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Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns

Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns

Titel: Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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mit der uns diese Menschen verfolgten, war mit rationalen Gründen nicht mehr zu erklären. Sie waren verhext, im wahrsten Sinne des Wortes. Wir kämpften gegen Kräfte, die jenseits aller Logik standen.
    Mein Blick richtete sich instinktiv auf das großformatige, in schwarzes Leder gebundene Buch, das Howard unter dem linken Arm trug. Es sah so harmlos aus, so verdammt banal. Und doch war es schuld am Tod zahlloser Menschen – und unserer Lage.
    Howard erschrak, als er meinen Blick bemerkte. Er sagte nichts, aber die Art, in der er die Hand auf den Buchrücken legte, drückte genug aus. Für einen kurzen Moment hatte ich wirklich mit dem Gedanken gespielt, die Kräfte des Necronomicons auszunutzen, um hier herauszukommen. Natürlich war das unmöglich. Dieses Buch war das Nonplusultra des Bösen. Wer an seiner Macht rührte, der musste dafür bezahlen. Und wie schrecklich der Preis war, den es verlangte, hatte ich mit eigenen Augen gesehen …
    »Geht zurück«, sagte ich. »Ich werde versuchen, irgendwo einen Wagen zu stehlen.«
    Howard schien widersprechen zu wollen, atmete aber dann bloß hörbar ein und nickte widerstrebend. Die wenigen Schritte, die wir Rowlf gestützt hatten, hatten ihm deutlicher als alle Erklärungen gezeigt, wie sinnlos unser Unterfangen war. Vielleicht – aber auch nur vielleicht – hätten wir es sogar geschafft, die wenigen Blocks bis zum Ortsausgang hinter uns zu bringen, ohne entdeckt zu werden. Aber die dreißig Meilen bis Bettyhill waren schon für einen gesunden, ausgeruhten Mann ein gewaltiger Spaziergang. Für uns – und vor allem für Rowlf – waren sie unüberbrückbar. Genausogut hätten wir versuchen können, nach London zu schwimmen.
    »Versuch es«, sagte er schließlich. »Wir haben wohl keine andere Wahl.«
    »Die habt ihr doch«, widersprach Rowlf. »Ihr beide könnt es schaffen, wenn ihr mich hierlasst. Ich komme schon irgendwie durch.«
    »Unsinn«, widersprach Howard. »Sobald sie das Feuer gelöscht haben, wird es hier wieder von Menschen wimmeln. Robert hat Recht – entweder schaffen wir es alle, oder gar keiner.«
    Rowlf fuhr auf. »Aber das ist -«
    »Das einzig Logische«, unterbrach ihn Howard. »Glaubst du, wir hätten eine Chance, wenn sie dich finden? Sie würden dich umbringen und dann anfangen uns zu suchen. Nein, Rowlf – wir haben gar keine andere Wahl, als dich mitzunehmen.« Er sah mich an. »Geh. Wir warten hier. Aber gib Acht, dass dich niemand sieht.«
    Ich nickte, drehte mich ohne ein weiteres Wort um und trat mit gesenktem Kopf auf die Straße hinaus. Vom Hafen drang flackernder, rotgelber Lichtschein und das Raunen einer gewaltigen Menschenmenge herauf; Schreie, Lärmen, das Schrillen einer Glocke. Aber die Straße rechts und links von mir schien ausgestorben zu sein.
    Während ich mit weit ausgreifenden Schritten stadteinwärts ging, arbeiteten meine Gedanken auf Hochtouren. Mein Vorhaben war nicht halb so leicht, wie ich Howard Glauben hatte machen wollen. Durness war eine Stadt, kein kleines Bauerndorf, auf dem hinter jedem Haus ein Pferd bereitstand. Ich konnte kaum darauf hoffen, einfach so einen Wagen zu finden, der nur darauf wartete, von mir mitgenommen zu werden.
    Aber vielleicht gab es doch jemanden, der uns half …
     
    Es war still hier, tief unter der Erde. Das Ding hatte den Fuß des Kreidefelsens erreicht und war aus der Brandung aufgetaucht wie Klumpen aus Dunkelheit und Gestalt gewordener Furcht, ein schwarzer Dämon, der aus den Abgründen der Zeit und der Hölle emporgewachsen war und den Schrecken einer seit dreißig Millionen Generationen erloschenen Epoche mit sich brachte. Formlos und zitternd wie eine ins Absurde vergrößerte Amöbe war es den schrundigen steilen Fels der Küste emporgeflossen, hatte ihre Kante erreicht und sich – nach einer Weile, als müsse es Kraft schöpfen, sich vielleicht auch orientieren, obwohl es über keine sichtbaren Sinnesorgane verfügte – nach Süden gewandt, mit den vereinten Instinkten des Jägers und des Gejagten den Schutz des nahen Waldes ansteuernd.
    Wo es entlang gekrochen war, war eine breite, glitzernde Spur aus nacktem Stein und trockenem, steril gewordenen Erdreich zurückgeblieben, eine Bahn des Todes, in der sich nicht einmal mehr mikroskopisches Leben regte; Erdreich, das wie von einer tödlichen Säure bis tief in den Boden hinein sterilisiert worden war.
    Das Wesen war weitergekrochen, hatte mit schwarz-schleimigen Fühlern hierhin und dorthin gegriffen, von Zeit zu
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