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Hexennacht

Hexennacht

Titel: Hexennacht
Autoren: Robert Asprin
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sich auf und blickte in die maskierten Augen. »Wie könnt Ihr so sicher sein, daß meine Männer nicht längst den Befehl haben, Euch da draußen mit ihren Klingen in Empfang zu nehmen?«
    Der Cirdonier zuckte erneut die Schultern. »Ich bin Geschäftsmann. Ich verstehe etwas von Risiken. Bis ich auf der Gasse draußen bin und das erste fremde Gesicht sehe, werdet Ihr hier längst verschwunden sein. Den Unterschlupf habt Ihr bereits abgeschrieben. Es gibt also keinen Grund mehr, mich zu töten.« Er zuckte wieder die Schultern. »Außerdem schätze ich die Chancen, an Euren Leuten da unten unbemerkt vorbeizukommen, eins zu tausend, oder geringer, außer - in der Dunkelheit.« Bevor der andere erwidern konnte, fuhr er fort: »Sicher gibt es Leute, die hinter Euch her sind, aber bisher ist keiner dabei, der entschlossen genug wäre, die Stadt Haus für Haus niederzubrennen, um Euer habhaft zu werden.«
    Samlor griff erneut nach der Falltür und hielt noch einmal inne. »Vielleicht denkt Ihr, daß ich Euch nur Lügen erzählt habe, Anführer«, sagte er ernst. »Vielleicht stimmt das sogar. Aber jetzt sage ich die Wahrheit. Bei der Ehre meines Hauses.« Er schloß die Faust um das Medaillon Heqts an seiner Brust.
    Der Maskierte nickte. Als Samlor durch die Falltür in die Dunkelheit stieg, rief die Stimme von oben barsch: »Laßt ihn gehen! Laßt ihn für dieses Mal gehen!«
    Das Wasser des Hafens schimmerte in der Mittagssonne. Der Schaum war wie Perlmutt, die Fischabfälle schillerten prächtig, und das Wasser selbst, eine Kloake aus städtischen Abwässern, funkelte wie Geschmeide aus Diamanten und Topasen. Samlor trank sein Bier in der Hafenkneipe. Seit drei Tagen kehrte er am Mittag hier ein, um auf Horts Rückkehr zu warten. Der Cirdonier fragte sich, wie es dort war, wo sich Stern befand, und ob es ihr gefiel.
    Plötzlich gab es Aufruhr auf einem der Kais. Durch die offene Vorderseite der Schenke konnte er alles gut erkennen. Drei Beysiber waren mit dem Einsetzen eines Mastes in einem Schleppnetzboot beschäftigt, als ein Reitertrupp - ebenfalls Beysiber, doch üppig mit edlen Metallen und Brokat herausgeputzte - auf den Kai kam. Die Abteilung hielt neben dem Boot an. Die Männer an Bord waren ebenso überrascht wie die Zuschauer, als die Soldaten abstiegen, auf das Boot sprangen und Befehle brüllten, denen sie mit drohend erhobenen Schwertern Nachdruck verliehen.
    Neun der Reiter waren damit beschäftigt, die überraschten Fischer zu fesseln und die Pferde ruhig zu halten. Der zehnte sah mit kalten Augen zu. Er trug einen Helm, der vergoldet oder aus Gold war und den ein dreifacher Federbusch zierte. Als er sich zur Seite wandte, als ob die Szenerie ihn langweilte, erkannte Samlor das Gesicht. Der Mann war Lord Tudhaliya, der Henker, der seine Meisterschaft mit den Schwertern vor einigen Tagen an einem Ilsiger->Tier< vorgeführt hatte.
    Die Fischer protestierten, bis Stricke um ihre Hälse gelegt wurden und die Schlingen sich zusammenzogen. Dann wurden sie gezwungen, den Soldaten zu folgen.
    Die Soldaten saßen wieder auf. Auf den Karawanenmeister wirkte ihr wirres Durcheinanderrufen undiszipliniert, aber es behinderte ihre unverkennbare Tüchtigkeit in keiner Weise. Drei knüpften die Stricke an ihre Sattelknäufe. Tudhaliya bellte einen Befehl, und die Abteilung trabte den Weg zurück, den sie gekommen war. Wer am Kai zu tun hatte, wich hastig den Hufen aus. Die Fischer brabbelten vor Angst und bemühten sich, mit den Pferden Schritt zu halten, um nicht zertrampelt zu werden - es war kaum zu erwarten, daß die Reiter ihre Rosse ihretwegen rechtzeitig haltmachen ließen.
    In der Schenke saßen sechs Stammgäste: Fischer und Fischhändler. Als Samlor den Blick von den Beysibern nahm, stellte er fest, daß die Einheimischen ihn anstarrten. Er runzelte verwundert die Stirn, aber kaum hatten die anderen Gäste sich etwas verwirrt wieder ihren Krügen zugewandt, wurde ihm klar, weshalb sie ihn so angestarrt hatten. Der Cirdonier hatte nichts mit dieser Verhaftung auf dem Kai zu tun, aber mit der Schenke ebensowenig. Er hatte die letzten drei Mittage hier gesessen -und am dritten hatten die Beysiber hier eine Verhaftung vorgenommen! Für die Fischer mochte das nicht wie ein Zufall wirken. Sie hatten keine Rechte in dieser Stadt und waren der aufgezwungenen Obrigkeit so gut wie hilflos ausgeliefert. Kein Wunder, daß die beysibischen Fischer, denen es offenbar nicht besser ging, sich einen Gott genommen hatten, den
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