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Hexen: Vier historische Romane (German Edition)

Hexen: Vier historische Romane (German Edition)

Titel: Hexen: Vier historische Romane (German Edition)
Autoren: Roswitha Hedrun
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nachhöhnt, hetzt er über das Klostergelände zur Verwaltung.
    V or mir jetzt eine finstere Kerkerzelle. Auf dem Steinboden kauert die Magd, kahl geschoren und von bösen Folterwunden verunstaltet. Und hinter ihr rauscht die grausig hässliche, für die Magd jedoch unsichtbare Hekate umher.
Nun beugt Hekate ihren Gift geifernden Schlangenkopf hinunter und züngelt der Magd über deren inwendigen Drachen ein: „Du kennst mein Begehr - ich will den Großinquisitor. Aber nicht sein Blut will ich, sondern seine Seele. Verstehst du das?“
„Ja, Herrin, das habe ich schon beim letzten Mal verstanden. Und dein Medaillon ist auch schon in seinen Händen“, antwortet ihr unterwürfig die Magd, worauf Hekate sie lobt:
„Ich weiß, hast du geschickt angestellt, meine Kleine. Ich wollte auch nur sicher gehen, dass du diesen Auftrag keinesfalls mit den bisherigen verwechselst. Jetzt jedenfalls verleitest du den Großinquisitor, sich zu mir, der großmächtigen Hekate zu bekennen. Gleich kommt er in deine Zelle, alleine. Er ist neugierig auf dich geworden, will dich prüfen. Säusele ihm mit deinem niedlichen Stimmchen vor, ich sei die heilige Jungfrau, die in deiner Heimatstadt Mainz auch als Hekate angebetet wird, und dann lässt du ihn auf mein Medaillon schwören, dass er fortan ausschließlich mir, der gnadenreichsten aller Heiligen dient. Bring ihn zu diesem Schwur.“ Nun scheint sie sich zu vergessen, denn ihre Stimme wird zischend: „Und wehe du versagst, Kleine - wehe, auf ewig wehe!“
„Ich werde dich nicht enttäuschen, geliebte Herrin.“
Der Großinquisitor wähnt sich als ein Himmelsgesandter, betraut mit dem Auftrag, in Europa die Sünde auszurotten. Je blutiger dabei vorgegangen wird, redet er sich und seinen Getreuen ein, desto gottgefälliger. Und seine verblendete Anhängerschar wächst stetig an. Kein Wunder, dass Hekate nach einer solch fetten Beute giert.
Doch sie bekommt ihn nicht in ihre Fänge. Aller Lobpreis der Magd über die gnadenreiche Hekate fruchtet nicht bei ihm, denn er ist einzig von seiner eigenen Herrlichkeit, überzeugt.
Darauf macht Hekate, in wilder Wut, ihre Androhung wahr, sie verstößt die darüber todunglückliche Magd und entreißt ihr für ewig ihr Zaubertalent.
    V iel Volk auf Würzburgs Richtplatz. Angstvolle und doch aufgebrachte Bürger, die ihre Empörung über die zwei Menschenverbrennungen, die hier vollzogen werden sollen, kaum zurückhalten können.
Mitten in ihrem großen Rund ragt ein Scheiterhaufen mit zwei Sündenpfählen empor, an den einen Pfahl ist die kahlköpfige Magd gefesselt und an den anderen der Mönch.
Wenig Schritte von dem Scheiterhaufen entfernt ist eine mit roten Samtstühlen ausstaffierte Tribüne errichtet, auf der gerade in ihren Festroben der Fürstbischof sowie vier weitere kirchliche Würdenträger ihre Plätze einnehmen. Unter ihnen fällt mir der Großinquisitor auf, ein eher schmächtiger Mann, dem seine ausgepolsterte Robe dennoch etwas Wuchtiges verleiht. Sein Blick schweift über die Zuschauer - Chlodwigs Augen! Noch immer diese Geltungssucht darin wie auch diese abartige Frömmigkeit.
Jetzt wird der Scheiterhaufen entzündet, worauf doch ein Aufschrei von den Bürgern ertönt, ein kurzer allerdings nur und verhaltener.
Die Flammen züngeln immer höher. Bald beginnen sie schwarz zu qualmen, werden zur gespenstischen Aura dieser Hinrichtung, und die beiden Brandopfer darin beginnen zu husten. Der Mönch versucht unter Hustenanfällen ein Kirchenlied zu singen, worauf des Großinquisitors Blick mehrmals hoch zum Himmel fliegt.
Doch plötzlich erstarren seine Züge, denn die Magd, die bisher ungerührt dagestanden hat, stößt mit einem Mal Jubelrufe aus: „Endlich, Herrin, endlich, mit Freuden biete ich dir mein Erdenleben, mein Blut, meine Seele!“ Sie hustet, keucht, wartet auf Hekates Antwort. Da sie jedoch keine erhält - ihr Sündenkittel wird bereits von Flammen angefressen - fleht sie: „Nimm mein Opfer an, großmächtige Hekate, nimm mich wieder auf, du Gnadenreiche - nimm mich wieder auf!“ Noch mehrmals keucht und fleht sie, bis nur noch Röcheln zu vernehmen ist: „Herrin . . , eine Wonne, für dich zu sterben . . “
Noch einen Moment, dann sackt ihr Körper tot zusammen.
    D ie Bürger haben die von unten her verkohlende Magd mit lautlosem Schreck beobachtet, der Großinquisitor dagegen mit geballten Fäusten, und jetzt faucht er wutgeladen: „Ich hätte sie am Leben lassen sollen!“
Der Qualm wird dichter, immer
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