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Heute Und in Ewigkeit

Titel: Heute Und in Ewigkeit
Autoren: Randy Susan Meyers
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beliebt war. Ich brauchte nichts weiter zu tun, als klug zu sein, meine Hausaufgaben zu machen und den Mund zu halten. Aber jetzt machte ich mir Sorgen, ob die Junior Highschool genauso leicht sein würde.
    »Lulu braucht sich für ihre Noten doch nie anzustrengen.« Nur Tante Cilla brachte es fertig, dass es sich böse anhörte, gute Noten zu bekommen.
    »Sie ist eben ein kluges Mädchen«, erwiderte Onkel Hal. »Ich wünschte, Arnie wäre halb so gut in der Schule wie Lulu.« Für Onkel Hal, der immer den vorsichtigen Mittelweg wählte, war das beinahe, als hätte er Tante Cilla laut beschimpft.
    »Das wird kein Problem sein.« Tante Cilla drückte die Arme fester um meinen Cousin zusammen. Froschaugen-Arnie fühlte sich an wie Hühnchenknochen, wenn man ihn umarmte. Wenn Tante Cilla noch fester drückte, würden Arnie sicher die Eingeweide aus dem Mund quellen.
    »Cilla, hast du nach dem Essen gesehen?«, fragte meine Großmutter.
    »Hier«, sagte Tante Cilla und drehte Arnie zu Onkel Hal herum. »Pass auf ihn auf.«
    Was glaubte sie eigentlich, was ihm hier passieren konnte, außer, dass er sich aus Langeweile umbrachte? Die einzigen Spielsachen hier hatte Merry vor einem Jahr aus dem Krankenhaus mitgebracht. Ich vermisste meine kleine Sammlung Bücher, die ich mir zu Hause aufgebaut hatte. Daddy hatte mir an jedem Zahltag ein neues gekauft. Daddy las gern. Mama hatte immer nur Zeitschriften gelesen.
    Manchmal, aber nur ein, zwei Minuten lang, konnte ich nicht anders, als mich zu fragen, wie es für Daddy im Gefängnis war. Durfte er lesen? Musste er Suppe essen, in der nur Kartoffelschalen schwammen? Dann sah ich, wie Mimi Rubee Mamas Foto anstarrte, und ich dachte daran, wie er an der Tür gerüttelt und geschüttelt hatte, und ich hätte mich übergeben können.
    Ich scherte mich einen Dreck um Daddy, einen feuchten Dreck.
    Merry wollte ihn immer wieder besuchen und machte Mimi Rubee damit wahnsinnig. Unserer Großmutter zufolge würden wir ihn nur über ihre Leiche besuchen, und auch das erst, wenn die Hölle gefror. Ich schrieb jedes Mal stumm Danke, lieber Gott auf meinen Arm, wenn sie das sagte. Ich wollte ihn nie wieder sehen. Solange mein blutig-mordender, messerschwingender, türerüttelnder Vater im Gefängnis blieb, war ich sicher. Ich brauchte ihn nicht zu sehen, zu riechen oder zu berühren, und er konnte mich auch nicht anrühren.
    »Gehen wir morgen wirklich zu Oma Zelda?«, fragte Merry.
    »Ja doch, ja doch. Hör endlich auf zu fragen«, sagte Mimi Rubee.
    Tante Cilla kam zurück und hatte immer noch die Kaffeetasse in der Hand, in die sie vorhin Crown Royal Whisky gekippt hatte – ich hatte es genau gesehen. »Nicht zu fassen, dass du sie Woche für Woche zu dieser Frau gehen lässt«, bemerkte sie.
    Merry kauerte sich vor mir auf dem Boden zusammen und lehnte sich an meine Knie.
    »Wie war's im Kindergarten?«, fragte Onkel Hal meine Schwester.
    »Ganz gut.« Merry runzelte die Stirn, vermutlich, weil der Kindergarten für meine Schwester zur Tortur geworden war. Seit zwei nassen Zwischenfällen nannten die anderen Kinder sie Pipi-Po. In der Pause verspotteten sie Merry, weil sie wegen der Narben an ihrer Brust keinen Ball werfen konnte. Obwohl wir Schule und Kindergarten gewechselt hatten, wussten alle über uns Bescheid – die Mädchen, deren Vater ihre Mutter ermordet hatte. Die arme Merry war obendrein noch das Mädchen, das beinahe auch von seinem Vater erstochen worden wäre.
    Keine von uns hatte eine Freundin gefunden, seit wir bei Mimi Rubee eingezogen waren.
    »Ich wette, du warst die Hübscheste in deiner Gruppe«, sagte Onkel Hal zu Merry.
    »Was zählt denn schon das Aussehen?«, sagte Tante Cilla. »Sieh dir Joey an, er hat umwerfend ausgesehen, als Celeste ihn kennengelernt hat. Wie ein Filmstar. Und wo ist er jetzt?«
    »Celeste war eine wahre Schönheit. Neben ihr hat Joey doch billig ausgesehen.« Tante Vivvy schüttelte den Kopf. »Sie hätte ihn nie heiraten dürfen. Ihr hättet das verhindern müssen«, sagte sie zu Mimi Rubee.
    »Meinst du denn, das hätten wir nicht versucht?«, erwiderte Mimi Rubee. »Ich glaube ja, er hat sie absichtlich geschwängert, um sicherzugehen, dass er sie auch hatte. Sie hätte wirklich ein Filmstar werden können, wenn sie ihn nicht geheiratet hätte. Und das wusste er auch.«
    »Er ist ein Ungeheuer. Ein Tier«, sagte Tante Cilla.
    Hielt sie Merry und mich denn für taub? Oder dumm?
    »Hör auf, Cilla«, sagte Mimi Rubee. »Kleine Töpfe
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