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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat
Autoren: Ludwig Tieck
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Pudel, und dessen Lob wurde von neuem gesungen. So eröffnete er uns denn endlich, wie er gestern unvermutet die Entdeckung gemacht habe, daß das gute verständige Vieh seine besten Eigenschaften verberge und verschweige; er habe diesen Tyras nämlich überrascht, der sich dessen nicht versehen habe, wie er Geschichte hinter seinem Rücken studiere und mit großem Eifer lese, so von dem Gegenstande hingerissen, daß er ihn selbst, seinen Herrn, nicht einmal bemerkt habe. Wie er nach zwei Stunden zurückgekommen, sei das Buch wieder an seinen Platz gestellt gewesen, und der bescheidne Student habe wieder, als sei nichts vorgefallen, und als könne er kein Wasser trüben, auf die gewöhnliche Hundeweise unter dem Bette gelegen. Mit ernster Miene hörten wir zu, und erklärten dann, er erzähle uns in dieser Sache nichts Neues, denn wir hätten dergleichen schon längst gemerkt, wie der Hund seine Abwesenheit benutze, um sich, ohne damit zu prahlen, im stillen mehr auszubilden. Keiner hätte ihm etwas davon sagen wollen, weil er schon so oft klage, daß man ihn necke; man sei aber überzeugt, der Hund werde sich auch nächstens im Schreiben, vielleicht im Malen üben.
    Der Alte war entzückt und rief aus: Wenn mein Tyras mich einmal durch ein gelungenes Bild von eigener Erfindung überrascht, oder durch ein gutes Gedicht, so soll er bei mir zeitlebens die besten Tage haben. Welch ein Hund! Man kann ja von ihm noch das Unwahrscheinliche, ja das Unmögliche erwarten, da er es schon so weit gebracht hat. – So sehr sich meine Spielgenossen über diese Albernheit des Alten freuten, so war mir diese seine mehr als kindliche Einfalt eine zu rührende Erscheinung, als um es dulden zu können, daß er noch länger ein Spielball der übermütigen Jugend sein sollte. Ich ging am folgenden Morgen zu ihm, und eröffnete ihm den ganzen Handel. Er war sehr bestürzt und traurig, nicht darüber, daß man ihn so arg geneckt hatte, sondern daß seinem Hunde nun jene Fähigkeit abgehe, über welche er sich schon so sehr gefreut habe. Es ist doch jammerschade, sagte er dann, daß so alles Geschaffene sich in Schranken bewegen muß. Man findet doch auch so gar nichts, bei dem nicht das Hohe und Geistige mit dem Nichtigen, dem ganz Armseligen verbunden ist, ja in diesem Dummen, Nichtsnutzigen nur wurzeln und aus ihm erwachsen kann. Unsre schönsten Gemälde stehn da auf Holz, die Farben sind Saft aus Pflanzen, Pulver aus Erde und Metall. Staub, Nässe, Licht, alles arbeitet daran, den Schimmer wieder zu trüben. Der Dichter singt, und wird heiser, er vertraut dem Pergament und dem Papier seine hellen Gedanken; sie vergehen und verschrumpfen, und haben nur für wenige, in wenigen Augenblicken geleuchtet. Wie man sich begeistert dünken mag, so fällt man doch, wie sich der Zeiger der Uhr nur etwas weiterbewegt, in Müdigkeit, Hunger und Durst zurück, und was eben noch das Feuer ins Auge trieb, ist jetzt ein kalter, oder unverständlicher, oder selbst widerwärtiger Gedanke. Der Hund versteht mich nicht, und ich nicht den Hund. Von dem Geheimnis der Welt und der Schöpfung weiß ich nun gar nichts, und ihr, junges Volk, versteht nicht einmal, wie man die Farben reiben muß. Warum rot rot, und blau blau ist, weiß kein Mensch; noch weniger, was das Rot ist. Wir gehen ebensogut, wie Tyras, auf vier Beinen; er kann dienen und Schildwacht stehen, aber er muß doch wieder in die Quadratur seiner Füße und Bestimmung zurück. Wir richten auch unsern Geist nach oben, und sind beflügelt, schauen und glauben, und müssen platt wieder zur Erde in den Staub niederfallen. – So räsonierte er viel durcheinander, nahm dann mein Taschentuch und hieß mich gehen. Als ich auf der Straße in einem fernen Teil der Stadt war, rannte mir der weiße Pudel nach, sprang an mich hinauf, zerrte mich am Kleide, und belferte und kläffte in seinen hohen Tönen, mit denen er Freundlichkeit ausdrückte. Ich merkte nun wohl, daß er mich zurückhaben wollte, und ging auch mit ihm wieder nach der Wohnung seines Herrn. – Da seid Ihr wieder, rief mir der Maler lachend entgegen. Seht Ihr nun wohl, daß in seinem Fache der Hund mehr ist als wir alle? – Ich wies ihm nach einer halben Stunde nur Euer Tuch und winkte damit hinaus, er beschnupperte es eifrig, sprang Euch nach und hat Euch durch die Witterung bald ausgefunden. Macht das einmal nach, wenn ich Euch auch deutlich sage, holt mir den Ferdinand, Boppo, den Melzer, oder wer es nur sei. Trefft Ihr sie nicht zu
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