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Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser

Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser

Titel: Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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dunkel zu werden, als ich auf die Straße hinaustrat. In der hereinbrechenden Dämmerung wirkte die Stadt düsterer und bedrohlicher als zuvor. Die Straße lag wie ausgestorben vor mir. Von den Bewohnern von Innsmouth war keine Spur mehr zu sehen.
    Allerdings auch nicht von meiner Kutsche. Der Fleck, an dem das zweispännige Gefährt gestanden hatte, war leer, nur meine beiden Reisekoffer standen am Straßenrand. Der Kutscher musste wie von Furien gehetzt den Ort verlassen haben. Ich konnte es ihm nicht einmal verübeln.
    Eine Weile blieb ich stehen und sah mich unschlüssig um.
    Ich fühlte mich ziemlich hilflos in diesem Moment. Der plötzliche Angriff auf mich war durch Floyds Worte nicht logischer geworden; im Gegenteil. Ich fand weniger denn je eine Erklärung dafür.
    Ich war noch nie hier gewesen – nicht einmal in der Nähe. Und doch schienen diese Menschen mich zu kennen. Und zu hassen. Und irgendwie schien ich die Schuld an ihrem Schicksal zu tragen. Es war gespenstisch.
    Wenn ich ganz ehrlich zu mir selbst war, dann hatte ich Angst. Ich wollte diesen ungastlichen Ort mit seinen mörderischen Bewohnern so schnell wie möglich verlassen. Mein eigentliches Ziel war nicht mehr sehr weit entfernt und später würde ich reichlich Gelegenheit haben, zurückzukommen und herauszufinden, welches Geheimnis dieses kleine Fischerdorf barg. Wenn ich auch ahnte, dass mir die Antwort nicht gefallen würde.
    Mit einem resignierenden Seufzer ging ich zu meinen Koffern hinüber, hob sie auf und wandte mich nach Westen. Noch vor wenigen Minuten hatte ich geglaubt, den schlimmsten Teil meiner Reise hinter mir zu haben; es waren kaum noch fünf Meilen bis zu meinem eigentlichen Ziel. Aber fünf Meilen Fußmarsch über ausgefahrene Feldwege und unbekanntes Gelände, noch dazu beladen mit einem Zentner Gepäck, waren selbst für einen Hexer ein schönes Stück Weg …
     
    Das Zimmer mit seinen alten Möbeln und den düsteren Bildern hatte sich nicht verändert, seit er es zum ersten Mal gesehen hatte. Die Zeit schien innerhalb dieser vier Wände ihre Macht verloren zu haben, während sich die Welt draußen weiter entwickelte, ganze Reiche aufstiegen und wieder im Dunst der Geschichte verschwanden. Es war wie eine Welt in der Welt, ein winziges, abgeschlossenes Universum, das anderen Gesetzmäßigkeiten und Regeln unterworfen war. Es waren die Regeln des Bösen und die Macht der Dunkelheit, die das Leben in diesem Raum bestimmten. Der Atem der GROSSEN ALTEN, die gewesen waren, ehe der Mensch kam, hing wie eine unsichtbare Aura in der Luft …
    Shannon vertrieb die Vorstellung und zwang sich, an etwas anderes zu denken, erschrocken über seine eigenen Gedanken. Es war nicht richtig, an solche Dinge zu denken; nicht hier, und erst recht nicht in einem solchen Augenblick.
    Er schob die Tür hinter sich ins Schloss, sah sich rasch und schuldbewusst um, beinahe, als hätte er Angst, von unsichtbaren Augen beobachtet und belauert zu werden. Er ging weiter und begann mit raschen, geübten Bewegungen den Tisch vorzubereiten. Sorgsam stellte er Becher und Krüge an den vorbestimmten Platz. Dann ordnete er die fünf schwarzen, halb heruntergebrannten Kerzen so an, dass jeweils eine auf einer Spitze des fünfstrahligen Sternes stand, der in das zolldicke Holz der Tischplatte gebrannt war. Zuletzt legte er das Buch vor den Stuhl Necrons.
    Wie immer berührte er den mächtigen, in steinhartes braunes Schweinsleder gebundenen Band nur mit den Fingerspitzen. Und wie immer hatte er trotzdem hinterher das Gefühl, etwas Verbotenes getan zu haben; ja, mehr noch, sich beschmutzt, auf schwer in Worte zu fassende Weise besudelt zu haben. Das Buch erfüllte ihn mit Furcht, und das war gut so. Es war gut, dass es Angst verbreitete und Grauen atmete, denn auf diese Weise sorgte es selbst dafür, dass kein Unbefugter es berührte und ihm seine Geheimnisse entriss.
    Draußen vor der Tür wurden Schritte laut. Shannon fuhr erschrocken auf, blickte einen Moment mit klopfendem Herzen zur Tür und beeilte sich fertig zu werden. Er war sich der Ehre bewusst, trotz seines noch relativ geringen Alters von zweiundzwanzig Jahren bereits dem Meister persönlich dienen zu dürfen. Necron hatte ihm oft genug versichert, dass sein Talent gewaltig war und er eine große Zukunft vor sich hatte, sowohl in als auch außerhalb des Zirkels. Trotzdem wusste er, wie streng und gnadenlos der Meister sein konnte. Er ließ niemals einen Fehler durchgehen, und sei er noch so
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