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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold
Autoren: Heidi Rehn
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in ihrem Leben weit herumgekommen.«
    »Stimmt. Als Söldnertochter im Heerestross hat sie es nie lange an einer Stelle ausgehalten. Ob sie sich in einer so langweiligen Stadt wie Frankfurt überhaupt wohlfühlt?« Sie reckte die Nase in die Luft. Für einen Moment überragte sie ihren kräftig gebauten Gatten. Sofort schob der die Brust heraus und sah sie mahnend an. Seine Worte klangen streng: »Ihr zwei Frauen werdet euch mindestens ebenso gut verstehen wie Eric und ich. Dank der gemeinsamen Erbschaft sind wir nicht nur eine Familie geworden. Eric und ich sind außerdem Teilhaber eines Kontors und damit in all unseren Geschicken eng miteinander verbunden.«
    »Du vergisst, welch hohen Preis wir dafür gezahlt haben«, entgegnete sie harsch. »Warum muss Eric ausgerechnet deinen lang verschollenen Vetter spielen? Dadurch hat er dich von der direkten Nachfolge deines Oheims verdrängt. Ohne dieses Theater könntest du das Kontor allein führen.«
    »Und du vergisst, dass wir ohne Erics Hilfe nicht einmal mehr den kleinsten Teil des Kontors besäßen. Statt weiterhin in dem Haus in der Sandgasse zu wohnen und zumindest Teilhaber von Onkel Friedrichs Geschäft zu sein, stünden wir ohne einen einzigen Heller auf der Straße, wenn sie uns nicht gleich mit Schimpf und Schande aus der Stadt gejagt hätten.« Vinzents Stimme war schneidend geworden.
    »Um uns davor zu bewahren, hättest du ihn aber nicht gleich als erbberechtigten Vetter ausgeben müssen. Hättest du mich rechtzeitig eingeweiht, wäre uns gewiss noch eine andere Lösung eingefallen. Fürchtest du nicht, dass jemand anderes durchschaut, was es mit dem plötzlichen Auftauchen Erics als deinem lang verschollenen Vetter und Onkel Friedrichs Neffen auf sich hat? Das ist doch alles fadenscheinig.« Sie raffte den Rock und sprang geziert einen Schritt zur Seite, um einem halbverfaulten Kohl auszuweichen.
    »Wenn Eric sich nicht als Neffe von Onkel Friedrich ausgegeben hätte, wären unsere Familienverhältnisse auf der Suche nach rechtmäßigen Erben genauer untersucht worden.« Energisch riss Vinzent Adelaide am Arm, so dass sie gezwungen war, stehen zu bleiben. Bevor er weiter ausführen konnte, warum das so bedrohlich gewesen wäre, musste er Haltung annehmen und freundlich lächeln, denn aus einem Hoftor kam ihnen die Apothekergattin Petersen entgegen. Adelaide und Vinzent verbeugten sich knapp, aber nicht zu tief vor ihr, was sie mit einem scheuen Lächeln erwiderte. Der Junge an ihrer Seite schnitt eine Grimasse. Adelaide übersah das geflissentlich. Ihrem eigenen Sohn hätte sie dafür eine kräftige Ohrfeige verpasst. Schweigend wartete Vinzent, bis sie außer Hörweite war, dann zischte er Adelaide wütend an: »Was denkst du, wie lange man gebraucht hätte, um herauszufinden, dass meine Eltern mich unehelich gezeugt haben? Obwohl Onkel Friedrich es mir fest versprochen hat, hat er den Fehltritt meiner Eltern nie aus den Taufbüchern gestrichen. Dabei hätte er dazu mehr als ein Mal gute Gelegenheit gehabt. Nur weil Eric Grohnert für meine ehrenhafte Herkunft gebürgt hat, ist uns das Schlimmste erspart worden. Damit hat er uns nicht nur unser Geld, sondern auch unsere Bürgerrechte bewahrt. Oder hast du vergessen, dass jeder, der nachweislich unehelich gezeugt wurde, laut Statuten der Stadt Frankfurt als nicht ehrenwert gilt?« Er hielt inne, atmete einmal tief ein und aus, ohne sie aus den Augen zu lassen, und fügte bitter hinzu: »Wie ich dich kenne, bist du die Letzte, die mit der Schmach der Unehrenhaftigkeit versehen aus der Stadt vertrieben werden will.«
    Erstaunt reckte Adelaide die Nase noch ein Stück höher. »Du hast es Eric also gesagt?« Forschend sah sie ihrem Gatten ins Gesicht. Ihre dunklen Augenbrauen waren zu finsteren, geraden Linien geworden.
    »Was?« Aufrecht hielt er ihrem Blick stand. »Dass zwischen der Heirat meiner Eltern und meiner Geburt nicht die geforderten neun Monate liegen? Natürlich habe ich ihm das erklärt. Wie hätte ich ihm sonst die Dringlichkeit vermitteln können, sich überhaupt auf den Trug mit der Erbschaft einzulassen? Andernfalls hätte er doch keinerlei Anlass gesehen, für meine ehrenwerte Abkunft zu bürgen. Und das wiederum ging nur, indem er sich selbst als Vetter zu erkennen gab. Weil er Onkel Friedrichs Vermögen bekommen hat, konnte er mir aus der misslichen Lage mit den offenen Wechseln helfen.«
    »Ja, ja, schon gut. Ich habe verstanden.« Schließlich verzog sie den Mund zu einem breiten
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