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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat
Autoren: Ludwig Tieck
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Acker eines guten Landmannes, geschlagen, und man grübelt, deutelt und prophezeit nun, was dieser sonderbare Fall zu bedeuten habe. Einige meinen, es sage uns den Tod unsers guten alten Herzoges an, manche böse Menschen gehen noch weiter, und meinen, unser Philipp würde sterben, und unter seinem Sohne Carl, dem verwegenen Fürsten, das ganze Land zugrunde gehen.
    Am einfachsten, sagte der alte Ritter, ist anzunehmen, daß die ganze Sache erlogen sei, wie es denn viele dergleichen kindische Märchen gibt, an denen sich das gemeine Volk ergötzt.
    Nein! nein! rief der Maler, der Naturfreund Melchior, der so viele Steine sammelt, hatte sich gleich ein Stückchen von dieser Materie senden lassen, und zeigte es den Neugierigen vor.
    Und wie sahe es aus? fragte Beaufort.
    Halb wie Glas, antwortete Labitte, wie so grobes, grünliches, trübes, dickes Glas in der Masse, halb wie Eisenschlacke, halb wie ganz unförmlich gestaltet, halb wie ein Ding, das man schon sonst gesehen hat, und dann wieder wie etwas, worauf sich keiner besinnen kann. Es ist eben ein kurioses Ding, und verdient wohl eine genauere Betrachtung, denn ich dachte gleich daran, daß sich so was nicht malen ließe, und in einem Bilde eine schlechte Figur machen würde.
    Der alte Ritter lachte über die Beschreibung und sagte: Sollte es nicht vielleicht wirklich eine Erzschlacke sein, die man aus einem Bergwerke gebracht hat?
    Nein, sagte Labitte, denn dergleichen unnützes unterirdisches Ungeziefer habe ich wohl oft schon auf meinen Reisen sonst gesehn. Der freundliche Denker und Philosoph, der Küster drüben an unsrer Kathedrale, der Dichter Wundrich, sagte: es sei offenbar ein Stück, welches vom Mond heruntergefallen sei. Er glaubte nämlich, die Gestirne hätten ebensogut Krankheiten zu überstehen, wie die Menschen und Tiere, und unsre Erde sei auch nicht von solchen Fiebern, Katarrhen, Koliken, Gicht und Schwindsucht freizusprechen. Er habe seit lange unsern alten herkömmlichen Mond beobachtet, und nach seinem unparteiischen Urteil aussagen müssen, daß er schon seit einigen Jahren an einer bedenklichen Blässe leide. Diese zeige sich um so auffallender, wenn er in der Fülle sein rundes Gesicht aufblasen und uns die runden Backen und seine aufgetriebenen Augen so recht vollständig hinhalte. Neulich, sagte Wundrich, als ich in einer Frühlingsnacht den Kunden beobachtete, erschrak ich fast über die Gesichter, die er plötzlich schnitt, denn es war nicht anders, als wollte er nun eben zu sprechen und zu heulen anfangen. Seht, Männer, fuhr der gelehrte Küster fort, mag es nun sein, was es will, aber er hat sich etwas zu Gemüte gezogen, er ist nicht mehr der Alte, jener rüstige, frische, unermüdete Nachtwanderer, mit dem kerngesunden, roten, feurigen Antlitz, das dem dicken Dorfschulzen gleicht, wenn er abends aus der Schenke kommt, sondern er pimpelt, blässelt, und wimmelt und wabbelt nur so nächtlich dahin, und so ist es natürlich, daß er abbröckelt, in Nerven- oder Altersschwäche hie und dort ein Stück von seinen Gliedern und Bestandteilen abfallen läßt, die nun uns, seinen nächsten Erben und Nachbarn, zusterben. Drum eben, fuhr der Naturfreund fort, merken wir nichts davon, wenn andre Gestirne, Sirius, Orion, Bär, Löwe oder Morgenstern dergleichen Anwandlungen kriegen, weil sie uns zu entfernt ihr Wesen treiben. Ich selbst aber fürchte fast, wenn unser Küster recht haben sollte, daß es so in kurzem um den ganzen lieben Mond getan sein möchte, und, wenn alles so beschaffen ist, wie das, was er uns jetzt gesendet hat, so ist es nicht der Mühe wert, auf seinen Sterbefall und sein Vermächtnis Hoffnungen zu gründen, denn der Bauer meint, zu gar nichts sei der Abfall der Mondwelt und diese Probezeichnung des jüngsten Tages zu gebrauchen, sondern es liege nur seinem Acker zur Last und verderbe ihn. Man will also das dumme Ding einer überreifen, ins Holz gewachsenen Schöpfung dort wegnehmen, und zum Angedenken der wunderbaren Begebenheit in der Kirche aufhängen. Fragt sich nur, ob der Mond, wenn die Umstände sich wieder einmal ändern, und er den Rausch ausgeschlafen hat, nicht diesen alten Knopf von seinem Alltagswams, oder was es sein mag, wieder zurückfordert, um ihn sich von der Jungfrau am Himmel wieder an seine Stelle, wo er hingehört, nähen zu lassen.
    Die Sache läßt sich bedenken, sagte der Ritter Beaufort: indessen hat das was für sich, was jener Mann von der Krankheit der Planeten vermutet und fürchtet. Ein
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