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Herzflimmern

Herzflimmern

Titel: Herzflimmern
Autoren: Barbara Wood
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Mickeys.
    Wieder und wieder krümmte sie ihre Finger und streckte sie wieder aus, lachte dabei so selig, daß ihr die Tränen kamen. Bilder zogen plötzlich an Sondras Augen vorbei: die kleine ländliche Siedlung der Uhuru Missionsstation, die Hütte, die sie mit Derry geteilt hatte, das lachende Gesicht Roddys und, aus weiter Ferne, das Gesicht eines Jungen namens Ouko, der jetzt ein Mann war. Afrika wartete. Sie mußte fort von hier. Bald.
    Mickey sah andere Bilder. In Sondras Fingern sah sie die Finger künftiger Patienten, Opfer von Unfall, Krankheit oder Geburtsfehlern, die ohne Hoffnung zu ihr kamen und gesund und voller Lebensmut wieder gingen.
    Ruth, die aufgestanden war, ging ein paar Schritte von ihren Freundinnen weg. Sie beneidete sie. Dies war
ihr
Moment, ihr Sieg. Sie, Ruth, hatte keinerlei Anteil daran. Zwei mutige Frauen hatten dieses Wunder gewirkt; sie beneidete sie um ihre Innigkeit.
    Ruth hatte auf einmal das Gefühl, in einen Rauschzustand zu geraten, ihr wurde so leicht und beschwingt, als fiele eine ungeheure Last von ihr ab. Und gleichzeitig spürte sie, wie etwas Neues wuchs, so kräftig wie ein kleiner Winterkrokus, etwas Neues, das dennoch alt und wunderbar vertraut war.
    Sie hatte geglaubt, es wäre gestorben, mit ihrem Vater gestorben, weil sie immer geglaubt hatte, es wäre ihr von ihrem Vater gegeben: ihr alter Kampfgeist, ihre alte mutige Entschlossenheit und Wehrhaftigkeit. Ruth hatte immer geglaubt, ihre Stärke käme einzig von außen, sie selber besäße nichts Starkes, nichts Mutiges in ihrem Innersten. Doch hier waren Mut und Stärke und erfüllten Ruth wie das blendende Licht einer neuen Sonne. Sie war so überwältigt, daß sie sich an die Mauer stützen mußte. Und plötzlich dachte sie: Ich werde um ihn kämpfen. Ich werde Arnie zurückholen, und wenn ich ganz zurückgehen und ganz von vorn anfan {336} gen muß. Ich schulde ihm und meinen Kindern und mir selber vierzehn Jahre. Ich habe an uns allen vierzehn Jahre wiedergutzumachen.
    Sie sah Sondra und Mickey nicht mehr abgetrennt von sich; sie fühlte sich ihnen zugehörig. Dieser Augenblick gehörte ihnen allen dreien.
    Als sie einige Minuten später an der Glastür der Mazanits Hall standen, nahm Mickey ihre Tasche von der Schulter und sagte zu Sondra: »Ehe wir gehen, möchte ich dir noch etwas geben.«
    Sie nahm ein weißes Kästchen aus ihrer Tasche. Darin lag der türkisfarbene Stein, den Ruth ihr sechs Jahre zuvor geschenkt hatte, leuchtend blau und voller Verheißung.
    »Er bringt Glück«, sagte sie, als sie Sondra den Stein in die Hand legte. »Du bekommst ihn von uns beiden. Keiner von uns hat das Glück genommen, das in ihm steckt. Du bekommst also die doppelte Dosis.«
    Ruth stieß die Glastür auf. Ein warmer Wind, der nach frischem Gras und dem Salz des Ozeans roch, wehte ihnen entgegen.
    »Wißt ihr«, sagte Sondra, ins Freie tretend, »die Kikuyu haben ein Sprichwort:
Gutiri muthenya ukeag a ta ungi.
Das heißt: Kein Tag geht wie der andere auf. Ich habe das Gefühl, daß dies für uns alle drei ein ganz besonderer Tag ist.«
    Ruth dachte: Als wir drei uns begegneten, standen wir ganz am Anfang. Bald werden wir uns wieder trennen, vielleicht für immer, und doch ist es, als stünden wir wieder an einem Anfang.
    Laut sagte sie: »Nach dir«, und hielt Mickey die Tür. Dann gingen sie alle drei in den hellen Tag hinaus. {337}

Biographie
    Barbara Wood wurde in England geboren, lebt aber seit ihrer Kindheit in den Vereinigten Staaten. Sie arbeitete u.a. als Kellnerin und Hunde-Sitterin, dann zehn Jahre lang als technische Assistentin im OP-Bereich eines Krankenhauses. Seit 1980 widmete sie sich dem Schreiben. Die Recherchen für ihre Bücher führten sie um die ganze Welt. Barbara Woods Romane sind internationale Bestseller und in 30 Sprachen übersetzt. 2002 wurde sie für ihren Roman ›Himmelsfeuer‹ mit dem Corine-Preis ausgezeichnet.

Über dieses Buch
    Drei junge Frauen begegnen sich während des Medizinstudiums in den späten sechziger Jahren, bereit, um ihren Platz in der Männerwelt der Medizin zu kämpfen. Jede will einer schmerzvollen Vergangenheit entrinnen, jede einen persönlichen Traum verwirklichen. Nach der gemeinsamen Zeit des Medizinstudiums gehen die drei Freundinnen getrennte Wege, im Laufe zweier Jahrzehnte bleiben ihre Schicksale jedoch auf dramatische Weise verflochten. Mickey, einst durch ein Muttermal im Gesicht entstellt, findet in der plastischen Chirurgie ihre Berufung; Sondra, die
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