Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heuchler

Heuchler

Titel: Heuchler
Autoren: Mark Franley
Vom Netzwerk:
verraten oder der nächsten Wand in unbekanntes Gebiet folgen?
Mike hatte inzwischen aufgeholt und stand nur wenige Zentimeter neben Peter, als ihnen die Frage abgenommen wurde.
Für einen kurzen Augenblick flammte gleißend helles Licht auf, das sich förmlich in ihre viel zu weit aufgerissenen Augen bohrte. Peter musste einige Male zwinkern, schaffte es aber, die Lider einen kleinen Spalt breit zu öffnen. Tränen verschleierten seine Sicht und trotzdem sah er das Phantom zum ersten Mal wahrhaftig. Der Mann saß ihm genau gegenüber in einem alten Sessel und hatte ein kurzes Gewehr auf ihn gerichtet.
Peter konnte das Ziel gerade noch erfassen, dann erlosch das Licht so plötzlich, wie es angegangen war, was ihm jetzt aber egal war! Sein Finger arbeitete automatisch und zog den Abzug selbst dann noch durch, als das Magazin längst leer war.
Mike knipste seine Taschenlampe an und erstarrte. Dort, wo auch er zuvor den Mann gesehen hatte, lagen jetzt die Scherben eines riesigen Spiegels. Dann richtete er den Strahl etwas höher und erstarrte. Der Junge saß zusammengesunken auf einen Stuhl gefesselt da und hatte die Augen weit aufgerissen. Soweit Mike von hier aus erkennen konnte, waren mindestens drei von Peters Projektilen in den Kopf des Kindes eingeschlagen und hatten ihm fast den gesamten Hinterkopf weggesprengt.
»Verdammte Scheiße!« Mehr brachte er nicht heraus. Im Augenwinkel sah er, wie sein Partner neben ihm in die Knie ging und sich übergab. Sein erster Reflex war Peter zu helfen, doch dann schoss ihm ein elementarer Gedanke durch den Kopf. Wenn der Mann im Spiegel zu sehen gewesen ist, dann ist er auch jetzt noch in diesem Raum. Im selben Augenblick dieser Erkenntnis brachte Mike seine Waffe, zusammen mit der Lampe, wieder in Anschlag und richtete beides auf das Ende der Zwischenwand. Er konnte jetzt keine Rücksicht auf Peter, der sich immer noch die Seele aus dem Leib kotzte, nehmen. Schritt für Schritt ging er auf die Ecke zu, versuchte dabei den Anblick des Jungen auszublenden und stattdessen eine Spiegelscherbe zu finden, die so günstig lag, dass er erkennen konnte, was ihn auf der Rückseite dieser Wand erwarten würde. Doch es gab keine solche Scherbe!
Endlich hatte er sein Ziel erreicht und wollte sich gerade zum finalen Sprung fertigmachen, als er hinter sich erst das vertraute Geräusch des Magazinauswurfes und dann rennende Schritte hörte. Peter stürmte ohne jede Deckung an ihm vorbei, ließ sich kurz nach der Mauer fallen und schlitterte dann noch einige Meter, mit Waffe und Lampe im Anschlag, weiter. Doch es passierte nichts! Kein Schrei, kein Schuss. Als Peter endlich zum Stillstand kam, blieb er regungslos liegen und schien ungläubig auf irgendetwas zu starren.
»Was ist los?« Doch statt zu antworten, winkte Peter Mike zu sich.
Es war alles umsonst , war Mikes erster Gedanke, als er zögernd um die Ecke blickte. Zwar gab es den Sessel tatsächlich, aber der Mann, welcher darin saß, war mit Sicherheit nicht ihr Täter! Er hatte die Augen ebenso weit aufgerissen wie der Junge ihm gegenüber. Zwei Tote, die sich verzweifelt anstarrten.
Der Uniform nach handelte es sich bei dem Toten um einen Mitarbeiter der Wachgesellschaft, die das Gebäude ab und zu von außen kontrollierte. Den dunkelroten Striemen nach, die einmal quer über den Hals liefen, war er erst erdrosselt und dann in dem Sessel fixiert worden. Schließlich hatte man ihm noch ein altes, verrostetes Gewehr auf den Arm gebunden und ihn so zu einer scheinbaren Bedrohung werden lassen.
Nachdem Mike den ersten Schock überwunden hatte, leuchtete er den restlichen Raum ab und blieb dabei an einem kleinen Kästchen, das an der Decke befestigt war, hängen. Er hatte sich schon gefragt, wie der Täter es geschafft hatte, den richtigen Zeitpunkt für die kurze Beleuchtung zu treffen. Erst hatte er an eine Art Bewegungsmelder gedacht, als er jedoch näher an das Kästchen heranging, erkannte er, dass es sich dabei um eine Wärmebildkamera handelte.
Dieses Schwein hatte sie auch noch dabei beobachtet, wie sie auf ein unschuldiges Kind schossen! Und er beobachtete sie vielleicht noch immer!
Mikes erster Reflex war, das Ding einfach herunterzuschießen, doch dann besann er sich. Vielleicht war das die einzige Spur zum Täter. Ohne sich weiter umzublicken, ging er zu seinem Partner, der inzwischen wieder aufgestanden war, und sagte so sanft, aber bestimmt wie möglich: »Komm, lass uns nach oben gehen. Wir können hier nichts mehr
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher