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Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser

Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser

Titel: Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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spielerisch auf den Rücken. Das Tier schnaubte wie zur Antwort.
    »Aber ’s is’ schon ein komisches Kaff, dieses Innsmouth«, fuhr er fort. »Ich war noch nicht oft hier, aber man erzählt sich die seltsamsten Geschichten über die Leute hier.«
    Er grinste und tippte sich dabei bezeichnend an die Stirn. »Scheint, als wären sie allesamt nicht ganz beieinander, wenn Sie verstehen, was ich meine, Sir.« Er gähnte jetzt doch und deutete auf ein kleines, etwas abseits stehendes Haus, nur wenige Schritte entfernt.
    »Das da ist das Gasthaus, Sir«, sagte er. »Oder das, was sich hier so schimpft. Was halten Sie von einer kleinen Pause, ehe wir weiterfahren? Die Pferde brauchen Ruhe.«
    Und er ein Bier, fügte ich in Gedanken hinzu. Aber ich widersprach nicht. Die Aussicht auf ein kühles Bier oder wenigstens einen Kaffee erschien mir nach der langen Fahrt in einer schaukelnden Kutsche mehr als verlockend.
    Ich sah mich neugierig um, während wir auf das Gasthaus zugingen. Wir schrieben den 16. April 1885, und die Landschaft, durch die wir während der letzten sechs Stunden gefahren waren, war die Neu-Englands, aber ich hatte eher den Eindruck, in einem verarmten irischen Fischerdorf zu sein. Die Häuser waren klein und buckelig und kamen mir vor wie Tiere, die sich angstvoll aneinander drängten, grau und hässlich. In ihnen hausten sicher ebenso graue und angstvolle Bewohner.
    Ich verscheuchte den Gedanken, ging ein wenig schneller, um nicht den Anschluss zu verlieren, und trat hinter dem Kutscher in die Gaststube. Eine Welle erstickend warmer, verqualmter und nach Bier und Schweiß riechender Luft schlug mir entgegen. Der Eingang war so niedrig, dass ich den Kopf senken musste, um nicht gegen den eichenen Türsturz zu stoßen.
    Als ich den Blick hob, bot sich mir ein so bizarres Bild, dass ich mitten im Schritt stehenblieb.
    Alle Möbel in dem niedrigen, verwinkelten Schankraum wirkten verdreht und schief. Bänke, Tische, Stühle und die roh gezimmerte Theke im Hintergrund waren krumm und bizarr und sahen aus, als wären sie in sich zusammengestaucht; alle Linien irgendwie in sich verdreht und falsch. An den Wänden hingen Bilder so abscheulichen Aussehens, dass sich mein Blick weigerte, auf ihnen zu verharren.
    Das Bizarrste aber waren die Leute, die sich in der Gaststube aufhielten.
    Es waren ungefähr ein Dutzend Männer, zumeist alt und in zerschlissene Arbeitsjacken gekleidet. Und jeder Einzelne von ihnen war schrecklich verkrüppelt!
    Im ersten Moment empfand ich nichts als Ekel, einen so starken Abscheu, dass ich am liebsten auf dem Absatz herumgefahren und wieder zur Kutsche gestürmt wäre. Dann wich der Ekel und machte einem starken Gefühl von Mitleid Platz. Ich hatte kein Recht, auf diese bedauernswerten Kreaturen herabzusehen oder sie gar zu verachten.
    Langsam schloss ich die Tür hinter mir, ging zur Theke und wandte mich an den buckeligen Wirt, um ein kühles Bier zu bestellen.
    Wenigstens wollte ich es.
    Als ich seinem Blick begegnete, erstarrte ich.
    Der Ausdruck in seinen Augen war der gleiche wie der, den ich im Blick des sonderbaren Alten draußen gesehen hatte. Es war Angst.
    Angst vor mir!
    Ein polterndes Geräusch hinter meinem Rücken ließ mich herumfahren.
    Als ich den Raum betreten hatte, hatten seine sonderbaren Bewohner in kleinen Gruppen an den Tischen gesessen und leise miteinander geredet. Aber die Szene hatte sich in den wenigen Augenblicken, die ich abgelenkt gewesen war, vollkommen verändert!
    Auf bedrohliche Weise verändert …
    Es war ein Bild wie aus einem Albtraum. Die Männer hatten sich von ihren Stühlen erhoben und zu einem lockeren Halbkreis um mich und den Kutscher geschart.
    »Was … was bedeutet das?«, keuchte ich. »Was geht hier vor?«
    Eine der bedauernswerten Kreaturen löste sich aus dem Halbkreis und trat einen Schritt vor, und ein neuerlicher Schrecken durchfuhr mich, als ich ihn näher betrachtete. Seine Beine waren unterschiedlich lang, was seinen Gang seltsam trunken erscheinen ließ, und seine linke Hand hatte keine Finger. Sein Gesicht war in einem schauerlichen Grinsen gefangen. Nur eines seiner Augen konnte sehen; das andere war trüb und milchig wie eine Kugel aus weißem gesprungenem Glas. Torkelnd näherte er sich mir, hob die gesunde Hand und streckte sechs tastende, zitternde Finger nach meinem Gesicht aus.
    Sein dünner Mund öffnete sich, und eine dumpfe, verzerrt klingende Stimme ließ mich erstarren.
    »Du bist zurückgekehrt! Das ist dein
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