Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexentochter

Hexentochter

Titel: Hexentochter
Autoren: Nancy Holder , Debbie Viguié
Vom Netzwerk:
wurde dreimal geschlagen. Amanda wandte sich Holly zu, die sagte: »Dann los.«
    Sie gingen zusammen den gewundenen Pfad entlang, bogen an einer langen Hecke ab und standen vor dem Mondtempel. Der Eingang war ein riesiger steinerner Bogen, das Dach des Gebäudes eine gedrungene Kuppel. Mehrere prächtige Platanen flankierten das Portal, und vor jedem Baum stand eine weiße Marmorstatue der Göttin in einer ihrer Erscheinungen, wie auch im Inneren des Tempels: Astarte, Diana, Isebel, Maria von Nazareth, Mutter Theresa.
    Amanda blieb abrupt stehen. Sie legte eine Hand auf Hollys Unterarm und flüsterte: »Holly, schau.«
    Die Statue der Hekate weinte. Tränen liefen in kleinen Rinnsalen über das steinerne Antlitz.
    Holly schluckte. Bewegt kniete sie vor der Statue nieder und neigte den Kopf. Amandas Miene war weich vor Mitgefühl, und Holly sagte stumm:
    Meine Cousine glaubt, ich würde dich um Vergebung bitten, Göttin Hekate. Doch ich habe nur deinen Willen getan, und ich weigere mich zu glauben, dass ich allein für den Tod des Hexentiers verantwortlich bin.
    Die Tränen der Statue versiegten.
    Holly hatte keine Ahnung, was das bedeutete, aber es war immerhin eine Art Antwort.
    »Ach, Holly«, flüsterte Amanda, die die Statue anstarrte. Sie nahm Hollys Hand und half ihr auf. »Holly, es ... es tut mir leid, dass ich so gemein zu dir war.«
    Holly tat es auch leid, aber nicht so, wie Amanda glaubte. Es tat ihr leid, dass Amandas Entschuldigung ihr nichts bedeutete und für sie nur ein weiterer Beweis dafür war, dass Amanda nicht stark genug war, den Coven anzuführen.
    Ich habe mich so sehr verändert, dachte sie. Seit ich Hecate geopfert habe, bin ich entschlossener geworden, zäher. Und Kialishs Tod... hat mein Herz erhärtet.
    Tja, dann ist es eben so. Wenn ich mich so verändern muss, um meinen Coven am Leben zu erhalten und Jer zu retten, dann habe ich nichts dagegen.
    Zusammen betraten sie den Tempel, gingen durch das Foyer und blieben einen Moment lang unter der Kuppel aus Alabaster stehen, die das Mondlicht hindurchscheinen ließ. Dann betraten sie durch einen weiteren, kleineren bogenförmigen Eingang den eigentlichen Tempel und blieben wie angewurzelt stehen.
    Gut zweihundert Frauen in weißen Gewändern saßen im Tempelsaal. Sie ruhten auf weißen Seidenkissen oder saßen an den Wasserbecken, in denen Rosen und Lilien trieben. Es gab keine Stühle, keine Sitzreihen oder Ähnliches - die Versammlung wirkte sehr locker, fließend und wie zufällig.
    Sie sehen aus wie Katzen, dachte Holly.
    In der Mitte des Tempels unter einer zweiten Kuppel, die von außen nicht zu sehen war, stand ein großer steinerner Tisch. Die Hohepriesterin erwartete sie dahinter und empfing Holly und Amanda mit ausgebreiteten Armen. Sie trug einen silbernen Kopfschmuck, auf dem eine mit Diamanten besetzte Mondsichel funkelte. Mondsicheln waren auch mit Henna auf ihre Handrücken und Wangen gemalt.
    »Willkommen, Cahors. Wir grüßen euch.«
    Amanda warf Holly einen Seitenblick zu und flüsterte: »Warum spricht sie uns mit der alten Version unseres Namens an?«
    Weil wir für die Coventry so heißen. Wir sind hier keine Cathers und keine Anderson.
    Wir sind das Haus Cahors. Nach allem, was wir wissen, sind du, Nicole und ich vielleicht die einzigen lebenden Nachkommen dieser Linie.
    »Willkommen, Cahors«, sagten all die weiß gekleideten Frauen im Chor.
    »Der Zirkel möge vortreten«, sprach die Hohepriesterin.
    Silvana und Tommy, die neben einer der Statuen gesessen hatten, standen auf und gingen auf die Hohepriesterin zu. Wie alle anderen trugen sie weiße Tempelkleidung, aber Silvanas dunkles Haar hing ihr offen über die Schultern. Tommy wirkte in dem weißen Gewand und zwischen den vielen Frauen ein wenig verlegen, lächelte aber tapfer.
    Holly stupste Amanda an, und sie traten ebenfalls vor.
    Die Hohepriesterin streckte die Arme zur Seite aus und drehte sich einmal im Kreis, während sie rezitierte: »Meine Schwestern, wir sind hier, um diesen unseren Tochterzirkel zu stärken und zu schützen, ehe er diese Mauern verlässt.«
    Holly konnte eine verächtliche Reaktion nicht unterdrücken. Sie reckte das Kinn und dachte stirnrunzelnd: Wir sind kein Tochterzirkel. Wir sind eine unabhängige, selbständige Einheit. Wir haben uns nicht bereit erklärt, uns von denen herumkommandieren zu lassen.
    Doch die anderen Frauen im Raum murmelten: »Seid gesegnet«, um ihrer Zustimmung zu den Worten der Hohepriesterin Ausdruck zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher