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Hexenzorn

Titel: Hexenzorn
Autoren: T. A. Pratt
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die Absicht, jemandem zu nahe zu treten. Ich will nur meine Geschäfte erledigen und dann wieder verschwinden.«
    »Haruspexie wird Ihnen nichts nützen. Versuchen Sie es, wenn Sie wollen. Aber kommen Sie danach nicht wieder. Sie verschwenden jetzt schon unsere Zeit. Tausend Dollar.«
    Marla seufzte und rief Rondeau zu sich.
    Er trug die Hälfte des Geldes bei sich, was vielleicht ein Fehler war, aber er hatte darauf bestanden. Falls Marla bei einem Erdbeben ums Leben kam, so seine Argumentation, wie sollte er dann nach Hause kommen? Er gab Marla die Scheine, und sie reichte sie an die Schülerin weiter, die sie kurz untersuchte und dann nickte.
    »Lao Tsung ist tot«, sagte der alte Mann ohne erkennbare Regung.
    »Bullshit«, zischte Marla. »Er lebt schon seit Jahrhunderten und kam hierher, um sich von seinem Krebs heilen zu lassen, und es hat funktioniert. Wie könnte er da tot sein?«
    »Die Antwort auf diese Frage kostet eintausend Dollar.«

    Marla war über die Theke gesprungen, noch bevor der Mann auch nur einen einzigen Schritt zurück machen konnte, und presste ihm einen ihrer Dolche in den Bauch. Er öffnete den Mund - wahrscheinlich um eine Zauberformel auszusprechen -, doch Marla stopfte ihm ein Bündel Scheine zwischen die Zähne. »Wie Sie sehen, geht es mir nicht ums Geld. Ich verschwende nur nicht gerne meine Zeit, und Lao Tsung war mein Freund.«
    Die Schülerin führte leise Selbstgespräche, und Marla seufzte. »Rondeau?«
    »Jepp!« Er zog sein Butterflymesser und ließ es mit einer Schnelligkeit aufklappen, die man sich nur in einem Leben auf - und unter - der Straße aneignen konnte. »Okay, dann halt mal schön den Mund, sonst muss ich dir die Kehle durchschneiden oder so was in der Art, und ich hab nur diesen einen Anzug dabei. Es wäre also für uns beide sehr bedauerlich.«
    Die Schülerin verstummte. »Sie sind keine Zauberer«, sagte sie. »Sie sind Gangster.«
    »Alles zu seiner Zeit«, entgegnete Marla. »Es ist nicht gut, sich zu sehr auf das ganze Abrakadabra zu verlassen.« Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem alten Mann zu, der kein bisschen erschrocken oder zornig aussah - oder überhaupt irgendwie berührt. Sein Gesichtsausdruck war vollkommen undurchdringlich. »Ich nehme jetzt die Scheine aus Ihrem Mund und gebe sie Ihrer Schülerin. Sie dürfen sich dann als angemessen bezahlt betrachten und werden mir alles erzählen, was ich über Lao Tsung wissen muss, okay? Und falls die Rache Sie schon in den Fingern jucken sollte, dann lassen Sie mich Ihnen kurz erklären, wer ich bin: Mein Name ist Marla Mason. Ich bin das Oberhaupt
von Felport, und falls Sie noch nichts von mir gehört haben … nun, dann kann ich mir auch an dieser Küste einen Namen machen, indem ich Ihnen etwas ganz furchtbar Grausames antue. Aber wie gesagt, ich möchte nur meine Geschäfte erledigen und dann wieder verschwinden. Einverstanden?«
    Der alte Mann nickte.
    Marla nahm das Bündel Scheine aus seinem Mund und gab es der Schülerin, die die Banknoten auf der Theke ausrollte, glattstrich und zu Bündeln stapelte. Dieser Meister scheint großen Wert auf Gehorsam und Disziplin zu legen, dachte Marla. »Also«, sagte sie, »Lao Tsung?«
    Der alte Mann murmelte etwas auf Chinesisch.
    »Wie wir Ihnen schon sagten, Lao Tsung ist tot«, übersetzte die Schülerin, ohne von den Geldscheinen aufzusehen und anscheinend nicht sonderlich bekümmert wegen Rondeau und dessen Messer. »Er wurde heute Morgen von Fröschen getötet.«
    Marla wiederholte im Geist die Worte: ›Wurde heute Morgen von Fröschen getötet.‹ Sie dachte darüber nach, ob es sich vielleicht nur um eine schlecht übersetzte Redewendung handelte. »Franzosen haben ihn getötet?«, fragte sie schließlich mit einem Stirnrunzeln.
    Die Schülerin sah sie gelangweilt an. »Nein. Frösche . Diese hüpfenden Tiere. Lao Tsung wohnte im Golden Gate Park, und heute Morgen hat man seine Leiche gefunden, übersät mit kleinen, goldenen Fröschen. Die Frösche sind davongehüpft, und niemand hat sie aufgehalten - wir gehen davon aus, dass sie giftig sind. In den Regenwäldern gibt es Frösche, die so giftig sind, dass sie hundert Menschen töten können.«

    »Wie bitte? Sie beißen? Ich wusste nicht mal, dass Frösche Zähne haben.«
    »Nein. Sie sind nur bis oben hin voll mit Gift, und manche von ihnen sondern dieses Gift über die Haut ab. Eingeborene verwenden seit Jahrhunderten Froschgift, um damit ihre Pfeile zu präparieren. Aber hier in diesem
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