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Herzflimmern

Herzflimmern

Titel: Herzflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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weitergemacht?«
    »O ja. Sie ist jetzt im vierten Jahr. Du kennst sie. Selma Stone.«
    Ruth ließ sich diese unerfreuliche Information durch den Kopf gehen und sagte sich grimmig, das soll der Kerl nur bei mir versuchen. Dann sah sie, daß ein Formular durch die Reihen ging, auf dem jeder Student sich einschrieb.
    »Was ist denn das?« fragte sie.
    »Ach, so eine Art Anwesenheitsliste.«
    »Ich dachte, so was gibt’s hier nicht.«
    »Normalerweise nicht. Das gilt nur für die Laboreinteilung.«
    Ruth fand das Formular, als es sie ereichte, höchst verwunderlich. Man sollte, wie die Anweisungen besagten, nur seinen Namen und seine Körpergröße eintragen. Sie setzte also ihren Namen auf das Blatt und schrieb dahinter 1,60 m.
    Nach Adrienne kam das Formular zu Mickey, die gerade noch den letzten Platz in der Reihe ergattert hatte, nachdem sie wegen des unvermeidlichen Abstechers in die Damentoilette in der Encinitas Hall wieder einmal beinahe zu spät gekommen wäre. Sie unterschrieb hastig und krit {31} zelte 178 cm neben ihren Namen. Als letzte bekam Sondra das Formular, die in angeregtem Gespräch mit ihrem Nachbarn war. Zerstreut setzte sie ihren Namen aufs Papier und daneben ihr Gewicht, 50 Kilo.
    Dann trat schon Dr. Morphy auf das Podium und begann ohne Umschweife seine Vorlesung. Nach einstündigem dichtem Vortrag, den er mit schnell an die Tafel geworfenen Diagrammen und Schaubildern illustrierte, schickte er die Studenten in die Labors.
    Kaum einer sprach etwas, während sie durch einen langen, kalten Gang geführt wurden. Beklommen schlüpften sie in die Laborkittel. Die Frauen, abgesehen von Mickey, hatten Mühe, Mäntel zu finden, die ihnen paßten, und behalfen sich schließlich damit, daß sie die Ärmel aufkrempelten.
    Ein Assistent mit dem Formular in der Hand, das zu Beginn der Vorlesung durch die Reihen gegangen war, rief in schneller Folge Namen und Tischnummern auf. Als die Studenten sich an ihre Plätze begaben, begriffen sie, warum sie ihre Körpergröße hatten angeben müssen. Des Rätsels Lösung war einfach: Die Tische waren auf unterschiedliche Höhen eingestellt, damit die Studenten an Tischen arbeiten konnten, die ihrer Größe angepaßt waren. Die Folge war, daß Mickey allein mit drei Männern zusammenarbeitete, während Sondra, Ruth und die beiden anderen Frauen zusammen an einem Tisch waren.
    Unglücklicherweise landeten die Frauen alle in Dr. Morenos Labor.
    Klein und gewichtig trat Moreno ein. Während die Studenten nervös neben ihren Tischen standen, auf denen die zugedeckten Leichen lagen, dozierte Moreno in dramatischem Ton: »Im vierzehnten Jahrhundert mußten die Studenten an der medizinischen Fakultät von Salerno vor der Sektion an der heiligen Messe teilnehmen und für das Seelenheil des Toten beten, den sie sezieren sollten. So weit gehen wir hier nicht, aber wir verlangen unbedingte Achtung vor unseren Leichnamen. Wir dulden hier keinerlei, ich wiederhole, meine Herren,
keinerlei
Mißbrauch. Lassen Sie sich also nicht einfallen, nachts hier hereinzuschleichen und die Kadaver mit Geleebonbons zu füllen oder ähnliche Scherze zu machen. Ich gebe seit zwanzig Jahren Anatomieunterricht und bin mit allen kindischen Streichen bestens vertraut. Sie sind alle nicht neu und alle nicht witzig. Jegliche Mißachtung, meine Herren, hat die unverzügliche Entlassung aus dieser Lehranstalt zur Folge. Merken Sie sich das.«
    Moreno senkte seinen Zeigestab und musterte mit herablassender Miene die verschreckten jungen Gesichter.
    »Gut«, sagte er etwas weniger autoritär. »Sie finden an jedem Tisch ein {32} Informationsblatt mit Angaben über den Kadaver und die Todesursache. Es handelt sich hier größtenteils um Sozialfälle, Leute ohne Familie, für die niemand die Beerdigungskosten bezahlen wollte. Aber machen Sie sich keine Gedanken, meine Herren, das College sorgt am Ende dieses Kurses für eine anständige Beerdigung ihrer leiblichen Hülle.«
    Er wanderte langsam zwischen den Tischen hindurch.
    »Bei jedem Tisch liegen ein Sektionsplan und Plastikhandschuhe, die nach der Sektion weggeworfen werden können.«
    Beim letzten Tisch blieb er stehen und runzelte die Stirn. Es war mucksmäuschenstill im Raum.
    »Hm«, sagte Moreno milde überrascht. »Ihr Kadaver ist nicht heraufgebracht worden. Einer von ihnen muß in den Keller hinuntergehen und ihn holen.«
    Er machte kehrt und marschierte zum Arbeitstisch zurück, wo das Anmeldeformular lag. Mit übertriebener Beiläufigkeit

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