Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexenkatze - Roman

Hexenkatze - Roman

Titel: Hexenkatze - Roman
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
zurückzuführen war.
    »Das Bienchen nascht an vielen Blumen, was?«, neckte Alex sie.
    »Das Bienchen sammelt den Honig der Erfahrung, denke ich.«
    »Sehr wichtig. Bienchen, summst du uns etwas vor?«
    Micki zierte sich eine Weile, dann lief sie aber doch nach oben, um das Instrument zu holen.
    »Ich kann aber erst drei Lieder«, entschuldigte sie sich, als sie sich auf dem Sessel zurechtsetzte.
    »Immerhin besser als Tonleitern.«
    »Nö, die brauch ich nicht üben. Thomas unterrichtet nach der Ganzheitsmethode. Ich lerne immer die Griffe für ein Lied.«
    »Und was bekommen wir dargeboten?«
    »Ja, also, Tommy hat eine Vorliebe für so ältere Sachen. So mehr Balladen und so Zeugs.«
    »Und du glaubst, das ist nicht modern genug für uns?«
    Sie grinste entschuldigend und konzentrierte sich dann auf ihre Griffe. Ich hatte sie schon ein paar Mal üben gehört, aber vorgespielt hatte sie mir auch noch nichts. Es zeigte sich, dass sie überaus gefährliches Liedgut beherrschte. Sie überraschte mit einer erstaunlich gut vorgetragenenVersion von »The Rose«. Das Kind hatte die Stimme von Jerrys Ahnen mitbekommen, wenn sie auch noch nicht ausgewachsen war. Und es war nur die intensive Beschäftigung mit der Gitarre, die sie davon abhielt, bei der Zeile: »It’s the heart afraid of breaking, that never learned to love« aufzusehen.
    Wir spendeten ihr Beifall, und ihre Wangen dunkelten nach.
    Dann strich sie wieder über die Saiten und bot uns etwas harmloser »Amazing Grace«. Aber mit den dritten Lied setzte sie dann »Greensleeves« drauf, was mir fast die Tränen in die Augen trieb.
    »Man soll ja nicht voreilig sein, aber ich habe fast das Gefühl, deine Tochter hat ein Talent für die Musik. Und auch für dieses Instrument.«
    »Oh, glaubst du wirklich, Alex?«
    Micki dunkelte noch tiefer nach.
    »Mh.«
    Und ich dachte still für mich: Bloß nicht übertreiben, Alex!
    »Kannst du auch Gitarre spielen?« Micki hatte sich von dem Kompliment erholt.
    »Vor langer Zeit habe ich ein bisschen rumgeklimpert.«
    »Seemannslieder, was? ›What shall we do with the drunken Sailor‹ und so passende Kamellen?«
    »So, das ist deine Meinung von den Seeleuten?«
    »Na, was man so hört …«
    »Gib sie mir mal. Ich will mal sehen, ob ich noch ein paar einfache Akkorde greifen kann.«
    Er konnte. Und zwar nicht schlecht. Er stimmte ein bisschen die Saiten und präludierte versuchsweise ein paar Melodien. Micki saß hoch aufgerichtet da und schaute ihm gebannt zu.
    »Toll!«, meinte sie, als er eine Pause machte. »Kannst du auch was singen?«
    »Shanties?«
    »Was für Teile?«
    »Seemannslieder, du ungebildetes Geschöpf«, feixte ich. Es war richtig herrlich mit den beiden.
    »Ich bin nicht gerade ein Pavarotti.«
    »Nein, Joe Cocker käme dir schon näher.«
    »Na, komm. Micki hat sich auch geoutet, jetzt bist du dran.«
    Er sang den Klassiker der Klassiker: »House of Rising Sun«. Und meine Nackenhaare sträubten sich.
    »Whow, das war stark.«
    »Und was singst du, Deba?«
    »Nichts. Ich singe noch nicht mal in der Badewanne. Weil ich dann immer Angst hab, die Kacheln springen von den Wänden.«
    »Überrede Mam bloß nicht. Sie kann keinen Ton halten.«
     
    Es war ein harmonischer Beginn des Wochenendes, das keine Anzeichen eines drohenden Schattens beinhaltete.
    Samstag verschwand Micki zu Kevin, musste abends zu einer Freundin, Geburtstag feiern, musste, wie sich das in ihren Kreisen so gehörte, am Sonntag mit aufräumen helfen und kam erst am späten Nachmittag zurück. Alex und ich verbrachten den Samstagabend und die Nacht zusammen, sehr friedlich, ohne Auseinandersetzungen über Prinzipien. Ich gratulierte mir zu meinem diplomatischen Geschick, aber auch er vermied Konfliktthemen. Erstaunlicherweise kam im Laufe des Sonntags auch Xenia kurz bei mir vorbei. Ganz klar war mir nicht, was sie wollte. Sie spielte ein paar Minuten mit Holly und Misty, erzählte zwei, drei Anekdoten aus dem Nachtleben und verschwand dann wieder. Vielleicht war es eine Goodwill-Aktion. Aber ich war bei ihr immer noch misstrauisch.
     
    »Deba, ich würde gerne bei dir bleiben, aber morgen früh haben wir schon um acht eine wichtige Besprechung, für die ich Faulpelz noch etwas vorbereiten muss«, sagte Alex gegen halb elf zu mir. Wir hatten Wein aus meinen neuen Kristallgläsern getrunken und uns über alles und nichts unterhalten. Eigentlich hatte ich an diesem Wochenende meine Bedenken wegen Xenias Umtrieben erwähnen wollen, aber
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher