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Herzschlag der Nacht

Herzschlag der Nacht

Titel: Herzschlag der Nacht
Autoren: Lisa Kleypas
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Kommode eingesteckt hatte.
    Ihr Problem war wieder da.
    Irgendwie gelang es Beatrix, weiterzulächeln und ruhig mit Prudence zu schwatzen, während in ihrem Innern der reinste Tumult herrschte.
    Hin und wieder, wenn sie sehr nervös war oder Kummer hatte, steckte Beatrix kleine Gegenstände in einem Laden oder einem Haus ein. Sie tat es, seit ihre Eltern gestorben waren. Manchmal bemerkte sie gar nicht, dass sie etwas mitnahm, bei anderen Gelegenheiten war die Verlockung so unwiderstehlich, dass sie zu schwitzen und zu zittern begann, bis sie ihr endlich nachgab.
    Dinge zu stehlen war nie schwierig; das Zurückgeben war es, das ihr große Schwierigkeiten bereitete. Beatrix und ihre Familie hatten es bislang immer geschafft, die Gegenstände wieder an ihren richtigen Platz zurückzubringen, doch erforderte es mitunter extreme Maßnahmen: Besuche zu unziemlichen Tageszeiten, das Erfinden von wilden Ausreden, um durch jemandes Haus zu stromern. Jedenfalls trug es dazu bei, den Ruf der Hathaways, exzentrisch zu sein, noch zu untermauern.
    Zum Glück würde es nicht schwer sein, den Rasierpinsel wieder an seinen Platz zu schaffen. Das könnte Beatrix bei ihrem nächsten Besuch bei Audrey tun.
    »Ich denke, ich sollte mich jetzt ankleiden«, sagte Prudence endlich.
    Beatrix nahm den Wink dankbar an. »Gewiss. Es ist Zeit, dass ich heimgehe und einigen Pflichten nachkomme.« Sie lächelte und fügte munter hinzu: »Und noch einen Brief schreibe.«
    »Aber schreib nichts Wunderliches hinein«, bat Prudence. »Ich habe einen Ruf zu wahren, wie du weißt.«

Kapitel 3
    Captain Christopher Phelan
    Erste Battalion Rifle Brigade
    Home Ridge Camp
    Inkerman, Krim
    3. Dezember 1854
    Lieber Christopher,
    heute Morgen las ich, dass über zweitausend Männer in einer jüngsten Schlacht getötet wurden. Es hieß, dass ein Rifle-Offizier von einem Bajonett verwundet wurde. Das waren nicht Sie, oder? Sind Sie verwundet? Ich habe solche Angst um Sie. Und es tut mir sehr leid, dass Ihr Freund getötet wurde.
    Wir schmücken für die Feiertage, hängen Ilex und Mistelzweige auf. Ich lege Ihnen eine Weihnachtskarte von einem hiesigen Künstler bei. Beachten Sie das Band mit der Troddel unten: Wenn Sie daran ziehen, dudeln die Herren links ihre Weinkelche leer. (»Dudeln« ist ein merkwürdiges Wort, nicht wahr? Aber ich mag es.)
    Ich liebe die alten vertrauten Weihnachtslieder und dass jedes Weihnachten gleich ist. Mir gefällt es, Plumpudding zu essen, obgleich ich ihn eigentlich nicht einmal besonders mag. Aber Rituale haben so etwas Beruhigendes, finden Sie nicht auch?
    Albert scheint ein entzückender Hund und ein treuer Bursche mit einer guten Seele zu sein.
    Ich sorge mich, dass Ihnen etwas zugestoßen sein könnte, und hoffe sehr, es geht Ihnen gut. Jeden Abend zünde ich eine Kerze am Baum für Sie an.
    Antworten Sie mir, sobald Sie können.
    Ihre Prudence
    P.S.: Ich teile Ihre Zuneigung zu Maultieren. Diese Kreaturen sind kein bisschen eingebildet, prahlen nie mit ihrer Herkunft. Man wünschte, gewisse Leute wären in dieser Beziehung etwas mehr wie Maultiere.
    Miss Prudence Mercer
    Stony Cross
    Hampshire
    1. Februar 1855
    Meine liebe Pru,
    leider war ich doch der Offizier, den ein Bajonett verwundete. Wie kamen Sie darauf? Es geschah, als wir einen Hügel hinaufstiegen, um eine russische Schützenstellung einzunehmen. Doch es handelte sich lediglich um eine kleinere Schulterwunde, die wahrlich nicht wert war, in der Zeitung erwähnt zu werden.
    Am vierzehnten November gab es einen Sturm, der die Lager verwüstete und mehrere französische und britische Schiffe im Hafen zum Kentern brachte. So verloren wir abermals viele Leben und betrüblicherweise auch einen Großteil der Wintervorräte sowie dringend benötigte Ausrüstung. Ich glaube, dies ist es, was man gemeinhin einen »barbarischen Feldzug« nennt. Ich habe Hunger. Letzte Nacht träumte ich von Essen. Für gewöhnlich träume ich von Ihnen, doch zu meinem Bedauern muss ich gestehen, dass Sie letzte Nacht von Lammbraten mit Minzsauce verdrängt wurden.
    Es ist bitterkalt. Seit Neuestem teile ich mein Nachtlager mit Albert. Wir sind recht mürrische Bettgefährten, jedoch beide gewillt, es zu ertragen, um nicht zu erfrieren. Albert ist unentbehrlich für die Kompanie geworden. Unter Beschuss bringt er Nachrichten hin und her und läuft sehr viel weiter, als es ein Mann könnte. Überdies ist er ein hervorragender Wach- und Spürhund.
    Und einige Dinge, die ich von Albert
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