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Wofür schlägt dein Herz?

Wofür schlägt dein Herz?

Titel: Wofür schlägt dein Herz?
Autoren: Robyn Grady
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1. KAPITEL
    In der Sekunde, als Alex Wolfes Wagen vom Boden abhob, wusste er, dass die Situation prekär war. Und zwar von der Sorte: Entweder du wirst ernsthaft verletzt oder du kannst dich bereit machen, um deinem Schöpfer entgegenzutreten.
    Er hatte den Scheitelpunkt am Ende einer Geraden auf Melbournes führender Motorrennstrecke falsch berechnet und die Kurve zu weit genommen. Verbissen versuchte er, den Rennwagen zurückzuzwingen, doch als er Wasser auf der Fahrbahn stehen sah, ahnte Alex schon, was passieren würde. Aquaplaning brachte die Räder zum Durchdrehen. Der Wagen brach aus und krachte ungebremst in einen Wall aus Autoreifen, der gleichermaßen als Schutz für die Rennfahrer wie für die Zuschauermassen diente.
    Wie ein Stein, der aus einer Schleuder katapultiert wird, prallte er von der Gummiwand ab zurück auf die Rennstrecke, direkt vor das Feld seiner heranrasenden Konkurrenten. Was als Nächstes geschah, konnte er nicht sehen, doch der gewaltige Schlag, der ihn gen Himmel schickte, ließ Alex vermuten, dass ein anderer Wagen in seinen hineingekracht war.
    Und während er jetzt einen Meter über dem Boden durch die Luft segelte, schien die Zeit sich wie zäher Sirup in die Länge zu ziehen, während Bilder aus der Vergangenheit als grelle Blitze vor seinem inneren Auge aufflammten. Alex verwünschte sich selbst für seinen Leichtsinn und seine Dummheit.
    Seit drei Saisons rangierte er an der Weltspitze im internationalen Rennzirkus – für manche als bester Formel-1-Pilot aller Zeiten –, und dann beging er den Kardinalfehler aller Extrem- und Leistungssportler. Er war unkonzentriert, weil er an etwas Privates dachte!
    Das hätte niemals passierten dürfen, egal, wie sehr ihn die Nachricht, die er vor einer Stunde aus England erhalten hatte, schockiert hatte.
    Nach zwanzig langen Jahren war Jacob zurückgekehrt.
    Kein Wunder, dass seine Zwillingsschwester bereits seit Wochen versuchte, Kontakt zu ihm aufzunehmen! Ihre erste E-Mail hatte Alex ungelesen gelöscht und gleich darauf beschlossen, auch jede weitere Nachricht aus der Richtung bis zum Ende der Saison zu ignorieren. Er konnte es sich einfach nicht erlauben, wieder angreifbar und verletzlich zu werden, nur weil …
    Um Atem ringend, schob er die quälenden Gedanken beiseite. Er durfte sich einfach nicht ablenken lassen und damit basta.
    Während das Blut in seinen Ohren rauschte, biss Alex die Zähne zusammen und umklammerte das Steuer, um den Schlag abzufangen, als das 420-Kilo-Ungetüm erneut gegen die Gummiwand prallte. Sein Körper wurde nach vorn geschleudert, vom Gurt hart abgefangen, und Alex hörte ein Klick in seiner rechten Schulter. In der nächsten Sekunde überwältigte ihn ein sengender Schmerz, der ihm fast das Bewusstsein raubte.
    Wenigstens war der Wagen endlich zum Stehen gekommen. Doch das entspannte ihn nicht im Geringsten. Der Instinkt, den vollgetankten Rennwagen so schnell wie möglich zu verlassen, war fast übermächtig. Trotzdem kämpfte Alex verbissen gegen den Drang an, sich selbst zu befreien. Zu Beginn seiner Karriere war ihm eingebläut worden, auf sachkundige Hilfe zu warten. Als angeschlagener Fahrer, der orientierungslos über die Rennstrecke taumelte, konnte er viel zu leicht von nachfolgenden Wagen erfasst werden.
    Während er seinen schmerzenden Arm umklammerte, fluchte Alex wie nie zuvor in seinem Leben.
    In der Enge der zerstörten Fahrerkabine bekam er zunehmend klaustrophobische Gefühle. Dann hörte er außer den röhrenden Motoren irgendwo im Hintergrund Sirenengeheul, das immer näher kam. Das Rettungsteam!
    Endlich!
    Umgeben von Rauch, dem stechenden Geruch von verbranntem Gummi und seinem eigenen Schweiß, stieß Alex den vor Schmerz angehaltenen Atem aus. Motorsport war eine gefährliche Angelegenheit, wenn nicht eine der riskantesten Sportarten überhaupt. Doch der wahnsinnige Adrenalinrausch, den ihm nur extremste Geschwindigkeit, verbunden mit einem kaum einzuschätzenden Risiko, vermitteln konnte, war unverzichtbar für sein Leben.
    Weil die Gefahr gleichzeitig Freiheit für ihn bedeutete. Und Flucht und Entkommen aus der grausamen Kindheit auf Wolfe Manor – einer Kindheit, die von Qual, Scham und Hilflosigkeit geprägt gewesen war.
    Gedämpfte Stimmen holten Alex in die Gegenwart zurück. Erst jetzt hörte er das Motorengeräusch eines Krans und spürte einen Ruck. Kurz darauf wurde es hell in die Fahrerkabine. Alex sah, wie die Helfer bereits die Gurte entfernten, mit deren Hilfe
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