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Heute Und in Ewigkeit

Titel: Heute Und in Ewigkeit
Autoren: Randy Susan Meyers
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Puppe gewollt, und selbst wenn, wer wollte schon eine Puppe, die einen anpieselte?
    Ich machte mir wirklich Hoffnungen, weil Mamas Laune sich in letzter Zeit sehr gebessert hatte. Seit sie Daddy rausgeworfen hatte, schrie Mama uns nur noch selten an. Sie merkte kaum, dass es uns gab. Wenn ich sie daran erinnerte, dass es Zeit zum Abendessen war, blickte sie von ihrer Illustrierten auf und sagte: »Nehmt euch was aus meinem Geldbeutel und geht zu Harry's.«
    Dann spazierten wir drei Querstraßen weiter zu Harry's Coffee Shop und bestellten Thunfischsandwichs und Malzmilch, Vanille für Merry und Schoko für mich. Normalerweise war ich zuerst fertig, dann schlang ich die Füße um die kalte Chromstange unter dem hohen Barhocker aus Leder und kreiselte ungeduldig herum, während ich auf Merry wartete. Meine Schwester nippte immer nur an ihrer Malzmilch und knabberte winzig kleine Bissen von ihrem Sandwich ab. Ich schrie sie an, sie solle sich beeilen, und ahmte dabei Oma Zelda nach, Daddys Mutter. »Nun mach schon, Prinzessin Etepetete. Was glaubst du eigentlich, wer du bist, die Königin von England?«
    Vielleicht glaubte sie das. Vielleicht war Merrys geheime Mutter ja Königin Elizabeth.
    Nachdem Daddy ausgezogen war, führte Mama einige unverständliche neue Regeln ein. Macht eurem Vater nicht die Tür auf. Wenn ihr ihn bei Oma Zelda besucht, sagt kein Wort über mich. Diese alte Krähe will euch nur aushorchen. Und erzählt ja niemandem von meinen Freunden.
    Diese männlichen Freunde kamen Mama ständig besuchen. Ich wusste nicht so recht, wie ich verhindern sollte, doch etwas über sie zu sagen. Um gar nichts von Mama zu erzählen, hätte ich sehr unhöflich und ungehorsam sein müssen, denn wenige Sekunden, nachdem mein Vater uns zur Begrüßung geküsst hatte, ging es mit den Fragen los:
    Wie geht es eurer Mutter?
    Wer besucht euch denn so zu Hause?
    Trägt sie neue Kleider? Hat sie neue Schallplatten? Eine neue Haarfarbe?
    Sogar ein Kind konnte erkennen, dass Daddy sich nach Mama-Neuigkeiten sehnte.
    Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil Daddys Abwesenheit sich wie eine Erleichterung anfühlte. Ehe er gegangen war, hatte er Mamas volle Aufmerksamkeit gefordert, später geradezu darum gebettelt, oder er hatte sie mit einem dummen, verträumten Gesichtsausdruck angestarrt.
    Manchmal fragte ich mich, warum meine Mutter Daddy überhaupt geheiratet hatte. Da ich damals noch zu jung war, um die Zeit zwischen ihrer Hochzeit und meiner Geburt richtig deuten zu können, war ich nie auf die Idee gekommen, dass ich der Grund dafür sein könnte, und Mama legte keinen großen Wert auf freundschaftliche Mutter-Tochter-Gespräche. Mama gefiel gar nichts, was nach Introspektion roch. Deshalb verstand sie sich vermutlich so gut mit Teenie. Teenie verschwendete auch keinen Gedanken an die tiefere Bedeutung des Lebens. Sie konnte Stunden damit zubringen, Mamas lackierte Fingernägel zu begutachten, und blickte dann gerade lange genug von ihrer Bügelwäsche auf, um den Farbton auszusuchen, der Mamas heller Haut am meisten schmeichelte, während meine Mutter einen Nagel nach dem anderen lackierte.
    Ich blätterte die nächste Seite von Die Maske mit dem Katzenkopf um, und der Schweiß tropfte mir von den Armen. Da ich nur sechs Bücher auf einmal aus der Bibliothek ausleihen konnte, musste ich sie mir gut einteilen, sonst blieben mir für den Sonntag nur die fünf Readers Digest -Bände auf unserem rot lackierten Bücherbord im Wohnzimmer, und die hatte ich alle schon gelesen. Grünliche Bronzestatuen von wild aussehenden chinesischen Drachen mit langen, spitzenbewehrten Schwänzen als Buchstützen hielten die dicken Schmöker zusammen. Ein Symbol für Glück, behauptete Mama.
    Schwarze Onyxkästchen in allen möglichen Formen und Größen mit Intarsien aus Perlmutt schmückten die Regale im Wohnzimmer. Sie fühlten sich glatt und kühl an. Mamas Vater hatte sie vom Krieg in Japan mit nach Hause gebracht. Mamas Mutter, die wir Mimi Rubee nannten, schenkte Mama die Kästchen, nachdem unser Großvater gestorben war, weil sie ständig darum bettelte und Mimi Rubee ganz verrückt machte.
    Mama war es gewohnt zu bekommen, was sie wollte.
    Die Sonne kroch über die Mauern, die unseren düsteren Hinterhof umschlossen, und knallte in unser Schlafzimmer. Ich drehte mein Kissen um, knuffte es zu einem halbwegs bequemen Gebilde zusammen und suchte nach einem Zipfel kühler Baumwolle, auf die ich den Kopf legen konnte. Merry, die im
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