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Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Roswitha Hedrun
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hatte. Wortlos umschritten sie das Bauwerk, hielten hin und wieder inne, um bildhauerische Details zu bewundern, bisweilen trennten sie sich auch und fanden dann wieder zueinander. Lukas war von den mannigfaltigen Eindrücken gefangen. Als sie schließlich wieder an ihren Ausgangspunkt gelangt waren und Lukas sich neuerlich in den Anblick des Hauptportals vertiefen wollte, schlug Alphonse ihm eine Pause in einem Weingarten vor, um sich lieber anschließend erfrischt nochmal diesem Portal zu widmen. Nach kurzem Zögern stimmte Lukas einsichtig zu.
Es hatte ein Weingarten sein müssen, denn Wein war Alphonses stete Versuchung. Auch jetzt genoss er einen Becher nach dem anderen. Lukas entging diese fatale Tatsache, weil Alphonse es verstand, sich stets unauffällig nachzuschenken, in großen Zügen zu trinken und dann nie betrunken wirkte. Berauscht hingegen war jetzt Lukas, allerdings von den soeben gewonnenen Eindrücken. Das sei wahre Kunst, brachte er wiederholt hervor, von der Gesamtwirkung her bis ins Kleinste. Jetzt sei er noch sicherer, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben, diese hohe Kunst wolle er ergründen, hier in Italien, und davon könne ihn niemand mehr abhalten. Alphonse freute sich über seine Entschlossenheit.
Sie verweilten länger auf ihren Gartenstühlen als vorgehabt, die Sonne warf bereits lange Schatten, als sie aufbrachen.
Während sie dann erneut das Hauptportal bestaunten, wurde Lukas noch deutlicher, dass sakrale Kunst durchaus heiter stimmen kann. Erfreut über Lukas' Reaktion räumte Alphonse ihm ausreichend Zeit für seine Betrachtungen ein. Erst als er erkannte, dass Lukas wieder ansprechbar war, tat er ihm seine zwischenzeitliche Beobachtung kund: "Erschrick nicht, Lukas, wir werden schon eine geraume Weile beäugt."
"Wo? Von wem?", fuhr Lukas zusammen, worauf Alphonse ihn beschwichtigte:
"Mais non, es ist ein harmloser junger Italiener. Ein hübscher Bengel."
Nun entdeckte auch Lukas diesen jungen Italiener, wenige Schritte von ihnen entfernt stand er da und blickte unentwegt in ihre Richtung. "Was will der von uns?", rätselte er, worauf Alphonse meinte:
"Sieht aus, als gefällst du ihm."
"I c h ?"
Alphonse schmunzelte: "Du bist ein attraktiver Bursche, wahrscheinlich sein Geschmack. Erschüttert das dein braves Weltbild?"
Lukas schwankte der Boden unter den Füßen. Er hatte sich ja in Tirol auf vieles für seine hiesige Rolle vorbereitet, aber Homosexualität war darin nicht vorgekommen. Plötzlich von Zorn gepackt, ruckte er seinen Kopf in die Richtung des Jünglings und funkelte ihn warnend aus seinen gelben Augen an. Der senkte darauf erschreckt die Lider. Und gleich drauf erkannte Lukas aus dem Augenwinkel, dass er sich zurückzog.
"Jetzt hast du ihn verscheucht", tat Alphonse vorwurfsvoll, und als er Lukas' noch immer wütenden Ausdruck bemerkte, setzte er hinzu: "Mit deiner roten Mähne und diesem wilden Blick hat er dich für eine Raubkatze gehalten."
"Hoffentlich doch!", ging Lukas scherzend darauf ein.
"Im Ernst, Lukas, Respekt vor deinem Auftritt eben, damit kannst du selbst einem gestandenen Mann Gänsehaut einjagen."
Diese Anerkennung aus Alphonses Mund stärkte Lukas' Rückrat, wodurch er sich auf ihrem anschließenden Weg zum Gasthof nicht nur drei, sondern fünf Querfinger größer vorkam als sein Begleiter.

    'Jetzt bin ich dir kein so lästiger Reiter mehr, wie? Und das wird auch künftig so bleiben', verhieß Lukas seinem behäbigen Grauschimmel Oskar, wobei er ihm den Hals tätschelte.
Da Alphonse den heutigen Vormittag wieder bei seiner Donna Angelina verbrachte, probierte Lukas nun, ob er wieder beschwerdefrei reiten könne. Ja, konnte er. Unwillkürlich schlug er die Richtung zum Dom ein.
Dort angelangt, stieg er aus dem Sattel und band Oskar an einem Stellplatz fest. Dann schritt er vor zum Hauptportal, und da dessen beide Flügel weit aufstanden, trat er ein. Drinnen empfing ihn sogleich jene andächtige Ruhe, die jedes Gotteshaus erfüllt, doch als er tiefer hineingelangte, vernichteten Männerstimmen die Stille. Beim Nähertreten erkannte er mehrere Bauleute, die prüfend einige Säulen abklopften, mit Messlatten hantierten und sich Notizen machten. Kein geeigneter Zeitpunkt für eine Besichtigung, musste sich Lukas sagen, weshalb er das Gebäude wieder verließ.
Am Rand des Domplatzes ließ er sich auf eine Mauer nieder und genoss den Anblick des von der Morgensonne beleuchteten Bauwerks.
Plötzlich wurde er angesprochen: "Buon giorno, Don! Verzeiht,
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