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Hexennacht

Hexennacht

Titel: Hexennacht
Autoren: Robert Asprin
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eigentlich nicht wollten. Doch nach allem, was Anbarbi durchblicken ließ, befand sich ein Kind auf dem Kahn. Zumindest, als er auslief.«
    »Und er wird heute abend hier anlegen?« fragte der Cirdonier. Er hatte seinen Krug abgesetzt und spannte die Finger, als wolle er die Steifheit aus ihnen vertreiben.
    »Oh ...«, entfuhr es Hort. Er erinnerte sich, daß er ja nur einen Bericht erstatten sollte und nicht eine Geschichte mit interessanten Ausschmückungen, wie ein Geschichtenerzähler es eben tat, damit die Münzen in seinem Beutel klimperten. »Nein, nicht hier. Etwa eine Meile westlich von Abwind liegt eine Bucht. Schmuggler benutzten sie, bis die Beysiber kamen.
    Dort stehen Ruinen, die älter sind, als jemand mit Sicherheit weiß: ein Tempel und ein paar andere Bauwerke. Niemand hat jetzt Verwendung für sie, allerdings bin ich überzeugt, daß die Schmuggler sie wieder übernehmen werden, sobald sich hier alles beruhigt hat. Das Schiff aus dem Totenhafen wird dort gegen Mitternacht anlegen, denke ich. Ich verdiene mir den Lebensunterhalt durch Geschichtenerzählen und habe gelernt, ein Wort zum andern zu fügen, von allem, was man mir zuträgt oder was ich durch Zufall höre. Doch gewöhnlich spielt es keine Rolle, ob meine Geschichte genauso wird, wie die Götter sie geplant hatten.«
    »Nun«, sagte Samlor, »ich glaube nicht, daß ich bis Einbruch der Dunkelheit warten sollte, um der Bucht einen Besuch abzustatten. Bestimmt wird es Wachleute dort geben . Doch damit beschäftigten wir uns, wenn es soweit ist .« Er machte eine Pause; statt weiterhin über den Hafen zu schauen, blickte er den jungen Mann fest an. »Wir einigten uns darauf, daß Ihr als Bezahlung die ganze Geschichte von mir erfahren würdet, sobald ich sie zusammen habe . Und Ihr werdet sie bekommen. Aber möglicherweise werde ich nach heute nacht nicht mehr imstande sein zu reden. Darum nehmt dies . « Seine geballte Hand fuhr über Horts und öffnete sich, um ihren Inhalt zu übergeben. »Und seid meiner Freundschaft versichert. Ihr habt Euch meinetwegen in Gefahr gebracht, obgleich weder Blut noch Ehre Euch dazu trieb.«
    »Noch etwas«, sagte der Jüngling. »Die Beysiber oder vielmehr der Setmur-Clan sind echte Seeleute, und sie verstehen auch viel vom Fischen . Aber über die Küste um Freistatt wissen sie nicht alles. Beispielsweise dürften sie keine Ahnung von dem Tunnel haben, der durch die östliche Landspitze der Bucht führt, die sie ausgewählt haben - für was immer auch.« Hort rang sich ein schwaches Lächeln ab. Schweiß perlte auf seiner Stirn. Das Risiko, das er einging, indem er sich mit dem Fremden einließ, war keine Einbildung, obgleich er noch weniger als Samlor ahnte, welche Gefahren ihn erwarten mochten. »Ein Tunneleingang befindet sich unter dem Überhang der Landspitze. Bei Flut könnt Ihr direkt hineinrudern. Wenn Ihr die Steinplatte am anderen Ende zur Seite hebt, gelangt Ihr geradewegs in den Tempel.«
    Aus der Miene seines Zuhörers las Hort, daß seine Geschichte ihn auf fast ehrfürchtige Weise gefesselt hatte. Und was konnte man von einer Geschichte mehr verlangen? Der junge Einheimische stand auf. Die Hochachtung des kräftigen Fremden hatten ihm neuen Mut und neue Kraft geschenkt. »Mögen Eure Götter Euch beschützen und auf den richtigen Weg leiten, mein Herr.« Hort drückte dem Cirdonier fest die Hand. »Ich kann es kaum erwarten, Eure Geschichte zu hören.«
    Er verbeugte sich, nickte den anderen Gästen zu und verließ die Schenke. Samlor schüttelte den Kopf. In einer Welt, die voll von Haien und Stockfischen zu sein schien, waren Horts Mut und Hilfsbereitschaft ebenso bewundernswert wie selten.
    Zu sagen, daß Samlor sich wie ein Idiot vorkam, wäre noch eine Untertreibung gewesen. Doch es war ihm in der Eile kein anderer Plan eingefallen, den er allein hätte durchführen können. Und der Cirdonier hatte, jedenfalls im Augenblick, nicht vor, andere mit hineinzuziehen.
    Er hatte sich einen Karren mit Maultieren gemietet. Damit würde er bei einer Erkundung der Bucht weniger auffallen als mit einem Pferd. Mit dem Karren hatte er auch das winzige Boot zur bestmöglichen Uferstelle in der Nähe der Landzunge gebracht, die er auf die schnelle hatte finden können.
    Das Land, auf dem man Freistatt errichtete, war zum größten Teil von Sümpfen umgeben. Die Küste im Westen hatten Stürme zerklüftet. Der Kalksteinüberhang hob sich zwischen zehn und fünfzig Fuß über das Wasser, teilweise steil
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