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Hexen: Vier historische Romane (German Edition)

Hexen: Vier historische Romane (German Edition)

Titel: Hexen: Vier historische Romane (German Edition)
Autoren: Roswitha Hedrun
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schwarzer, bis ich nichts mehr von der Hinrichtungsstätte erkennen kann und das Bild allmählich meinen Blicken entschwindet.
    W enig später gleite ich aus dem Reich von Skuld wieder zurück in das von Werdandi.
Schließlich finde ich mich am Urdbrunnen wieder, vertieft in seine Schicksalswasser. Ich beobachte, wie sie, von Skuld herkommend, hin nach Urd fluten. Nein, sie kommen von Urd und strömen nach Skuld - oder?
„Löse deinen Blick jetzt aus den Wassern“, vernehme ich Werdandis Stimme, „und finde dich in die Gegenwart ein.“
Bald bin ich mir meines Daseins in der Kausalebene voll bewusst, worauf mich Werdandi anspricht: „Sicher hast du Chlodwigs derzeitigen und später beibehaltenen Wahn nun voll erkannt.“
„Ja“, bestätige ich ihr, „mit Schaudern. Es ist spiritueller Größenwahn. Chlodwig hält sich also mal für einen Gottgesandten. Womöglich tut er das schon heute.“ Nach einigem Überlegen ziehe ich noch weitere Schlüsse: „Bereits als Isolf waren diese Ansätze in ihm vorhanden, denn Isolf glitten die Begriffe Himmel, hehr und heilig stets wie Ambrosia über die Zunge. Außerdem vertrat er die Überzeugung, wegen seines tiefen Glaubens halte Ragna den Fürstenthron nicht für Alf, sondern für ihn bereit. Wahrscheinlich wünschte er auch aus diesem Grund die in seinen Augen Ragna-gefällige Idun an seine Seite. Und ich hatte seine beabsichtigte Brautwerbung einzig auf seinen Ehrgeiz zurückgeführt. Wie blind ich war. Und Königin Basina hat dann diese fatale Saat in Chlodwigs Brust noch genährt, indem ihr Sohn für sie Theuderich, der Göttliche, war.
Erst jetzt, Werdandi, erkenne ich, wie sehr mir mein Eigensinn bei Chlodwig die Sicht vernebelt hat. Denn zumindest an seinen mehrmaligen Äußerungen, sein göttliches Merowechblut verpflichte und befähige ihn zu Ragna-ähnlichen Entscheidungen, hätte ich seinen spirituellen Größenwahn erkennen können - erkennen müssen.“
„Richtig, alles richtig, Waldur. Dann bewahre diese Erkenntnisse im Unterbewusstsein für euer nächstes Erdenleben, damit sie dir dann dienen können. Doch jetzt kehre zurück in den Midgard, sonst findest du nicht mehr fort von hier.“
Warum schon jetzt, bedaure ich, befolge jedoch die Aufforderung, so schwer es mir auch fällt, mich aus dem glanzklaren Kausalreich, der Vorstufe zum Seelenparadies, zu trennen.
Während ich davon schwebe, begleitet mich Werdandis Nachrufen wie feine Harfenmusik: „Gut so, Waldur, kehre zurück in den Midgard- und sei glücklich . . . “
Werdandis Wunsch erfüllte sich, seit Waldurs Besuch im Kausalreich war er, außer schmerzfrei, himmlisch beglückt. Auch zog es ihn seitdem immer wieder ins Nifelheim, bis hinauf zu jener Region, die demnächst, wie Hermod ihm verhießen hatte, seine Heimat sein wird. Überirdisch schön fand er es dort, nicht zu vergleichen mit dem duftigsten, sonnigsten Blumenpark im Midgard.
Klar hineinblicken konnte er allerdings nicht, denn eine Nebelwand verwehrte ihm die freie Sicht, und versuchte er, sie zu durchdringen, dann sog ihn das Ätherband, das ihn mit seinem Erdenkörper verband, augenblicklich zurück. Dennoch gewahrte er darinnen schemenhaft Menschen-, Nifelgestalten, die in Gruppen beschwingt umher glitten. - Ist da nicht Vater unter ihnen? . . . Nein, wohl nur eine Wunschvorstellung.
Doch keine Wunschvorstellung? Jetzt war Waldur von dorther gerufen worden, ‚Waldur, komm her, Junge!’, hatte er vernommen, genau, wie ihn früher seine Eltern oft herbeigerufen hatten. Vater scheint doch in dieser Region zu weilen, dachte er. Aber auch vom Midgard her tönte häufig sein Name an sein Ohr, was ihn stets in seinen Erdenkörper zurückholte.
So schwebte er nun zwischen zwei Welten, der einen gehörte er noch nicht an und der anderen nicht mehr.
    „W as sagst du?“, fragte ihn Siglind, wobei sie sich dicht zu ihm hinunter beugte.
Waldur bemühte sich, deutlicher zu sprechen: „Es ist so kühl hier.“
„Dir ist kühl? Gleich, mein Liebster, Gernod besorgt dir eine weitere Flauschdecke.“
    „K omm, Waldur. - Ja, komm wieder her zu uns, mein Lieber.“ Hermods Stimme. „Wir haben etwas Tee für dich, der wärmt dich und befreit dir die Atemwege.“
Waldur bedauerte, zu keinem Dankeswort fähig zu sein, er konnte nicht mal mehr die Augen öffnen.
„Bitte, Liebster“, flüsterte Siglind ihm zart ins Ohr, „nur ein kleines Schlückchen. Öffne nur die Lippen ein wenig. - Ja, gut so, das genügt schon.“
Sie träufelte ihm mit
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