. »Bist du hier, um mich davon zu überzeugen, dass wir Priscylla zurücklassen müssen? Du verschwendest deine Zeit.«
    »Wir hätten sie niemals hierherbringen dürfen«, antwortete Sitting Bull. »Ich mache mir Vorwürfe, es zugelassen zu haben.« Er senkte den Blick, klaubte eine Hand voll Sand auf und ließ ihn durch die Finger rinnen, als er weitersprach. »Vielleicht hast du Recht und sie ist unschuldig. Und vielleicht wäre es eine Gnade für sie, würden wir sie … erlösen.«
    »Umbringen, meinst du«, fauchte ich. »Schlag dir das aus dem Kopf, Sitting Bull. Sonst tue ich es.«
    Sitting Bull lächelte nicht. »Du liebst sie«, stellte er fest. »Und jetzt glaubst du, wir würden das nicht verstehen. Aber du irrst, Blitzhaar. Auch ich habe einmal geliebt, sehr sogar. Hast du das vergessen?«
    Ich antwortete nicht, und so fuhr Sitting Bull fort: »Du bist verzweifelt, Robert. Du hast einen Kampf gekämpft – und vielleicht war es der Kampf deines Lebens; und du hast ihn gewonnen, aber jetzt -«
    »Gewonnen?« Ich musste an mich halten, nicht zu schreien. »O ja«, sagte ich bitter. »Und wie ich gewonnen habe. Shadow ist tot und Shannon ebenfalls, und jetzt -«
    »Und jetzt verlangen wir von dir, das Letzte zurückzulassen, was dir geblieben ist«, unterbrach mich Sitting Bull. Er lächelte. »O ja, ich kann dich verstehen. Sehr gut. Du denkst, dein Leben hätte keinen Sinn mehr, wenn du dieses Mädchen verlierst. Du denkst, du hättest genug bezahlt, für deinen Sieg. Du denkst -«
    »Ich denke«, unterbrach ich ihn kalt, »dass du nicht weißt, worüber du redest, Häuptling. Ich habe diesen Kampf gekämpft, weil ich Priscylla befreien wollte. Ich bin hierher gekommen, weil Necron sie entführt hat, weil ich sie liebe und weil ich sie wiederhaben wollte, aus keinem anderen Grund.«
    »Weil du sie liebst.« Sitting Bull nickte. Dann lächelte er. Aber seine Augen blieben ernst. Es war ein Ausdruck darin, der mir nicht gefiel. »Was liebst du, Robert?«
    »Was … was meinst du?«, antwortete ich verwirrt.
    »Du liebst diese Frau, gut«, erwiderte Sitting Bull. »Aber ich frage dich, was du liebst. Ihren Körper? Ihr Haar? Ihr Gesicht? Ihre Lenden? Ihre Brüste? Ihr -«
    »Hör auf!«, unterbrach ich ihn. Meine Stimme
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher