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Hexenspiel. Psychokrimi: Ein Psychokrimi (German Edition)

Hexenspiel. Psychokrimi: Ein Psychokrimi (German Edition)

Titel: Hexenspiel. Psychokrimi: Ein Psychokrimi (German Edition)
Autoren: Manfred Koch
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zusammengezogen war. Hörte von ihrer Schwangerschaft und wie sehr sie sich auf das Kind gefreut hatten, und dass sogar schon der Hochzeitstermin festgelegt worden war. Hörte von Christinas Sturz über die Treppe, als sie im dritten Monat gewesen war. Hörte von ihrer Fehlgeburt und ihrem Schock und ihrer Depression, in die sie gefallen war, und von den Vorwürfen, die ihr Robert ständig gemacht hatte. Hörte von ihrem Streit und ihrer Trennung, und dass sie seither allein lebte, in einer kleinen Wohnung am anderen Ende der Stadt, seit fast zwei Jahren schon, und dass sie alles andere als glücklich war, wirklich alles andere als glücklich.
    Als Wagner das alles hörte, tat ihm Christina Leid. Aber gleichzeitig dachte er, dass dies die beste Nachricht des heutigen Tages sei, sogar die beste seit langem, eine bessere könnte er sich gar nicht wünschen.
    Trotzdem wollte er Christina sein Mitgefühl zeigen. Wollte ihr beweisen, dass er sie verstand. Dass sie nicht allein war mit ihren schmerzhaften Erfahrungen, weil es auch in seinem Leben schlimme Dinge gab, mit denen er fertig werden musste. Ereignisse, die dramatischer waren, als eine zu Bruch gegangene Kaffeetasse, und die ihm mehr wehtaten. Aber er wusste nicht, was er sagen sollte, hielt den Kopf gesenkt, rührte in seinem Kaffee und schwieg.
    Und auch Christina schwieg und zog mit der Spitze ihrer Zigarette kleine, verschlungene Gräben in die graue Asche im Aschenbecher. Dann richtete sie sich plötzlich auf und sagte: „Entschuldige, ich wollt dich nicht vollquatschen.“
    Wagner blickte Christina an und legte endlich den Kaffeelöffel neben die Tasse.
    „Ist schon okay. Ich versteh dich.“
    „Wirklich?“
    „Klar.“
    „Nein. Das kann niemand verstehen. Niemand, der noch nicht den Tod eines geliebten Menschen erlebt hat.“
    „Doch.“ Wagner kam der rettende Gedanke. „Doch, ich versteh das. Mein Vater ist vor kurzem gestorben.“
    Vor kurzem – das war natürlich gelogen. Aber es machte die Sache dramatischer.
    Christina zog weiter Spuren in die Asche.
    „Dein Vater?“
    „Ja, mein Vater.“
    „Entschuldige, das hab ich nicht gewusst.“
    „Woher auch.“
    „Und deine Mutter? Die lebt noch?“
    „Ja. Falls man dazu noch leben sagen kann.“
    Christina sah ihn fragend an. Wagner grinste verlegen und stand auf.
    „’tschuldigung, ich muss mal.“
    Als er zurückkam, stand eine frische Tasse Kaffee auf dem Tisch. „Der andere war ja schon ganz kalt. Zu Tode gerührt. Also, was ist jetzt mit deiner Mutter? Übrigens, Zucker ist schon drin.“ Wagner nahm einen großen Schluck und noch einen. Dann stützte er sich mit den Ellbogen auf den Tisch, hielt die Tasse mit beiden Händen unter die Nase und sog den Kaffeeduft ein. „Meine Mutter … interessiert dich das wirklich?“
    „Erzähl schon.“
    „Ich weiß auch nicht – aber seit Vater tot ist, wird sie immer sonderbarer. Lebt nur mehr in der Vergangenheit. Das ganze Haus ist ein einziges Museum.“
    „Ist doch normal für eine alte Frau.“
    „Schon. Aber nicht, wenn’s so extrem ist. Alle Zimmer sind vollgeräumt mit Sachen von früher. Wenn ich etwas wegwerfen will, spielt sie verrückt. Neuerdings hat sie sogar alle Türen zugesperrt und gibt die Schlüssel nicht her. Aber sonst lässt sie alles verkommen. Du solltest einmal den Garten sehn. Der reinste Urwald. Aber ich darf nichts anrühren. Wenn ich einen Ast abschneiden will, muss ich das heimlich machen, während sie ihren Nachmittagsschlaf hält, damit sie’s nur ja nicht merkt. Dabei war der Garten einmal wirklich schön.“
    „Ich erinner’ mich. Du hast mir das Haus einmal gezeigt. Dein Vater hat gerade die Wiese gemäht und deine Mutter hat im Garten Wäsche aufgehängt. War irgendwie idyllisch. Fast romantisch. Aber vorgestellt hast du mich deinen Eltern ja nie.“
    Wagner nahm einen Schluck Kaffee und sah Christina verlegen an.
    „Die wären ausgeflippt. Ihr Sohn mit so einer jungen Freundin. Das hätten die nie verstanden.“
    „Alles klar. Aber was hast du jetzt vor? Wär’ ein Altenheim nicht das Beste für deine Mutter? Oder wenigstens eine Pflegerin oder so?“
    „Keine Chance. Davon will sie nichts wissen. Einmal hab ich’smit einer Altenhelferin versucht, aber die hat schon nach einem Tag das Handtuch geworfen. Mutter hat sie beschuldigt, sie wäre nur ins Haus gekommen, um sie zu bestehlen.“
    „Und? Hat sie?“
    „Natürlich nicht. Meine Mutter hat sich da in irgendwas hineingesteigert. Sie wird
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