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Herzschlag der Nacht

Herzschlag der Nacht

Titel: Herzschlag der Nacht
Autoren: Lisa Kleypas
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Leutnant ist mir vollkommen einerlei. Ich will von Captain Phelan hören.«
    Prudence kicherte. »So aufgeregt habe ich dich nicht mehr gesehen, seit du den Fuchs gestohlen hast, den Lord Campdon letztes Jahr aus Frankreich mitbrachte.«
    »Ich habe ihn nicht gestohlen, sondern gerettet. Einen Fuchs für die Jagd einzuführen und hier aussetzen zu wollen, nenne ich höchst unsportlich.« Beatrix zeigte auf den Brief. »Öffne ihn!«
    Prudence brach das Siegel, überflog den Inhalt und schüttelte ungläubig den Kopf. »Nun schreibt er über Maultiere.« Sie verdrehte die Augen und reichte Beatrix den Brief.
    Miss Prudence Mercer
    Stony Cross
    Hampshire, England
    7. November 1854
    Meine liebe Prudence,
    ungeachtet der Berichte, die britische Soldaten als furchtlos beschreiben, versichere ich Ihnen, dass wir uns unter Feindbeschuss sehr wohl ducken und in Deckung gehen. Ihrem Rat folgend, habe ich das seitliche Ausweichen und Hinter-einem-Felsen-Verstecken zusätzlich in mein Repertoire aufgenommen, und das mit beachtlichem Erfolg. Meine Erfahrung widerlegt die alte Fabel, denn es gibt Zeiten im Leben, in denen man eindeutig der Hase sein möchte und nicht die Schildkröte.
    Am vierundzwanzigsten Oktober kämpften wir im südlichen Hafen Balaklawa. Die Leichte Brigade erhielt den unerklärlichen Befehl, geradewegs in eine Batterie russischer Gewehrstellungen zu stürmen. Fünf Kavallerieregimenter wurden ohne Unterstützung niedergepflügt. Innerhalb von zwanzig Minuten verloren wir zweihundert Männer und annähernd vierhundert Pferde. Am fünften November folgte eine weitere Schlacht bei Inkerman.
    Wir wollten die Verwundeten vom Feld holen, bevor die Russen bei ihnen waren. Albert ging mit mir hinaus in den Kugelhagel und half mir, die Verwundeten zu identifizieren, damit wir sie aus der Schusslinie schaffen konnten. Mein engster Freund im Regiment wurde getötet.
    Bitte richten Sie Ihrer Freundin Beatrix meinen Dank für ihren Rat mit Albert aus. Er beißt seltener und schnappt überhaupt nicht mehr nach mir, auch wenn manche Besucher in meinem Zelt durchaus noch seine Zähne zu spüren bekommen.
    Mai und Oktober sind also die am schönsten duftenden Monate? Ich möchte den Dezember hinzunehmen, wenn es nach Immergrün, Frost, Holzrauch und Zimt duftet. Was Ihr Lieblingslied angeht: Wussten Sie, dass »Over the Hills and Far Away« die offizielle Melodie der Rifle Brigade ist?
    Es scheint, dass beinahe jeder von einer Krankheit geplagt wird, mit Ausnahme von mir. Bei mir zeigen sich weder Anzeichen für Cholera noch für eine der anderen Plagen, die über beide Divisionen hinwegfegen. Mir kommt es vor, als sollte ich anstandshalber wenigstens eine beeinträchtigte Verdauung vortäuschen.
    Zur Eselsfehde: Bei allem gebührenden Mitgefühl für Caird und dessen wenig tugendhafte Mähre möchte ich dringend darauf hinweisen, dass die Geburt eines Maulesels fürwahr kein Übel ist. Maultiere sind schrittfester als Pferde, gemeinhin von robusterer Gesundheit und, was das Beste ist: Sie haben sehr ausdrucksstarke Ohren. Obendrein sind sie nicht übermäßig sturköpfig, solange sie gut geführt werden. Falls Sie sich über meine offenkundige Vorliebe für Maultiere wundern, sollte ich wohl erklären, dass ich als Junge ein Maultier namens Hector hielt, benannt nach dem Muli aus der Ilias .
    Ich will mich auf keinen Fall erdreisten, Sie zu bitten, dass Sie auf mich warten, Prudence, aber ich bitte Sie herzlich, mir wieder zu schreiben. Ihren letzten Brief las ich mehr Male, als ich zählen kann. Auf wundersame Weise sind Sie mir hier, zweitausend Meilen entfernt, näher denn je.
    Herzlichst
    Ihr Christopher
    Während Beatrix las, war sie abwechselnd besorgt, gerührt und unsagbar bezaubert. »Lass mich ihm antworten und mit deinem Namen unterzeichnen«, bettelte sie. »Einen Brief noch. Bitte, Pru! Ich zeige ihn dir, ehe ich ihn abschicke.«
    Prudence lachte laut. »Nein, wirklich, das ist das Albernste, was ich je gehört habe. Ach, na schön, schreib ihm, wenn es dir Spaß macht.«
    In der nächsten halben Stunde ergab sich Beatrix dem belanglosen Geplauder über den Ball, die Gäste, die dort waren, und den neuesten Klatsch aus London. Sie schob den Brief von Christopher Phelan in ihre Tasche und erstarrte, als sie etwas Unbekanntes ertastete. Ein metallischer Griff und … die seidigen Borsten eines Rasierpinsels. Sie merkte, wie sie erblasste, als sie begriff, dass sie unabsichtlich den Rasierpinsel von Christophers
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